Gesellschaft | Interview

„Leidenschaft ist das allerwichtigste“

Antonia Stampfl, Lehrmädchen in der Küche der Lacknerstuben in Algund und diesjährige Gewinnerin des Kochwettbewerbs „The Mountain Chef unplugged“ im Salto-Interview.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Antonia Stampfl
Foto: Fiera Bolzano

salto.bz: Frau Stampfl, wie kam es zu Ihrer Teilnahme beim „Mountain Chef unplugged“?

Antonia Stampfl: Ich habe auf Facebook eine Werbung für den Wettbewerb gesehen und wollte sofort mitmachen. Also habe ich daraufhin mit meinem Chef gesprochen. Es kam dann auch Philipp Hafner vom Südtiroler Köcheverband zum Essen vorbei und hat Armin, meinen Chef, gefragt ob denn niemand von seinen Jungköchen Lust habe mit zu machen. Daraufhin hat mein Chef ihm erzählt, dass ich interessiert bin. Anschließend haben wir uns ein bisschen unterhalten und haben uns den vorgegebenen Warenkorb angeschaut. Hinterher habe ich dann mit der Hilfe meines Chefs dann auch das Rezept entwickelt, welches ich dann eingereicht habe.

 

Was haben Sie dann beim Wettbewerb gekocht?

Ich habe Kartoffel-Gerste-Schlutzer gemacht. Das heißt der Teig bestand aus einem Kartoffelteig, den ich dann mit selbst gerösteter Gerste verfeinert habe. Als Fülle habe ich eine Almkäsefonduta mit Pfifferlingen und geröstetem Speck verwendet. Über die Schlutzkrapfen habe ich noch ein frisches Kräuterpesto gegeben.

 

Wie kommt man auf die Idee Köchin zu werden?

Ich war immer schon diejenige, die stets zugeschaut hat und helfen wollte als mein Vater für uns gekocht hat. Irgendwann habe ich dann auch gefragt, ob ich selbst mal für alle kochen dürfe. Von klein auf war aber bei mir zuhause klar, dass die Schule wichtiger ist. Meine Eltern hätten sich gewünscht, dass ich die Matura mache und dann studieren gehe. Ich habe aber in der Oberschule relativ schnell gemerkt, dass ich daran kein Interesse habe. Viel lieber wollte ich selbst etwas in die Hand nehmen. Ich wusste auch nicht, was ich mit der Matura hätte tun sollen. Eigentlich bin ich ja immer schon eher für praktische Sachen zu begeistern gewesen. Deswegen habe ich dann eine Saison lang als Küchenhilfe auf einer Hütte gearbeitet. Dort habe ich dann festgestellt, dass es mir gut gefällt in der Küche zu arbeiten. Ich hatte dort einen relativ jungen Küchenchef, der mir viel gezeigt hat und mich viel selbst hat machen lassen. Danach bin ich dann zur Lackner Stuben gekommen.

 

Gibt es einen Bereich in der Küche um den Sie sich besonders gern kümmern?

Momentan bin ich in der Patisserie tätig, aber als nächstes möchte ich mich gerne um die Vorspeisen kümmern: im Speziellen warme Vorspeisen, also alles was mit Teigtaschen zu tun hat. Besonders gut gefällt es mir die Produkte völlig selbst herzustellen, so wie es bei uns in der Küche üblich ist. Zu einem späteren Zeitpunkt möchte ich mich dann um Hauptgerichte kümmern, aber so weit bin ich noch nicht.

 

„Leidenschaft ist das allerwichtigste, denn ohne Leidenschaft schafft man es in der Küche nicht. Man schafft es nur zu kochen, wenn man mit Herz und Seele dahintersteht.“

 

Wie wichtig ist es Leidenschaft mit in die Küche zu nehmen?

Leidenschaft ist das allerwichtigste, denn ohne Leidenschaft schafft man es in der Küche nicht. Man schafft es nur zu kochen, wenn man mit Herz und Seele dahintersteht. Es braucht nämlich viel Geduld mit sich selber, denn Koch ist ein Handwerksberuf, den man erst einmal erlernen muss. Dafür braucht es halt einmal Zeit. Ich glaube aber, dass es jungen Menschen oft an der Geduld fehlt die Feinheiten zu erlernen. Deswegen ist es wichtig, dass man mit allem dahinter steht.

 

Es gibt ja einige bekannte Köche und Köchinnen. Haben Sie ein konkretes Vorbild?

Ich muss ehrlich sagen, darüber habe ich noch nie nachgedacht. Bis jetzt war ich ja noch nicht in vielen Betrieben. Wenn ich aber meinen Chefkoch ansehe und sehe, was er mit seinem Betrieb erreicht hat, dann kann ich schon sagen, dass er mein Vorbild ist. Ich will selbst auch etwas in die Hand nehmen, etwas schaffen und leiten. Im Grunde will ich selbst auch irgendwann dort stehen, wo er jetzt steht.

 

Gibt es etwas, was Sie bei ihrem Beruf stört?

Am Anfang waren die Arbeitszeiten für mich gewöhnungsbedürftig. Mein ganzes soziales Umfeld hat sich über den Haufen geworfen, als ich ins Gastgewerbe gegangen bin. Ich hatte plötzlich frei, wenn meine Freunde arbeiten mussten und umgekehrt. Das ist anfangs schon wie eine Probe, auf die du gestellt wirst. Aber man lernt mit der Zeit damit klar zu kommen. Mittlerweile ist es höchstens der extreme Stress und der hohe Erwartungsdruck, den man selbst hat, der mich manchmal stört. Ich wüsste aber nichts, was ich an meinem Beruf absolut nicht mag.

 

„Für mich ist es wichtig, dass regionale Anbieter unterstützt werden.“

 

Wie wichtig ist für Sie das Thema Regionalität in der Küche?

Für mich ist es – wie auch bei uns im Betrieb – wichtig, dass regionale Anbieter unterstützt werden. Das können auch kleinere Betriebe sein. Zum Beispiel kaufen wir unsere Kartoffeln einer Bäuerin ab, die nur wenige Kunden beliefert. Das einzige Lebensmittel, welches wir nicht immer regional zu beziehen imstande sind, ist das Fleisch. Dafür ist die Nachfrage einfach zu groß. So weit es aber möglich ist, sollte man schon mit regionalen Erzeugnissen kochen.

 

Man hört immer wieder die Klage, dass sich die Leute heute viel zu wenig Zeit fürs Essen nehmen. Wie wichtig ist es Ihrer Meinung nach sich Zeit fürs Essen zu nehmen?

Dieser Meinung bin ich auch. Für mich ist es etwas besonderes, auswärts Essen zu gehen. Wenn ich am Abend vorhabe etwas Essen zu gehen, dann nehme ich mir dafür den ganzen Abend über Zeit. Da gehört für mich ein netter Aperitif mit Freunden genauso dazu, wie vielleicht ein Antipasto und dann das Menü. Was ich wirklich sehr, sehr schade finde, ist dass mittlerweile so viele Leute gestresst zum Essen gehen. Um die Wartezeiten zu überbrücken gibt es zum Beispiel vor dem Essen einen kleinen Gruß aus der Küche und vor dem Dessert gibt es ein Predessert. Manche Leute wissen das nicht zu schätzen, empfinden es vielleicht sogar als Störung, wenn das Essen nicht innerhalb von fünf Minuten auf dem Tisch steht. Dabei finde ich, dass es etwas wunderschönes ist, Essen zu gehen. Man kann sich mit Freunden, der Familie oder dem Partner einen schönen Abend machen und an dem erfreuen, was man bekommt. Wir haben aber zum Glück sehr viele Stammgäste, die auch mal um sieben Uhr kommen und nach halb zwölf gehen.

 

Warum nehmen sich Ihrer Meinung nach immer weniger Leute die Zeit gut zu Essen?

Ich glaube das liegt daran, dass die Leute heute vielleicht allgemein gestresster sind als noch vor ein paar Jahren. Manche essen vielleicht auch mehr, weil sie müssen und nicht mehr weil sie es gerne haben. Zu Mittag bleiben die Gäste bei uns oft nur 20 Minuten. Deswegen haben wir zu Mittag immer eine eigene Karte. Ich glaube oft liegt es daran, dass die Leute einfach nicht mehr die Zeit haben gemütlich zu essen oder es sich nicht leisten können, einfach länger sitzen zu bleiben und das Essen zu genießen.

 

Von Michael Keitsch