Politik | Wir und unsere Nachbarn

Die Schweiz bunkert

Die von vielen als so fortschrittlich gepriesene Schweiz beginnt sich abzuschotten. Zwei aktuelle Beispiele.

Beispiel 1 spielt hinter dem Malojapass: Es sollte ein klitzekleiner Schritt in Richtung grenzüberschreitender, regionaler Normalität werden: Mit dem Projekt „A scuole senza confini“ wollte man unter Nutzung lokaler Synergien gegen den lokalen Schülermangel ankämpfen und zwischen dem Bünderischen und dem geschichtlich verbundenen Sondrinischen Bergell/Bregaglia/Bargaja hie- und diesseits der Grenze einen Deal eingehen, um Kindern und Jugend die bestmöglichen Betreuungs- und Ausbildungsmöglichkeiten zu bieten: Die Kinder aus Villa di Chiavenna sollten die Möglichkeit bekommen, in Stampa die Oberstufe zu besuchen. Umgekehrt sollte die Bündner Grenzkinder in Villa zum Kindergarten gehen dürfen. Bereits vor einem Jahr scheiterte das Vorhaben an Schweizer Kirchturmpolitik: In der vom Kindergarten Villa gebotenen Ganztagesbetreuung sahen die Schweizer zu große Konkurrenz zum eigenen Kindergarten in Vicosoprano und ließen den Deal platzen.

Ein Jahr später wurde der vom Kanton unterstütze Vorschlag erneut zur Abstimmung gebracht. Diesmal einseitig: Die Sache mit dem Kindergarten ausgeklammert, sollten nur die Oberstufenschüler grenzüberschreitendes Angebot wahrnehmen dürfen. Trotzdem entschied sich der Souverän dagegen. Frustrierter Kommentar des Schulratspräsidenten Antonio Walther zur Engadiner Post:

«Wir hätten mit dem Projekt nicht in die Gemeindeversammlung gehen sollen.»

Will wohl heißen: So viel demokratische Mitsprache hindert uns gar an den einfachsten Fortschritten, und das obwohl selbige Bergeller sich erst vor wenigen Jahren direktdemokratisch zur Zusammenlegung ihrer fünf Gemeinden (Bondo, Castasegna, Soglio, Stampa und Vicosoprano) ausgesprochen hatten.

 

Beispiel 2 betrifft wohl Südtiroler Grenzpendler: Eine kürzlich erschienen Studie belegt angeblich, dass zwar die großen Migrationszentren der Schweiz die Städte wie Zürich und Bern seien, aber dass die Pro-Kopf-Einwanderung-Prozentuale im Wallis und eben in Graubünden am höchsten sei. Und schon rüstet die Schweizer SVP zum Coup: einer Initiative zur Bekämpfung der Masseneinwanderung. Engadiner Sichtweisen zur Kontingentierung gibt es hier.

Am 9. Feber wird abgestimmt.

 

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Alessandro Stenico So., 26.01.2014 - 20:36

Die Parteien in der Schweiz machen, was ihnen gerade zu dienen scheint. Über 30 Volksinitiativen drohen dem Stimmvolk, so viele wie noch nie. Und diese wurden oft ohne Rücksicht auf Sinn, Verstand und Relevanz entworfen – sondern aus dem einzigen Beweggrund, der eigenen Popularität auf die Sprünge zu helfen. Leidtragende sind oft die Ausländer, auf deren Rücken es sich so medienwirksam tanzen lässt. Die SP hat gar schon im Internet abstimmen lassen, welche Volksinitiative man als nächste von der Leine lassen soll........mehr auf http://www.zeit.de/2013/50/schweiz-kollaps
http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/probleme-eines-ja-fuer-liechtenstein-…

http://www.nzz.ch/meinung/debatte/auch-die-kosten-sind-privatsache-1.18…

So., 26.01.2014 - 20:36 Permalink