Umwelt | Aktion

Protest gegen Nimmersatt

Am Sonntag findet eine Protestaktion gegen die angedachte Bahnverbindung St. Christina-Seiser Alm statt. Unterstützung kommt aus dem Ausland. Und der SVP.
Langkofelgruppe
Foto: Pixabay

Die Wettervorhersage verheißt nichts Gutes. Für Sonntag, 30. August, sind Regenschauer gemeldet, die teilweise heftig ausfallen können. Abgesagt wurde die Aktion bisher trotzdem nicht*. Um 9 bzw. 10 Uhr soll sie starten – eine Wanderung auf der Seiser Alm, von Monte Pana bzw. Kompatsch zu den Cunfin Böden. Organisiert hat den Ausflug die Gruppe “Nosc Cunfin – Unser Cunfin” – eine Initiative, die sich dem Schutz des Gebietes unterhalb der Langkofelgruppe verschrieben hat. “Die Cunfin Böden gehören in Gröden zu den wenigen noch intakten Rückzugsorten für viele wildlebende Tiere, sie sind ein Erholungsort für Menschen und Einzugsgebiet der Cunfin-Quellen, deren Wasser tausende Bürger versorgt”, erklärt Michael Demetz, einer der Hauptinitiatoren von “Nosc Cunfin – Unser Cunfin”. Besorgt ist man dort, weil das Vorhaben, eine Bahnverbindung zwischen St. Christina (Monte Pana) und der Seiser Alm (Saltria) zu schaffen, zuletzt wieder kräftigen Aufwind erhalten hat. Die Zahnradbahn, für die sich der Gemeinderat von St. Christina ausgesprochen hat, würde durch oder am Rand der Cunfin Böden entlang führen und “unwiederbringliche Zerstörung” mit sich bringen, so die Befürchtung.

Damit steht die Initiativgruppe längst nicht mehr alleine da. Eine Online-Petition hat bisher mehr als 2.500 Unterstützer gefunden. Und der Protestaktion am Sonntag haben sich Dachverband für Natur- und UmweltschutzHeimatpflegeverband und AVS angeschlossen. Auf dessen Webseite heißt es: “Es kann und darf nicht jeder noch unberührte Winkel unserer Heimat dem nimmersatten Tourismus geopfert werden!” Zuspruch kommt wenige Tage vor der Protestaktion auf der Seiser Alm aus Deutschland. Aus München gelangt eine Solidaritätsbekundung vom Verein zum Schutz der Bergwelt ein, der “als ältester Naturschutzverband im Alpenraum auch seine Stimme erheben möchte”. “Der alpine Tourismus, vor allem in den Dolomiten, hat mittlerweile regional Auswüchse zum ‘Overtourism’, der ein Umdenken erfordert auch angesichts der Entwicklungen durch den Klimawandel. Zwischen den übererschlossenen Bereichen der Seiser Alm und im Grödner Tal stellen die bisher extensiv genutzten Cunfin Böden naturschutzfachlich eine schutzwürdige Pufferzone dar”, schreiben Sabine Rösler und Klaus Lintzmeyer, Vorsitzende und Schriftführer des Vereins zum Schutz der Bergwelt. Selbst werde man, wegen der Corona-Pandemie, am 30. August nicht vor Ort sein können, fordere aber von der Südtiroler Landesregierung, die geplante Verbindungsbahn nicht zu genehmigen “und verstärkt extensive Tourismusformen zu stärken”.

Auch politisch ist die Debatte um die Bahnverbindung Monte Pana-Saltria seit Kurzem wieder entfacht. In den vergangenen Monaten haben sich die Gemeinderäte der beiden betroffenen Gemeinden St. Christina und Kastelruth mit dem Projekt – vorangetrieben wird es von der Coldereiser GmbH – befasst. Und sich dafür ausgesprochen. Anders die Jugendorganisation der SVP Gröden. Dort ist man letzthin zur Überzeugung gelangt: “Es ist Zeit den Mut zu haben, Nein zu sagen!” Nein zu einem Projekt, dessen negative Auswirkungen auf das Trinkwasser nicht klar seien und für das der breite Konsens der Bevölkerung fehle. “Wir sehen uns verpflichtet, die Rückzugsgebiete als unbebaut zu bewahren, damit auch kommende Generationen diese sensiblen und naturfreundlichen Gebiete genießen können”, schreiben die Grödner JG-Referenten Julian Stuffer, David und Luis Rifesser, Patrick und Alexander Thaler. Damit finden sie sich auf derselben Seite mit der Mehrheit ihrer Parteikollegen im Gemeinderat von St. Christina und Kastelruth wieder. Sondern auf jener der Grünen. Diese wollten Ende Juli mit einer Tagesordnung zum Nachtragshaushalt im Landtag erwirken, dass die Landesregierung “unmissverständlich Nein” zur Bahnverbindung sagt und sich dafür einsetzt, dass Sella- und Langkofelgruppe samt Cunfin Böden in das UNESCO-Weltnaturerbe aufgenommen wird. Am Ende wurde die Tagesordnung nicht behandelt. “Die Mehrheit hatte angekündigt, sie abzulehnen. Damit wäre es für sechs Monate unmöglich gewesen, das Thema zu behandeln. Also habe ich die Tagesordnung zurückgezogen, damit ich sie als Beschlussantrag im September wieder vorlegen kann”, erklärt die Grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa.

 

*Nachtrag: Aufgrund des vorhergesagten Starkregens fiel am frühen Freitag (28. August) Morgen die Entscheidung, die Wanderaktion um eine Woche auf den 6. September zu verschieben.