Wirtschaft | Coronavirus

COVID-19: Düstere Wirtschaftsprognosen

Ein großer Teil der Wirtschaftsbereiche ist weltweit teilweise oder gänzlich zum Erliegen gekommen. In China liegen bereits erste beunruhigende Daten vor.
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Die negative Auswirkung der Coronavirus-Pandemie auf die Wirtschaft wird immer offensichtlicher. Es gibt nur mehr wenige Bereiche, die nicht von der Krise betroffen sind. Konsum und Produktion gehen weltweit zurück und das in einer Zeit, wo die Wirtschaft in vielen Ländern schon seit längerem schwächelt.  Alle Zeichen stehen auf Rezession. Laut Einschätzung der Welthandelsorganisation (WTO) wird die Rezession und die Arbeitslosigkeit voraussichtlich dramatischer ausfallen als bei der Finanz- und Wirtschaftkrise 2008/2009. Auch viele andere Institutionen, wie die EZB (Europäische Zentralbank) und der IMF (Internationaler Währungsfonds) rechnen mit einer schweren Rezession.

Die Wirtschaftslage in China

Für China, wo die Epidemie schon im Jänner ausgebrochen ist, liegen bereits erste wirtschaftliche Daten vor, welche die Krise deutlich machen.

Die industrielle Produktion ist im Zeitraum Jänner-Februar 2020, verglichen mit dem Vorjahr um 13,5% zurückgegangen, die Exporte sind im selben Zeitraum um 17,2% eingebrochen und die Importe sind um 2,4% gesunken. Der Einzelhandelsumsatz ist im Jänner-Februar 2020 um 20.5 % gefallen, während Anlage-Investitionen einen Rückgang von 25 % verzeichneten.

Auto-Verkäufe brachen im Februar im Vergleich zum Vorjahr sogar um 79% ein. Der Tourismussektor, die Fluggesellschaften und auch die übrigen Wirtschaftsbereiche befinden sich im Krisenmodus.

In China ist die Epidemie bereits im Abflauen und die Unternehmen werden wieder langsam hochgefahren. Doch die Exporte werden nicht das Niveau wie vor der Coronavirus-Krise erreichen können, weil die Nachfrage im Ausland stark gesunken ist. In einer globalisierten Welt sind die Lieferketten lang und international. Viele chinesische Unternehmen sind auf die Zulieferung von speziellen Produkten aus Europa und anderen Ländern angewiesen, die derzeit wegen der Krise teilweise nicht geliefert werden können. 

Coronavirus: Weltweite Auswirkung auf alle Wirtschaftsbereiche

Die zunehmende Ausbreitung des Coronavirus hat zeitverschoben zu China auch die Regierungen europäischer Länder, der USA und vieler anderer Länder dazu gezwungen, das öffentliche Leben nahezu stillzulegen. Geschäfte, Büros und Firmen und Tourismusbetriebe sind geschlossen, die Menschen dürfen das Haus nur mehr in Ausnahmefällen verlassen und schränken ihren Konsum erzwungenermaßen ein. Im Flug-, Schiffs- und Autoverkehr ist es zu massiven Rückgängen gekommen. Viele Unternehmen und Selbstständige haben kein Einkommen mehr, Arbeiter und Angestellte müssen in Kurzarbeit gehen oder verlieren ihre Jobs. Ohne staatliche Hilfen dürfte es zu einer großen Insolvenzwelle kommen, was sich negativ auf die Banken auswirken wird. Die Angst vor den wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus hat zu massiven Einbrüchen an den Börsen geführt.

Folgen des Coronavirus für den Tourismussektor

Die Tourismusbranche ist weltweit besonders stark betroffen. In den vergangenen Jahren ist diese Branche stark gewachsen und hat laut World Travel & Tourism Council 2018 mit 8,8 Billionen US$ über 10% des weltweiten BIP (Bruttoinlandsprodukt) ausgemacht. 319 Millionen Menschen haben 2018 weltweit in der Tourismusbranche gearbeitet, das sind circa 10% der weltweit arbeitenden Menschen. Weltweit sind über 75 Millionen Jobs gefährdet, 48, 7 Millionen in der Region Asien/Pazifik, 10,2 Millionen in Nord- und Südamerika und 10,1 Millionen in Europa.  2020 könnten bis zu 2,1 Billionen US$ an Wirtschaftsleistung allein im Tourismussektor verloren gehen.

Auch der Umsatz der meisten Fluggesellschaften ist stark eingebrochen, da ein Großteil der Flüge wegen der Corona-Epidemie ausgesetzt wurde. Viele Fluggesellschaften werden ohne staatliche Hilfen vor dem Ruin stehen. Die IATA (Internationale Luftverkehrs-Vereinigung) befürchtet, dass Fluggesellschaften in diesem Jahr über hundert Milliarden Euro an Umsatz einbüßen werden - ähnlich wie in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 - und appelliert an die Regierungen, die Fluggesellschaften zu stützen.

Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft

In über 40 Ländern wurden die Zinssätze gesenkt, um die Wirtschaft anzukurbeln. So hat z.B. die US-Notenbank den Zinssatz auf 0 gesenkt. Doch das konnte den Einbruch an den Börsen nicht stoppen. Erst seit bekannt wurde, dass die US Regierung das größte Rettungspaket der US-Geschichte mit einem Umfang von rund zwei Billionen Dollar (rund 1.850 Milliarden Euro) in Aussicht stellt, gab es einen Aufwärtstrend an den Börsen. Das Rettungspaket macht ungefähr 10% der US-Wirtschaftsleistung aus und ist um ein Vielfaches größer als jenes während der Finanz- und Wirtschaftkrise 2008/2009. Die Finanzhilfen sehen unter anderem vor Schecks von 1.200 Dollar für erwachsene US-Bürger/innen auszuzahlen, kleine Unternehmen finanziell zu unterstützen, großen Konzernen Milliardenkredite zu gewähren sowie mehr als hundert Milliarden Dollar für Krankenhäuser und die Gesundheitsversorgung bereitzustellen.

Auch in Europa arbeiten die Regierungen weitreichende finanzielle Rettungsprogramme für die Länder aus, um einerseits den Gesundheitssektor zu unterstützen und andererseits die massiven negativen wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus zu mildern. Die EU setzt erstmals die europäischen Schulden- und Defizitregeln* vorübergehend aus, dadurch werden die Regeln für Staatsbeihilfen deutlich gelockert.  Italiens Regierung hat eine Reaktivierung des ESM** gefordert. Mehrerer EU Länder fordern unter Führung Frankreichs in einem Brief an EU-Rats-Chef Charles Michel die Aufnahme gemeinsamer Schulden, sogenannte Euro- oder Corona-Bonds. Während die Reaktivierung des EMS breite Zustimmung findet, gibt es von einigen Ländern starken Widerstand gegen Eurobonds.

Die EZB (Europäische Zentralbank) hat eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, um die Wirtschaft der Euroländer zu stützen. So soll die Vergabe von besonders günstigen Krediten die Banken dazu bewegen mehr billige Kredite an stark betroffene Branchen und Unternehmen zu geben. Für die Banken stellt die gegenwärtige Wirtschaftskrise eine große Herausforderung dar, da es wegen drohender Insolvenzen vieler Unternehmen zu hohen Kreditausfällen kommen kann. Allerdings sind die Banken heute besser aufgestellt als bei der Finanzkrise 2008/2009, da sie strengeren Regeln bezüglich Eigenkapital und Kreditvergaben unterliegen und auf Schocks besser reagieren können. Am 26. März hat die EZB ihr neues milliardenschweres Not-Anleihekaufprogramm gestartet, wobei bis Ende des Jahres 750 Milliarden Euro Staatsanleihen gekauft werden. Vor allem Anleihen südländischer Euroländer, wie Italien, Spanien, Frankreich und Griechenland profitieren an den Finanzmärkten von diesem Programm.

Die G20 Staaten*** haben am 26. März in Zusammenarbeit mit dem IMF (Internationaler Währungsfonds) und der WHO (UNO Welt Gesundheitsorganisation)  beschlossen die Weltwirtschaft mit über 5 Billionen US$ zu stützen, “um den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der Pandemie zu begegnen".

Fazit

Obwohl es derzeit noch nicht möglich ist die Folgen des Coronavirus auf die Wirtschaft abzuschätzen, da sowohl die Dauer als auch das Ausmaß der Epidemie nicht voraussagbar sind, gehen Wirtschaftsexperten davon aus, dass es weltweit zu einer schweren Rezession kommen wird. Massive Finanzhilfen von Seiten der Regierungen und Finanzinstitutionen sind notwendig, um drohende Insolvenzen von Unternehmen, Arbeitslosigkeit und gesundheitliche und finanzielle Notlagen von Menschen abzuwenden und um die Zahlungsfähigkeit stark betroffener Staaten zu gewährleisten.

*Europäische Schulden- und Defizitregeln = Das jährliche Haushaltsdefizit eines Staates darf 3 % des Bruttoinlandsprodukt (BIP) nicht überschreiten, die Verschuldungs-Obergrenze in Relation zum BIP darf maximal 60% betragen.

**ESM = Europäischer Stabilitätsmechanismus. Der ESM wurde 2012 durch einen völkerrechtlichen Vertrag der Euro-Staaten als internationale Finanzinstitution gegründet und hat seinen Sitz in Luxemburg.  Aufgabe des ESM ist es überschuldete Mitgliedstaaten der Eurozone durch Kredite und Bürgschaften zu unterstützen, um deren Zahlungsfähigkeit zu sichern. Griechenland, Zypern und Spanien haben in der Vergangenheit Unterstützung vom ESM erhalten.

***G20 = 19 Staaten: Argentinien, Australien, Brasilien, Kanada, China, Frankreich, Deutschland, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Mexiko, Südkorea, Russland, Saudi- Arabien, Südafrika, Türkei, Großbritannien, die USA und die EU.