Umwelt | Studie

Glyphosat und Gewürztraminer

“Der Einsatz von Glyphosat hat verheerende Folgen für die Traubenqualität”, melden Forscher der Freien Universität Bozen.
Der Freisingerhof in Tramin
Foto: unibz

Seit gut zehn Tagen steht fest: Die EU-Kommission muss sich mit dem Anliegen der Europäischen Bürgerinitiative #StopGlyphosate beschäftigen. Mit dem umstrittenen Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat haben sich jüngst auch Forscher an der Freien Universität Bozen befasst – mit bedenklichem Ergebnis.
 

Glyphosat in der EU, Glyphosat in Tramin

Noch bis zum 30. Juni läuft die Unterschriftensammlung gegen die Absicht der EU-Kommission, die Zulassung für Glyphosat für weitere zehn Jahre zu verlängern. Doch bisher haben bereits mehr als eine Million Menschen die Forderung der Bürgerinitiative unterzeichnet, das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat EU-weit zu verbieten, unterzeichnet – genug, damit sich die Kommission damit befassen muss.

Schlechte Nachrichten für Weinbauern, die Glyphosat verwenden, kommen indes aus den Laboren der Freien Universität Bozen. An der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik hat sich eine Forschergruppe um Matteo Scampicchio, Professor für Lebensmitteltechnologie und die Agrarchemiker Stefano Cesco und Tanja Mimmo, eine Studie zu den Auswirkungen von Glyphosat auf den Weinbau durchgeführt. Am Freisingerhof in Tramin wurden vier Gewürztraminer-Rebzeilen ausgesucht, die unterschiedlich behandelt wurden: Bei einer ersten wurde Glyphosat verwendet, bei einer zweiten Glyphosat in Kombination mit Harnstoff, eine dritte wurde nur mit Harnstoff behandelt, während eine vierte als Kontrollgruppe diente und keiner Behandlung mit irgendeinem Pflanzenschutzmittel ausgesetzt wurde. Die von den Rebzeilen stammenden Trauben wurden getrennt gekeltert und vergoren.
 

Qualität leidet

Das Ergebnis sei “eindeutig”, melden die Forscher: In Mosten, die von Trauben stammen, die mit Glyphosat behandelt wurden, wurden “beträchtlich niedrige Temperaturen” freigesetzt. Die Folge: Die Synthese der Aminosäuren, die für die Vergärung des Mostes sorgen, wird unterbrochen. Fehlen bestimmte Aminosäuren, kommt die Vergärung nur sehr langsam in Gang – was sich negativ auf die Qualität des Mostes auswirkt.

“Glyphosat in der Form von Round-Up ist das am weitesten verbreitete Mittel, mit dem Rebzeilen unkrautfrei gehalten werden”, berichtet Matteo Scampicchio, “allerdings hat dieses Mittel verheerende Folgen für die Traubenqualität”.

Ein weiteres Ergebnis der Bozner Studie: Die negativen Folgen von Glyphosat sind auch dann zu messen, wenn die Blätter der Reben nicht in direkten Kontakt mit dem Herbizid kommen. Dazu Stefano Cesco und Tanja Mimmo: “Es erscheint eindeutig, dass die chemische Verbindung als solche oder auch teilweise abgebaut von einer Pflanze über den Boden auf eine andere Pflanze, in diesem Fall die Rebe, übertragen wird und sich dort auf die Trauben auswirkt.”
 

Zweierlei Fazit

Scampicchios Fazit fällt dennoch zwiespältig aus. Denn wie der Universitätsprofessor betont, habe die Studie auch gezeigt, dass die negativen Folgen von Glyphosat durch die Behandlung der Reben mit Harnstoff ausgeglichen werden könnten. Der Einsatz von Glyphosat könne einerseits durchaus nützlich sein, habe in den letzten Jahren mechanische Techniken zur Unkrautvertilgung ersetzt und ohne Zweifel einen positiven Einfluss auf die Produktivität.

Allerdings bleibe er nicht ohne Folgen. “Über die Bodenverschmutzung und eventuelle gesundheitliche Risiken für den Menschen hinaus erfordert der Einsatz von Glyphosat zusätzliche Behandlungen der Reben, damit die negativen Folgen des Mittels für die Qualität der Trauben ausgeglichen werden können”, schlussfolgert Scampicchio.