Umwelt | Naturschutz

Düstere Aussichten für Baumarten Europas

Die Rote Liste der gefährdeten Baumarten Europas, veröffentlicht von der IUCN, stuft 42% der Baumarten Europas in ihrem Bestand als gefährdet ein.
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Rote Listen sind wissenschaftliche Fachgutachten zum Aussterberisiko von Arten, die Gesetzgebern und Behörden als Grundlage für ihr Handeln in Bezug auf den Arten- Lebensraum- und Naturschutz dienen sollten. Die Rote Liste der Baumarten Europas umfasst insgesamt 454 heimische, in Europa natürlich vorkommende Baumarten. Von diesen 454 bewerteten Baumarten kommen 265 nur in Europa vor, sie sind also endemisch. Am meisten endemische Arten gibt es in Europa auf den Kanarischen Inseln und im Bereich der Gebirgszüge der Alpen, Karpaten, dem Dinarischen Gebirge und den Pyrenäen. Im südlichen Dinarischen Gebirge kommt etwa die Rosskastanie natürlich vor und diese Baumart ist heute in Parks, Gärten und Alleen häufig gepflanzt, in der Natur droht sie aber auszusterben. Die Baumart ist in Bulgarien und Griechenland stark gefährdet (EN) und in Albanien vom Aussterben bedroht. Die Forstwirtschaft, Waldrodungen und Krankheiten bedrohen die Art in ihrem natürlichen Lebensraum.

Der europäische Kontinent ist reich an Baumarten, jedoch sind 58 % aller endemischen Baumarten Europas gefährdet. Diese Baumarten gibt es nur in Europa und Europa und die einzelnen Länder tragen damit die Verantwortung für den Erhalt der Arten auch auf globaler Ebene.Trotz der hohen Gefährdung vieler Arten zeigt die Rote Liste aber auch, dass bis heute noch keine Baumart in Europa ausgestorben ist, weder auf regionaler Ebene noch auf dem ganzen Kontinent. Jedoch sind 42% aller Baumarten in Europa gefährdet und nur 216 Baumarten Europas sind nicht gefährdet, das entspricht  48% und weniger als die Hälfte der Baumarten. 13 Arten sind potentiell gefährdet und für einige Arten gab es zu wenig Daten bzw. Wissen über die Art und sie wurden daher nicht bewertet.

Vom Aussterben bedrohte endemische Arten in Italien sind z.B. die Nebrodi-Tanne (Abies nebrodensis, CR) und die Sizilianische Zelkove (Zelkova sicula, CR). Beide Baumarten gibt es nur noch in wenigen Exemplaren auf Sizilien und die Beweidung der Wälder ist eine Hauptursache für deren Gefährdung. Auf Kreta ist die Kretische Zelkove (Zelkova abelicea) ein Endemit der Insel und diese Art ist stark gefährdet (EN). Die intensive Beweidung mit den vielen Schafen und Ziegen in den Wäldern Kretas haben dazu geführt, dass es nur wenige baumförmige Exemplare gibt, welche Blüten ansetzten und Samen bilden. Die Beweidung von Wäldern degradiert Wälder und gefährdet Baumarten, dies gilt auch für die Gefährdung vieler anderer Baumarten wie der Nedbrodi-Tanne und der Sizilianischen Zelkove. Das Problem der Beweidung von Wäldern ist im Mittelmeerraum weit verbreitet, Wälder wurden dadurch über Jahrhunderte degradiert. Auch in Südtirol stellt die Beweidung für viele Waldtypen ein Problem dar. Dabei sind weniger die einzelnen Baumarten gefährdet, als vielmehr der Wald in seiner Gesamtheit, die Waldverjünung, die Strukur des Waldes, die Artenzusammensetzung, der Waldboden usw.

Die Hauptursache der Gefährdung der Baumarten Europas sind invasive und problematische Arten, also invasive Neobiota inklusive Krankheiten. Davon sind 38% der gefährdeten Baumarten betroffen. In der Roten Liste ist z.B. die Berg- Ulme als gefährdet eingestuft. Die Bergulme war ein häufiger Baum, der jedoch durch das Ulmensterben in der Roten Liste der EU als gefährdet (VU) aufscheint und in ganz Europa in seinem Bestand gefährdet ist. Alte Bergulmen gibt es heute fast keine mehr und auch in Südtirols Wäldern sind große Bergulmen eine absolute Seltenheit. Junge Berg- Ulmen wachsen in Wäldern Südtirols vereinzelt. Das Ulmensterben, eine durch Pilze ausgelöste Krankheit, führt zum Absterben der Bäume. Die Bergulme ist in einigen Roten Listen der Länder als gefährdet eingestuft, in der Roten Liste der Pflanzenarten Südtirols jedoch scheint ist sie nicht als gefährdet auf. Die Bergulme ist aber sicherlich in ihrem Besand gefährdet, große samentragende Bäume sind sehr selten und das Ulmensterben gab und gibt es auch in Südtirol.

Neue Schädlinge und neue Krankheiten sind eine signifikante Gefahr für die Bäume Europas und der Welt, schreiben Ellie Barham und Katherine O Donnell, alleine 2014 hat es in Europa 200 Ausbrüche von neuen Krankheiten und Schädlingen gegeben:“ Der Großteil der schädlichen Organismen sind invasive, nicht natürlich vorkommende Arten, deren Einfuhr Schäden an den Ökosystemen verursacht“.

Die Entwaldung, Degradierung, Holzwirtschaft und Urbanisierung sind weitere wichtige Gefährdungsursachen. Für gefährdete Arten ist die Viehwirtschaft, Landnutzungsaufgabe und andere Ökosystemveränderungen die Hauptursache der Gefährdung mit Auswirkungen auf das Überleben der Bäume und ihrer Lebensräume. Die vielen herumlaufenden Ziegen und Schafe im Mittelmeerraum und besonders auf Sizilien und Kreta sind für die dortigen Waldreste und endemischen Baumarten eine Gefahr und bedrohen den Fortbestand von Baumarten. Für die Nebodi- Tanne wurde 2001 ein Erhaltungsprojekt gestartet, bei dem Weidetiere aus dem Wald hinausgesperrt wurden und Jungbäume auf den Flächen angepflanzt wurden. Nur mäßig war der Erfolg der Aktion, da durch die starke Beweidung über die Jahrhunderte der Boden erodiert ist und Hitze und Dürre den kleinen Bäuen im degradiertem Wald zusetzten.

Die Rote Liste zeichnet ein erschreckendes Bild von der Gefährdung der Baumarten Europas. Von allen Roten Listen Europas sind die Baumarten die am dritthöchsten gefährdete Gruppe. Nur 2% der Medizinpflanzen oder nur 22 % der Moose sind in Europa gefährdet, gegenüber den 42% der Baumarten bzw. 58% der endemischen Baumarten Europas. Von den Roten Listen der Tierarten Europas übertrifft nur die Rote Liste der Weichtiere des Süßwassers (Schnecken, Muscheln usw) die Rote Liste der Baumarten. Für viele Baumarten sieht die Zukunft also alles andere als rosig aus, sie sind in Gefahr auszusterben.

Die gefährdete Berg- Ulme wächst auch im letzten verbliebenen Auwaldstück in der Ilsterner Au, in der  8 ha Auwald 2018 unter Baustellenbegleitung von Umweltschutzvereinen zu Tode renaturiert wurden. Lange wird die Ulme dort nicht mehr stehen, da die Gemeinde und die Landesregierung Grünes Licht zur restlosen Zerstörung des letzten intakten Auwaldstückes in der Ilsterner Au gegeben haben.

Bilder des letzten Stücks intakten Hartholzauwald mit der gefährdeten Bergulme auf http://biodiversitaet.bz.it/tag/ilsterner-au/