Wirtschaft | Genossenschaften

Es gibt noch viel Aufholbedarf

Die Sozialgenossenschaft Kairos steht seit 15 Jahren für Digitalisierungsservice mit sozialer Verantwortung. Obmann Konrad Meßner im Interview.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
dsc_0021.jpg
Foto: Legacoopbund

Konrad Meßner, wie ist die Idee für die Sozialgenossenschaft Kairos entstanden?
Konrad Meßner: Im Jahr 1999 hat mich die Berufsbildung angefragt, ob ich die Koordination für einen ESF-Kurs zur Ausbildung für Menschen mit Behinderung im Bereich der Digitalisierung machen könnte. Dem habe ich zugestimmt unter der Voraussetzung, dass nach Abschluss dieses Kurses die Teilnehmer/innen auch die Möglichkeit für eine Arbeit bekommen. Man war einverstanden, dies zu tun und so haben wir den Kurs organisiert. Wie halt üblich, war nach diesen beiden Jahren dann niemand mehr da, der sich um diese Leute gekümmert hätte. Darauf haben wir mit zwei Teilnehmerinnen und zwei Referenten beschlossen, eine Genossenschaft zu gründen und seitdem gibt es die Kairos im Bereich Digitalisierung bzw. der Ausbildung im EDV-Bereich für Menschen mit Behinderung. In der Zwischenzeit haben bei Kairos 30 Menschen mit Behinderung gearbeitet oder ein Praktikum absolviert, elf davon konnten in die normale Arbeitswelt integriert werden.

Bieten sie immer noch Kurse an?
Nein, wir bieten keine EDV-Kurse mehr an. Diesen Bereich haben wir abgegeben. Wir schaffen aber Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung, bei denen uns nicht deren Behinderung interessiert, sondern deren Fähigkeiten. Wir haben festgestellt, dass unserer Mitarbeiter wunderbare Qualitäten im Bereich der Digitalisierung haben und mit dem arbeiten wir. Wir versuchen auch die Leute nicht nur zu beschäftigen, sondern auch in ihrer Freizeit und ihrem Umfeld soweit zu begleiten und betreuen, dass ein normales Leben ermöglicht wird.

Was sind die Hauptaufgaben der Sozialgenossenschaft?
Wir haben heute unseren Schwerpunkt in der Digitalisierung von analogen Daten. Wir digitalisieren alles was man sich vorstellen kann: Dokumente, Videos, Daten im Ton- und im Dia- Bereich.

Kann man auch als Privatperson, zum Beispiel mit einem alten Super 8 Film, zu Kairos kommen?
Wir arbeiten auch für Privatpersonen und diesbezüglich sehr viel im Bereich von Super 8, von Hi8, von VHS, von Dias, von Tonträgern, usw. Wir arbeiten aber auch für die öffentliche Hand, also für die Krankenhäuser, für die Handelskammer, für das Landesarchiv oder für die Landesbibliothek Teßmann.

Kairos feiert dieses Jahr ihr 15-jähriges Jubiläum, wie sieht die Zukunft aus?
Kairos macht sich natürlich immer wieder Gedanken, wie es weiter geht. Oft wird kolportiert, dass die Zeit der Digitalisierung vorbei sei, weil mittlerweile eh schon alles digitalisiert sei. Dem ist nicht so. Wir wissen, dass es sehr große Bereiche gibt, in denen doch ein großer Digitalisierungsbedarf besteht. Südtirol hat zum Beispiel in den Gemeinden noch einen großen Aufholbedarf. Denken wir auch an die Meldeämter, die Protokollämter oder auch an die Bauämter. Dort befindet sich noch sehr viel Material, das ausschließlich analog vorhanden ist. Es gibt ganz viele Stadtarchive und Landesmuseen, die noch großen Bedarf haben. Es ist immer auch eine Frage des Geldes solche Projekte in die Hand zu nehmen. Aber wir sind überzeugt, dass wir in der nächsten Zeit noch ausreichend Arbeit haben werden bzw. dass es genügend Geldmittel geben wird, um diese längst fälligen Arbeiten noch in Auftrag zu geben.

Sicher ist bei der Digitalisierung auch Nachhaltigkeit ein Thema?
Darüber gibt es geteilte Meinungen. Wir sind der Meinung, dass nicht überall zu 100 Prozent dem zugestimmt werden kann. Die Zeichen der Zeit sprechen dafür, dass man sich mittlerweile einfach sehr viel im digitalen Bereich aufhält. Dadurch ergibt sich eine Effizienzsteigerung in der Bearbeitung und die Möglichkeit, die vorhandenen Daten für sehr viele Interessenten zugänglich zu machen. Wenn wir zum Beispiel an ein Stadtarchiv denken, wo sehr sensible Bücher aus dem 13. und 14. Jahrhundert lagern. Wenn man sich vorstellt, dass man diese beliebig jemandem ausleihen soll, wird es schwierig. Wenn sie aber digitalisiert sind, dann sind sie für jedermann zugänglich, auch für spezielle Kunden, die damit wissenschaftlich und forschungsmäßig arbeiten können. Das heißt ökologisch macht es natürlich Sinn, aber auf der anderen Seite macht es auch Sinn, dass diese alten Daten dann zugänglich sind, ohne dass man die Originale permanent strapaziert und früher oder später dann soweit ruiniert, dass man sie nicht mehr verwenden kann.