Umwelt | Pestizide

Das Recht auf Umweltzerstörung

Der Spendenaufruf, mit dem die Gegner der Malser Pestizidverordnung nun Spendengeld für ihren "Bauernkrieg" sammeln, ist durchaus unterhaltsam!
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Dreharbeiten in Mals
Foto: Alexander Schiebel

„Hegel bemerkte irgendwo, dass alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.“ Als Karl Marx diese Zeilen über Hegel schrieb, dachte er vermutlich nicht an die Südtiroler Apfelkriege des Jahres 2016, deren Entwicklung er dennoch recht treffend beschrieb. Durch wiederholten Vortrag gewinnen nämlich manche "Argumente" der Südtiroler Obstlobby zusehends komische Qualitäten.

In einem vorweihnachtlichen Spendenaufruf sammeln die Gegner der Malser Pestizidverordnung im Augenblick Geld, um sich die kostspieligen Prozesse gegen die Gemeinde Mals leisten zu können. Es gehe nicht an, dass „man über unsere Köpfe hinweg entscheiden will wie wir künftig unsere Felder bearbeiten sollen“.

Liebe "konventionelle" Obstbauern, was ihr auf euren Feldern tun oder nicht tun dürft, wird längst durch hunderte von Paragraphen reguliert, die das Ziel haben die Gesellschaft vor jenen mörderischen Giften zu schützen, die ihr euphemistische Pflanzenschutzmittel nennt. Es geht also nicht darum, ob euer Tun durch Gesetze reguliert wird, sondern vielmehr darum, wie dies geschieht.

Wer glaubt, dass die Autoren des Pamphlets mit ihrem Aufruf zum „bäuerlichen Befreiungskrieg“ ihr Pulver bereits verschossen hätten, wird eines besseren belehrt. Das Pointen-Feuerwerk geht weiter. Die kleine Humoreske der Pestizidfreunde stilisiert die Gemeinde Mals zum gefährlichen Goliath, der im Bezug auf die anstehenden Prozesse „mit dem öffentlichen Geldsäckel die Kriegskasse füttert“ und der seine "Kräfte zu einem Angriff auf den gesamten Bauernstand" bündelt.

Liebe "konventionelle" Obstbauern, glaubt ihr diesen Unsinn eigentlich selbst? Die Gemeinde Mals hat lediglich darüber abgestimmt, ob giftige und sehr giftige Spritzmittel auf dem Gemeindegebiet von Mals erlaubt sein sollen. Das Resultat: ein klares Nein. Damals hätte die ganze Geschichte eigentlich zu Ende sein müssen, wenn ihr nicht mit Erbitterung dafür kämpfen würdet, auch Mals in einem Meer von Betonpfeilern zu versenken.

Freilich ist nicht alles absurd, was unsere pestizidfreundlichen Obstbauern beschäftigt: „Der sogenannte Malser Weg ist nicht eine Malser oder Vinschger Frage, sondern sie betrifft das ganze Land.“ „Heute ist der Pflanzenschutz strittig, morgen werden es Betonsäulen, Hagelnetze oder die intensive Anbauweise insgesamt im Hinblick auf den Landschaftsschutz sein“ Man befürchtet, dass man hinfort "Gemeinde für Gemeinde fürs bäuerliche Recht kämpfen müsse". Gemeint ist offenbar das Recht alleine darüber zu befinden, welche Gifte ausgebracht werden, wieviele Betonsäulen aufgestellt, wieviele Hagelnetze aufgespannt, kurz: gemeint ist das Recht auf ungehinderte Umwelt- und Landschaftszerstörung.

Ja, liebe "konventionelle" Obstbauern, vielleicht kommt es ja tatsächlich so, dass man euch Gemeinde für Gemeinde klar machen wird, dass ihr dieses Recht nicht habt.

Ich glaube es aber nicht.

Ich glaube vielmehr, dass eure Praktiken zunächst südtirolweit verboten werden, dann italienweit, europaweit, weltweit.

Und was danach geschehen wird, wird euch überraschen: Es wird allen besser gehen. Auch euch selbst!