Kultur | Video del Venerdi

Von Lüsen in die Mongolei

In Südtirol daheim, doch sehnsüchtig singend in der Ferne unterwegs- mit ihrem neuen Lied „Mongolei“ beweisen Jimi Henndreck einmal mehr Kreativität und frische Klänge.
Jimi Henndreck
Foto: Jimi Henndreck

Jimi Henndreck mögen es gerne exotisch: ob von Lüsen oder Völs am Schlern, sie schlagen den lyrischen Bogen ihrer Songtexte bis nach Nairobi, und in ihrem neuesten Lied gar in die Mongolei. Am liebsten kommen sie dann aber wieder zurück in ihre Heimat, zu den Knödeln. Auch musikalisch verflechtet die Südtiroler Band Kulturen und Stile miteinander: Den Gesang im Lüsener Dialekt und die traditionellen Klänge der Steirischen Harmonika würzen Jimi Henndreck mit blues-rockigen Noten und östlichen Balkan-Beats. Ein Mix, den die Band liebevoll als „Progressiv-Psychedelische Stubnmusig“ bezeichnet. Ihre Musik, so schreibt die Band auf ihrer Homepage, „hört man sich am besten im dichten Nebel qualmender Zigaretten in alternativen Kneipen bei noch alternativeren Menschen an… und das alles in der Euregiozone. Ansonsten natürlich auch auf Almen.“  Für die Lektüre dieses Artikels sind das vertraute Home-office-Ambiente und eine Tasse heiße Schokolade ebenso ok – denn Kreativität und Humor beweisen die vier Jungs von Jimi Henndreck auch im Salto-Interview, ohne Zigarettenqualm und alternativer Kneipen-Atomsphäre.

 

Jimi Henndreck - Mongolei (Official Music Video)

 

salto.bz: Jimi Henndreck- Euer Bandname lehnt sich an die Blues-Legende Jimi Hendrix. Was hat er mit eurer Musik zu tun und wie kam es zur phonetischen Umwandlung?

Jimi Hendrix reiht sich ein in eine Reihe von Idolen. Für die phonetische Umwandlung organisierten wir einen Wettbewerb mit internationalen Markenberatern, der leider ergebnislos blieb. Wir selbst hatten aber noch andere Ideen: Elvis Pressknödl oder auch Paul Mochmo-an-Korta.

Euch gibt es nun seit zwei Jahren: Welche Highlights zeichnet eure Bandgeschichte aus, welche Hindernisse?
Das groß angedacht 2-Jahres-Jubiläumsfest mit zahlreichen Ehrengästen fiel heuer leider ins Wasser. Von unserem 2-jährigen Bestehen gibt es so einiges zu berichten. Highlights sind da z.B. der Fasching 2020 in Lüsen, wo 4 junge Lissna als Jimi Henndreck verkleidet eine Top Performance ablieferten oder eine Backstage-Session mit Voodoo Jürgens.  Hindernisse für die Erschließung neuer Märkte sind laut einer aktuellen Studie sprachliche Barrieren.

Euer Musikstil spießt sich aus Balkanbeats, Rock, Blues und Stubenmusik. Wie kam es zu diesem hybriden Mix?

In einer unserer ersten bandinternen Diskussionen nach der Gründung ging es vorerst um die kleinen Themen. Zum Beispiel wie wir so schnell wie möglich zu Weltruhm gelangen können. Irgendwann mussten wir uns eingestehen, dass wir mit unserem Dialekt wahrscheinlich eher eine Nische bedienen und nicht unbedingt Anklang finden werden (z. B. USA, Russland, Brixen...). Deshalb haben wir uns gedacht wir stecken zumindest instrumental so viele Genres wie möglich in den Mix rein - um sozusagen so viele Leute wie möglich anzusprechen. Soweit zu unserer Strategie.

Im neuen Lied "Mongolei" singt ihr von der Sehnsucht, in ein fernes Land zu reisen, und vom entspannten Leben der Nomaden in der Mongolei. Fernweh sickert im Text durch, die Wertschätzung von Freiheit, und einem ruhigen Lebensstil abseits von Handy und Social Media. Hat der Lock down, eine Zeit der Stille und der Einschränkung der eigenen Freiheit, euch diese Themen nähergebracht?

Der Text zu “Mongolei” ist bereits vor Corona, Lockdown & Co. entstanden. Also die Themen waren bereits vorher brandaktuell und werden es wohl auch bleiben. Ansonsten hoffen wir mal, dass sich Corona nicht zu stark in unseren neuen Texten wiederfindet.  Keinen interessiert, dass ich heute im Home Office den Laptop vier Mal neustarten musste.

Warum wählt ihr ausgerechnet die Mongolei als Sehnsuchtsort? Was fasziniert euch daran?

Irgendwie sind wir bei YouTube auf ein paar Videos gestoßen in denen ein paar kehlkopfsingende Mongolen auf einem Gipfel musizierten. Das hatte schon ziemlich was Beeindruckendes an sich. Haben es dann auch versucht (um unseren Genretopf zu erweitern). Ein paar YouTube Tutorials später mussten wir leider aufgeben. Die Idee für den Song ist geblieben. Wer weiß was dabei rausgekommen wäre, wenn wir ein Video gefunden hätten, in dem uns 4 Jodler beeindruckt hätten. Grenzenlose Möglichkeiten.

Die Dreharbeiten zum Video spielen in Südtirol, doch verkauft ihr die Kulisse als die Mongolei. Wart ihr schon mal dort und gibt es tatsächlich Ähnlichkeiten mit Südtirol? Und vorallem: wie kamt ihr zu den traditionellen Trachten und Instrumenten?

Leider kennen wir die Mongolei auch nur aus Bildern und Videos mit kehlkopfsingenden Mongolen. Aber basierend auf dem, was wir dort gesehen haben gibt es sicher ein paar Ähnlichkeiten. Wie immer war unser Budget für das Video irgendwo zwischen zwei Speckknödl im Wirtshaus und einer Busfahrt samt Ticket fürs Gardaland. Deshalb mussten wir bei der Kleidung auch auf ausgewählte Stücke zwischen Tischdecke und Vorhang zurückgreifen.

Welchen Stellenwert haben das Reisen und Multikulturalität bei euch, welchen hingegen Heimat und Tradition?

Die Themen gehören zusammen. Wer nicht reist, kann nicht heimkommen. Heim zu den Knödeln.

Welche Themen behandelt ihr in eurer Musik und wovon lasst ihr euch inspirieren? Neben klassische Liebeslieder sprecht ihr soziale Themen an, wie etwa das Leben eines Sandlers, der abseits gesellschaftlichen Überflusses lebt.
Inspirationsquellen gibt es viele: Das kann das G’Reastl von zu Mittag sein, der Rhythmus der Melchmaschine oder der Klang von Goaßlschnellern.

Konzerte fallen im Moment aus, das heißt, es bleibt mehr Zeit, um an neuen Songs zu arbeiten. Was erwartet uns von Jimi Henndreck in nächster Zukunft?

Geplant sind: Ein eigenes Musikfest, das größer als der Everest ist; ein Gedichtband;  eine Operette und ein Musical. Wir möchten uns außerdem mit den Einnahmen von 2020 einen Traum verwirklichen: Eine bärige Marende und a guats Glaserl Wein.