Umwelt | Schnals

Kein Tourismusghetto

Morgen entscheidet die Landesregierung über das Athesia-Projekt „Almdorf“ im Schnalstal. Der Heimatpflegeverband fordert in einem offenen Brief die Ablehnung des Projekt.
Entwurf Almdorf Schnals
Foto: NOA/Bürgernetz Südtirol
Der offene Brief ging am vergangenen Freitag an Landeshauptmann Arno Kompatscher und an alle Mitglieder der Landesregierung.
Die Obfrau des Heimatpflegeverbandes Südtirol Claudia Plaikner und der Vorsitzender des Dachverbandes für Natur und Umweltschutz Klauspeter Dissinger lassen es in dem Schreiben an Deutlichkeit nicht fehlen.
Im Brief heißt es: „In der Sitzung der Landesregierung vom 28. September steht eine geplante Tourismuszone von gigantischen Ausmaßen auf der Tagesordnung. 33.685 Quadratmeter Grundfläche und 70.000 Kubikmetern Baukubatur sollen mit bis zu 27 Meter über dem heutigen Niveau hohen Hotelgebäuden verbaut werden. Dieser Eingriff wird die äußerst wertvolle bäuerliche Siedlungslandschaft und die landschaftliche Vielfalt im Schnalser Talschluss nachhaltig und irreversibel schädigen und zunichte machen. Sowohl der für die UVP zuständige Umweltbeirat als auch der Landesbeirat für Baukultur haben negative Gutachten abgegeben.
Die Heimat- und Umweltschützer führen dann vier Gründe an, die gegen die Verwirklichung dieses Projekts sprechen.
 
  • Es ist sehr wahrscheinlich, um nicht zu sagen sicher, dass das direkt angrenzende äußerst wertvolle Moorgebiet, das mehrere Tier- und Pflanzenarten beherbergt, die auf der roten Liste stehen, zerstört wird, wenn das Projekt „Almdorf Schnals“ in dieser Form umgesetzt wird. Damit ist das Projekt mit den bestehenden Landesgesetzen unvereinbar.
 
  • Der Landesbeirat für Baukultur und Landschaft stellt in seiner zweiten Folgeberatung vom 6. Juni 2019 klar und unmissverständlich fest, dass das geplante Projekt „für diesen sensiblen Ort nicht geeignet ist“. In der dritten Folgeberatung vom 12. September 2019 präzisiert der Landesbeirat seine Einschätzung nochmal und spricht von einem „sehr großen und problematischen Eingriff in die sensible Landschaft des Talschlusses“ und verweist nochmal auf sein Gutachten vom 6. Juni. Das geplante Projekt ist also weder in seinen gigantomanischen Ausmaßen noch in der vorliegenden chaotischen architektonischen Formensprache für die Siedlungslandschaft im hinteren Schnalstal geeignet.
    Die auf mindestens zwei Seiten erforderliche steile Lawinenschutzmauer von mind. 8 Meter Höhe bildet einen völlig unnatürlichen geradlinig geformten Sockel und fügt sich überhaupt nicht in die Landschaft ein. Auf diesen erhöhten Plattformen sitzen große verdrehte Baukörper, die teils nicht aus dem Boden herauswachsen und wie hingeworfene riesige Spielklötze willkürlich verteilt sind.
 
 
  • Die Projektwerber sprechen in ihren technischen Unterlagen davon, dass ihr Bauvorhaben einen „Mehrwert für das gesamte Schnalstal“ biete, dass Arbeitsplätze zu erwarten seien und die Abwanderung der Bevölkerung aus dem Tal zurückginge. Doch die Erfahrungen aus anderen, ähnlich angelegten Tourismusghettos in Wintersportgebieten sprechen eine andere Sprache. So hat etwa Sölden in den vergangenen zehn Jahren fast ein Viertel seiner Einwohner verloren. In den Retortendörfern in den französischen Alpen ist eine ähnliche Entwicklung zu beobachten. Die Zunahme der Bevölkerung in den betroffenen Tälern kam vor allem durch externe Zuwanderung zustande, während die Bergbevölkerung weiterhin abwanderte. Die entstehenden Arbeitsplätze, die deutlich weniger waren als ursprünglich geplant, kamen nur in geringem Umfang der einheimischen Bevölkerung zugute.
Für das Schnalstal ist eine ähnliche Entwicklung zu erwarten, sollte das vorliegende Projekt in dieser Form umgesetzt werden. 


     
  • Die Anzahl der Skifahrer geht europa- und weltweit zurück bzw. stagniert. Dieser Trend ist seit vielen Jahren bekannt und vielfach belegt. Deshalb ist der Aufbau von Tourismusghettos, die rein auf den Skitourismus ausgelegt sind, im Grunde eine Investition gegen die touristischen Einrichtungen in der Nachbarschaft. Gemeinden und Landesregierung sollten verstärkt einen nachhaltigen, umwelt- und sozialverträglichen Tourismus fördern und nicht auf einzelne Großprojekte setzen, die das überaus wertvolle Kapital der landschaftstypischen Eigenheit und einmaligen Siedlungslandschaft nachhaltig schädigen. Das vorliegende Projekt ist tatsächlich mit dem Natur- und Kulturraum im hinteren Schnalstal unvereinbar. 

 
Vor diesem Hintergrund stellen Claudia Plaikner und Hanspeter Dissinger in ihrem offenen Brief an die Landesregierung eine klare Forderung:
Der Heimatpflegeverband Südtirol und der Dachverband für Natur und Umweltschutz appellieren an die Vertreter der Landesregierung die wertvolle alpine Landschaft im hinteren Schnalstal zu schützen und das Projekt „Almdorf Schnals“ nicht zu genehmigen.
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kurt duschek Mo., 27.09.2021 - 13:20

....der Klimawandel kann von niemandem abgestritten werde, evident gibt es ein Schwinden, einen Rückgang der Gletscher und allein diese beiden von niemandem abstreitbaren Tatsachen berechtigt die Forderung das Schnalstaler Dorfprojekt abzulehnen. Schützen wir den Schnalser Gletscher auch wenn dies für einigen Spekulanten und Witschaftstreibenden unangenehm werden wird!

Mo., 27.09.2021 - 13:20 Permalink