Kultur | Salto Weekend

Digital ist besser

Mit „Tales of the Future“ ist in Niederlana derzeit ein Hauch von Berlin zu sehen. Ausgestellt wird analoge und digitale Kunst junger Künstler:innen im alten Obstmagazin.
„Tales of the Future“
Foto: Fanni Fazekas
Nicht weniger als fünfzehn Teilnehmer aus Berlin und Südtirol haben die Gelegenheit genutzt, ihre Werke in einem Raum auszustellen, welcher zu ihnen im Spannungsverhältnis steht: Auf der Treppe in den ersten Stock - wo das Gros der Exponate zu finden ist -  kann man sich leicht staubige Hände holen und eine Virtual Reality Arbeit, welche den für die Eröffnung als Barbereich genutzten Raum vor der Galerie reproduzieren sollte und in deren Himmel ein Video produziert sein sollte, scheitert am schlechten W-Lan. Die Arbeit bleibt gewissermaßen präreal, während mir die Künstlerin davon erzählt. Dabei sind auch andere Arbeiten mit diesem Konzept, einer formbaren und zusehends hin zum digitalen hin durchlässigeren Realität.
Sind im Außenbereich noch mehrheitlich Werke vertreten, die - als Druck, Plastikskulptur eines Elefanten oder Öl auf Leinwand  - für sich sprechen, so ist sobald die letzte Treppenstufe erklommen hat, das Konzept ebenso wichtig, wie die Arbeit selbst: Ein Miniatur-Terrarium (nicht geschlossen, sondern nach oben hin offen) mit postapokalyptisch überwachsenen Gebäudeminiaturen informiert uns darüber, dass es nur ein Teil von dreien ist. Ein QR-Code bringt uns auf eine Soundcloud Seite, wo wir den Ambient-„Soundtrack“ zum Werk noch später anhören können. Teil zwei ist allerdings auch im ehemaligen Margesin-Magazin in der Schnatterpeckstraße 15 zu hören, die „begleitende NFT Kollektion“ ist nebenan in Form kleiner Drucke vertreten. Die digitale Dimension ist hier eine angehängte, eine Doppelung des Realen anwesenden.
 
„Tales of the Future“
„Tales of the Future“: Non fungible tokens, besser bekannt als NFTs sind eine Art digitale Besitzurkunde für ein Kunstwerk mit hoher kryptografischer Sicherheit und Energieverbrauch. | Foto: Fanni Fazekas
 
Die Frage nach Gleichwertigkeit könnte man sich auch bei drei an der linken Wand gestellten Werken stellen: Sie zeigen drei, nur aus den Titeln ersichtliche Darstellungen von jpg Dateien im Hexadezimalcode, wie den Sonnenuntergang über der Rialto-Brücke als für unsere Augen willkürliche Ansammlung von Buchstaben, Zahlen und Zeichen in dicht gedrängten Textzeilen. Eine sich nach Zeitschaltung aktivierende Figur, welche aus einem metallischem Skelett und einem Plastikkörper besteht, der sich regelmäßig mit Atem füllt beherrscht die Mitte des Raumes, an den Wänden Skulpturen aus dem 3D Drucker.
 
„Tales of the Future“
„Tales of the Future“: Wunderschöne, kitschige Fotographien auf das Codegerüst ausgezogen und für uns unleserlich gemacht. | Foto: Fanni Fazekas
 
Eine Kontext-Wissen voraussetzende Reproduktion des „Are you winning son?“-Memes (von 2014, laut knowyourmeme.com), als Grafiti, das seine Ursprünge als Microsoft Paint Datei hatte. Das Strichmännchen am Computer wird uns ohne seinen „Vater“ der mit Zigarette und Hut durch die Tür platzt, präsentiert. Ein wenig kommt, gerade durch das Meme, das Gefühl auf, dass sich hier eine junge Generation nicht anpassen und nicht erklären möchte, aber die Künstler:innen stehen bei ihren Werken und geben Auskunft.
 
„Tales of the Future“
„Tales of the Future“: Ein Memeklassiker, der beinahe 10 Jahre alt ist, ist in Internet-Jahren schon jetzt „retro“. Die Zukunft scheint zyklisch. | Foto: Fanni Fazekas
 
So auch bei einer groß angelegten, mit drei Beamern erzeugten 180-Grad-Projektion, welche einen Raum für sich hat. In ihrer Mitte ein scheinbar innaktives Mikrofon mit der schlichten Aufforderung „speak“. Spricht man, so verändern sich Farbe und Rhythmus der wabernden Projektion und auch hier ist die Botschaft eine klare und deutliche: Digital ist real, reales kann digital werden und beide Dimensionen, irl (in real life, im echten Leben) und url beeinflussen sich wechselseitig. Zwischen beiden liegt nur eine dünne Staubschicht, die ebenso flüchtig ist wie die Ausstellung selbst: Heute und morgen noch (jeweils ab 16 und bis 20 Uhr), kann die Ausstellung besucht werden. Zahlreiche der Künstler:innen sind anwesend.