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Gesellschaft | Beggars Banquet

Von T-Bones und Ducasse

Es geht um Fleisch, schlimmer noch: um Rindfleisch. Und darum, gleich mehrere Mythen zu widerlegen.

Das wird heute nichts für Vegetarier. Und schon gar nicht für Veganer, Fruktarier und alle übrigen Gastromanichäer, für die es kein richtiges Leben im falschen gibt. Sie werden´s verschmerzen: Wer den Weltgeist und - noch wichtiger - Beppe Grillo auf seiner Seite weiß, was schert ihn karnivore Renitenz?

Also: Es geht um Fleisch, schlimmer noch: um Rindfleisch. Was das betrifft, wurde eigentlich schon alles und jedenfalls zu viel gesagt: in Frauenzeitschriften und Lifestylemagazinen, von Grillmaxen und deutschen Fernsehköchen und von Escoffier über Bocuse bis zu den drei Haudegen, die auszogen, die Südtiroler das Kochen zu lehren und dabei Auflagen erzielen, von denen ein Ferran Adriá nur träumen kann - obwohl sie im Wesentlichen nur ein und dasselbe Kochbuch mehrmals im Jahr unter einem neuen Namen veröffentlichen. Was soll´s: Der Südtiroler Bonvivant kauft es dennoch. Ja, ein weiterer Artikel zum Thema "Steaks" ist ein eitles und müßiges Unterfangen - also genau das Richtige für diesen Blog.

Das Fleisch

Bei der Frage, was gutes Rindfleisch ist bzw. was es ausmacht, gibt es recht hartnäckige Mythen: Zum einen, dass das Fleisch von jüngeren Tieren "zarter" und besser sei - besonders begehrt ist dann stets das "Filet vom heimischen Jungbullen". Das Gegenteil ist der Fall: Je älter das Rind, desto besser das Fleisch. Der baskische Züchter Imanol Jaca lässt Rinder verschiedener Rassen mindestens 12 bis 13, lieber noch 18 Jahre alt werden: Der Qualität seines "Txogitxu" ist exzeptionell und für manche allenfalls noch mit Kobe-Fleisch der Qualitätsstufe A5 vergleichbar; zwar weniger marmoriert, aber angeblich fast noch intensiver und "reiner" im Geschmack. Aber auch wenn´s nicht 18 Jahre sein müssen: Die meisten Rinder werden zu jung geschlachtet.

Je älter das Rind, desto besser das Fleisch.

Der zweite Mythos betrifft die Marmorierung und grundsätzlich den Fettanteil. Lipide im Rindfleisch waren bis vor kurzem zumindest in unseren Breitengraden verpönt; es galt die Maxime "je magerer, desto besser". Mittlerweile hat sich auch in der Haute Cuisine die Erkenntnis durchgesetzt, dass Fett dem Geschmack auch bei Rindfleisch zuträglich sein kann - es muss ja nicht unbedingt Wagyu mit dem höchsten Marmorierungsgrad sein (das wäre 12; ungefähr ab 10 hat das Fleisch die Konsistenz und Anmutung einer Salami). Steakfetischisten, die Magazine mit so unzweideutigen Titeln wie "Beef!" oder "Fire & Food" lesen und nach Feierabend Grillöfen zum Preis eines Kleinwagens befeuern, wissen das im Übrigen schon länger.

 

Der dritte Mythos ist amerikanisches Rindfleisch, das hierzulande noch allzuoft als minderwertiges Konzentrat aus Hormonen und Antibiotika gilt. Wahr ist eher das Gegenteil: Das United States Department of Agriculture hat ein sehr strenges Klassifizierungssystem, und bereits ab dem Level "USDA choice" werden die Tiere besser und artgerechter aufgezogen als in den meisten europäischen Betrieben; "USDA prime" ist wahrscheinlich das beste "konventionelle" Rindfleisch überhaupt (Wagyu aus Japan ist eine andere Welt). Hervorragendes Fleisch gibt es aber nicht nur dort: natürlich in Argentinien, aber unter anderem auch in Neuseeland, Irland (alles überwiegend Angus-Rinder), Frankreich (Limousin und Charolais, beide Begriffe bezeichnen sowohl die Rinderrasse als auch ihre Herkunft), in Spanien und auch in Italien (Chianina und Fassona).

Sehr wichtig ist bekanntlich die Lagerung bzw. Reifung des Fleisches. Dazu nur so viel: Ja, dry-aged ist nicht nur teurer - wegen des Gewichtsverlustes, aber ebenso wegen des Hypes -, sondern auch besser. Die Temperatur sollte knapp über dem Gefrierpunkt liegen, die Luftfeuchtigkeit bei 55 bis 70%; nach etwa vier Wochen tritt keine signifikante Verbesserung mehr ein.

Das Kochen

Allein im Internet kursieren Zigtausende Anleitungen dazu, wie man "das perfekte Steak", "das perfekte Filet" oder welches Fleischstück auch immer brät (das Attribut "perfekt" darf dabei nie fehlen); Kochbücher gibt es ja mittlerweile so viele wie Rinder in Nebraska, und jeden Tag werden es noch mehr.

Im folgenden soll es nur um die Methoden gehen, mit Pfanne und/oder Ofen ein mindestens 3-4 cm dickes Stück Rindfleisch zuzubereiten, also die klassischen Schnitte wie etwa Filet, Roastbeef, Rib Eye, T-Bone, "Fiorentina", Porterhouse (ein T-Bone-Steak mit größerem Filetanteil) etc.. Die "klassische" Methode ist - bei unzähligen Abwandlungen - im Wesentlichen folgende:
 

  • das Fleisch in einer schweren Pfanne mit Öl oder Butterschmalz "scharf" anbraten (bis zu ca. 180 Grad, es darf sich auch Rauch entwickeln), erst kurz davor salzen und nur einmal wenden
  • dann im Ofen nachgaren , klassischerweise bei ordentlicher Hitze, aber zunehmend auch bei niedrigeren Temperaturen; die Garzeiten sind zu unterschiedlich, um eine Zusammenfassung auch nur zu wagen
  • sodann bei ca. 50 - 60 Grad oder einfach in einer Alufolie ruhen lassen und schließlich servieren
Durch die große Hitze entsteht die sog. "Maillard-Reaktion", also die begehrte Bildung von Kruste und Röstaromen; die Legende, dass sich dabei "die Poren schließen", ist nach wie vor verbreitet, aber falsch: Muskelfleisch hat keine Poren.
Kochbücher gibt es ja mittlerweile so viele wie Rinder in Nebraska.

Wie gesagt, es gibt dazu unzählige Varianten und einige vollkommen abweichende Ansätze. Bei der Niedrigtemperaturmethode (sie wird primär bei größeren Bratenstücken eingesetzt, aber zunehmend auch bei Steaks) wird oft "rückwärts" gegart; das Fleisch wird also zuerst langsam auf die gewünschte Kerntemperatur gebracht - bzw. auf ein bis zwei Grad darunter - und dann bei großer Hitze angebraten. Der wichtigste Trend im neuen Jahrtausend ist natürlich "sous-vide", also das stunden- und auch tagelange Garen im Vakuumbeutel bei weniger als 60 Grad, je nach gewünschter Kerntemperatur. Auf das Anbraten wird dabei oft gänzlich verzichtet, wodurch das Fleisch zwar extrem "zart" wird, aber dennoch auch viel von seinem Charakter verliert - in der Tat wird sous-vide auf drei-Sterne-Niveau bei Rindfleisch letzthin wieder seltener eingesetzt also noch vor einigen Jahren. Eine "Fiorentina" wird traditionell nur bei großer Hitze über einem Grill oder allenfalls in der Pfanne gegart, aber niemals im Ofen; Heston Blumenthal kocht ein Steak im Wesentlichen klassisch, wendet es aber alle 5 Sekunden statt nur einmal; Pierre Gagnaire verbindet das Rückwärts- mit dem "klassischen" Garen (das Fleisch wird also zweimal scharf angebraten, das zweite Mal nur kurz "in schäumender Butter"), und Alain Ducasse - sonst nicht eben der Ikonoklast der Haute Cuisine - bricht sogar vollständig mit dem konventionellen Paradigma und brät das Fleisch ca. 30 Minuten lang bei kleiner bis mittlerer Hitze, wodurch die Kruste weniger durch die Maillard-Reaktion gebildet wird als durch Karamellisierung, und so weiter und so fort.

Will man das Fleisch grillen, gilt im Prinzip dasselbe wie oben dargelegt - vorausgesetzt, man hat ein Gerät mit mindestens zwei Hitzezonen; andernfalls bleibt nur der Rückgriff auf die kanonische Fiorentina-Technik, oder aber (für einen wackeren Grillmeister zugegebenermaßen eine häretische Vorstellung) eine Adaption der Methode von Ducasse.

Das ist aber noch nicht alles: Bei Peter Luger, dem für viele besten Steakhouse der Welt, wird zuerst auf einem Spezialgrill bei ca. 800 Grad eine kräftige, aber dünne Kruste gebildet; danach wird das Fleisch tranchiert, üppig mit Butter übergossen, im Ofen fertig gegart und sofort - also ohne Ruhephase - serviert. Und auf die Techniken für Kobe-Beef möchte ich jetzt gar nicht eingehen; das ist, wie gesagt, eine andere Welt.

 
 
Der Gewissheiten sind also wenige; um mit dieser Rubrik aber ausnahmsweise so etwas wie einen Nutzwert anzustreben, dennoch die eine oder andere Empfehlung:
 
  • Gutes Rindfleisch gibt es natürlich eher beim Metzger als im Supermarkt; wollen Sie aber sehr gutes, so werden Sie es hierzulande kaum finden
  • Holen Sie das Fleisch mindestens eine Stunde vor dem Erhitzen aus dem Kühlschrank, besser noch früher; bei Wagyu mit einem Marmorierungsgrad von 10 oder mehr mag das zwar nicht ideal sein (das Fett schmilzt dann bereits bei Raumtemperatur), aber wer hat das schon im Kühlschrank?
  • Salzen Sie das Steak nicht zu knapp, entweder beim Braten selbst oder lange vorher (nach ca. 40 Minuten werden die durch das Salzen ausgetretenen Säfte vom Fleisch wieder aufgenommen); pfeffern, wenn´s denn überhaupt sein muss, erst nach dem Braten
  • Bei den meisten Gartechniken ist eine schwere, hitzebeständige Pfanne wichtig; bei den anderen schadet sie nicht
  • Verwenden Sie ein Fleischthermometer; hinsichtlich der erwünschten Kerntemperatur gibt es einen einigermaßen gültigen Kanon (mit leichten Unterschieden zwischen Filet und Roastbeef): Rare bis ca. 50-52 Grad, Medium Rare bis ca. 54-56, Medium bis ca. 58; alles über Medium ist ohnehin nicht zu empfehlen
  • Schneiden sie gegen die Faser
  • Und: Sous-vide mit nachträglichem scharfem Anbraten ist bei einem Steak letztlich nicht ganz das Wahre - und ohne nachträgliches Anbraten schon gar nicht.
Und schließlich: Apodiktizität per se ist keine hinreichende Bedingung für Unwahrheit. Anders ausgedrückt: Ja, Vegetarier haben dennoch in Vielem recht. 
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Profil für Benutzer F. T.
F. T. Mo., 26.12.2016 - 23:57

Anscheinend ist es der Redaktion peinlich wenn Kommentare gemacht werden, die in irgendeiner Form den Behauptungen des
Autors des Artikel widersprechen. Ich frage mich dann aber warum überhaupt Kommentare zugelassen werden. Ist das die
Transparenz des salto ? Der Artikel dieses "Zuagroasten" ist nicht schlecht, hat aber einige falsche Behauptungen. Dass man
ins Südtirol kein gutes Rindssteak bekommt ist eine freche, unbewiesene Behauptung, von einer Person die Südtirol nicht kennt. Dass nur 18 Jahre alte Rinder im Baskenland ein gutes Steak abgeben, ist auch eine Behauptung, die keiner Nachprüfung
standhält. Der Rest des Artikels sind grossteils Plattitüden die jedem gastronomisch Interessierten bekannt sind, und irgendwo
abgeschrieben wurden. Schauen wir mal ob Sie wieder Zensur üben.

Mo., 26.12.2016 - 23:57 Permalink