Politik | Regierungsbildung

Vorsichtige Annäherung

Eine Koalition aus Partito Democratico und Movimento 5 Stelle rückt immer mehr in den Bereich des Machbaren. Aus Südtiroler Sicht kann man ihr einiges abgewinnen.
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Foto: Screenshot

Schaffen es der Partito Democratico und der Movimento 5 Stelle tatsächlich, eine Regierung aufzustellen?  Der „rituelle, aber irrationale Akt“, als der die Sondierungsgespräche von Kammerpräsident Roberto Fico zwischen den beiden politischen Kräften gesehen wurden, schafft es zumindest in die nächste Runde.  5-Stelle-Sondierer Fico, der den PD vor nicht langer Zeit  als "mafioso ed eticamente e politicamente corrotto" beschimpft hatte, spricht nun davon, dass ein konstruktiver Dialog eingesetzt habe. Auch PD-Chef Maurizio Martina steht einer Koalition mit dem M5S im Gegensatz zu seinem Vorgänger Matteo Renzi mittlerweile offener gegenüber. Wie viel Rückendeckung er dabei hat, wird sich am kommenden Donnerstag zeigen. Denn für 3. Mai hat Martina das PD-Direktorium einberufen, um darüber abzustimmen, ob man tatsächlich in Koalitionsverhandlungen eintreten will. 

Von Seiten der beiden Südtiroler PD-Mitglieder im Direktorium gibt es dafür schon jetzt mediales grünes Licht. Senator Gianclaudio Bressa ist zwar nur Mitglied ohne Stimmrecht, kündigt aber an, seine Stimme am Donnerstag für Verhandlungen stark zu machen. „Siamo una democrazia parlamentare e le maggioranze si cercano in Parlamento“, zitiert ihn am Freitag der Corriere dell’Alto Adige. Zumindest einen Versuch starten, sei deshalb Pflicht, findet der Senator. Was dabei herauskommt, werde sich bei der Konfrontation der Programme zeigen. 

„In den Dialog zu treten, heißt nicht automatisch eine Regierung zu bilden“, sagt auch Carlo Costa, der am 3. Mai auch über die Verhandlungen mitstimmen kann. „Wir können dieses Land nicht ohne Regierung lassen – auch wenn klar ist, dass wir nicht für ein Grundeinkommen oder den Austritt aus der EU sein können“, sagt er. Gerade deshalb schwebt ihm eher eine externe Unterstützung einer M5S-Regierung als eine Koalition vor. 

Fruchtbare Perspektiven

Für die Südtiroler Volkspartei wäre ein Duo SVP-M5S in jedem Fall eine ideale Ausgangssituation, um die fruchtbaren römischen Jahre der letzten Legislaturperiode forzusetzen, gibt SVP-Senatorin Julia Unterberger ganz offen zu. Vor allem im Senat könnte die Autonomiegruppe aufgrund hauchdünner Mehrheiten wieder Wunschzettel abarbeiten. An vorderster Stelle nannte die Senatorin im RAI-Morgentelefon eine Durchführungsbestimmung zur autonomen Regelung des Bären- und Wolfsmanagements in Südtirol sowie die primären Zuständigkeiten für Umwelt und Arbeitssicherheit.

Doch noch ist es eindeutig zu früh, um sich darauf zu freuen, findet die SVP-Senatorin. „Denn wie man hört, ist die Mehrheit im PD-Direktorium immer noch gegen Koalitionsverhandlungen“, sagt sie. Unterberger selbst sieht dabei nicht einmal so große programmatische Unterschiede zwischen den beiden politischen Kräften. Zumindest wenn man sich dazu entschließe, einen Schlussstrich unter die früheren Grabenkämpfe zu ziehen, gäbe es zwischen PD und M5S so manche Übereinstimmung, findet sie. „Angefangen beim Grundeinkommen, das ja kein wirkliches Grundeinkommen ist, sondern eine soziale Maßnahme, wie sie der PD bereits ansatzweise mit dem reddito di inclusione eingeführt hat.“ Mit einigen Nachbesserungen und Kompromissen könnte so bei vielen Themenfeldern eine Einigung gefunden werden, meint die Vorsitzende der Autonomiegruppe und rät dem PD, sich die deutsche SPD zum Vorbild zu nehmen. Auch dort habe man sich letztendlich aus Verantwortung für das Land doch für eine Koalition entschieden – und dabei das Maximum für die eigenen Partei herausgeholt. „Ich persönlich hoffe, dass es genügend vernünftige Menschen gibt, die verstehen, dass man irgendwann mit den Spielchen aufhören und zu den eigenen Programmen stehen muss, um für Italien das Beste umzusetzen“, so Julia Unterberger. 

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Karl Trojer Mo., 30.04.2018 - 10:39

Ich finde die Darlegungen von Senatorin Unterberger stichhaltig und zielführend.
Wer in der Antwort auf die Frage nach dem "Unterschied zwischen Politik und Prostitution" recht locker behauptet, es gebe keinen Unterschied, sollte vorweg klären, was er unter "Politik", und was unter "Prostitution" verstehet.

Mo., 30.04.2018 - 10:39 Permalink