Sport | Foxes Ladies

Gegen klassische Rollenbilder

Seit September gibt es die „Foxes Ladies“, ein Freizeitteam das gänzlich aus Frauen besteht. Im Vordergrund dabei: Der Wunsch und das Recht auf Gleichberechtigung.
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Foto: Salto.bz
Frühjahr 2022. Bei einem Auswärtsspiel der Foxes Academy in Aosta scherzen die Mütter, warum es eigentlich kein Team für sie gibt. Was mit einer mehr oder weniger ernst gemeinten Konversation begann, wurde schon bald in die Tat umgesetzt.
Am Anfang waren wir zu elft, mittlerweile zählt unser Team schon 25 Spielerinnen. Jede Woche ist eine neue Spielerin dazugekommen. Der Anklang, den das Projekt bei Vielen gefunden hat, war überwältigend“, so Maela Bordin, eine der Initiatorinnen. „Zurzeit ist jede unserer Spielerinnen auch Mutter. Das muss aber nicht so sein.  Anfangs wollten wir uns ‚Hockey Moms‘ nennen, haben diese Idee aber gleich wieder verworfen. Wir sind zwar Mütter, aber wir sind auch vieles mehr. Und im Grunde genommen vor allem eines: Frauen. Deshalb haben wir uns für ‚Foxes Ladies‘ entschieden.“ Damit soll sich jede Frau angesprochen fühlen, die diesem Projekt gerne beitreten möchte.
Bei den ersten organisatorischen Gesprächen wurden alle wichtigen Details geklärt, unter anderem musste ein Trainer für das neue Team gefunden werden. Noch in Aosta wurde Thomas Brancaglion als Coach für die Foxes Ladies ausgewählt. Dabei war dem neuen Trainer etwas ganz besonders wichtig: die Ernsthaftigkeit am Projekt.
 
 
 
Das war meine Bedingung, der Coach des Teams zu sein“, so Brancaglion, der zwar schon als Kind Hockey spielte und in diversen Rollen in den Bozner Jugendmannschaften eingebunden ist, jedoch noch nie zuvor ein Team trainiert hatte. „Unser Training ist wie jenes der Jugendlichen und von anderen Amateurteams aufgebaut. Begonnen wird mit dem Aufwärmen, wir machen Trockentraining, trainieren Bauchmuskeln, dehnen und üben das Eislaufen mit Hockeyschlittschuhen, denn das ist im Eishockey fundamental. Ist das gefestigt, dann kann man an andere Dinge denken und darauf aufbauen.
Besonders beeindruckend war für ihn der Enthusiasmus, mit dem die Spielerinnen dieses Projekt initiierten und leben: „Die ganze Ausrüstung wurde gekauft, jede Übung im Training wird ohne zu jammern durchgezogen. Man sieht, mit wie viel Passion die Frauen dabei sind.
Wir wollen sehen, wo wir nach einer Saison Training stehen.
Gerade wird noch fleißig trainiert, ohne sich regelmäßig mit Gegnern zu messen. Das liegt zum einen daran, dass es im Moment keine anderen weiblichen Amateurteams gibt. Brancaglion und sein Team wollten diese erste Saison des Projektes aber vor allem dafür nutzen, sich auf mögliche Spiele in der Zukunft vorzubereiten: „Wir haben uns als Ziel gesetzt, uns am Ende der Saison an einem ersten Spiel zu versuchen. Wahrscheinlich gegen eine andere Amateurmannschaft, jedoch bestehend aus Männern, da es keine anderen Frauenteams gibt. Dabei geht es uns nicht um den Gedanken, zu gewinnen. Wir wollen einfach sehen, wo wir nach einer Saison Training stehen.“
 
 
 
 
Dafür bekommen die Foxes Ladies und Coach Thomas Brancaglion nun auch professionelle Unterstützung: Anna Carissimi, die bereits im italienischen Frauennationalteam mitwirkte und bei den Lakers in Neumarkt spielt, hat sich bereit erklärt, dem Coach beim Training unter die Arme zu greifen. „So können wir die Gruppe aufteilen und die Spielerinnen besser trainieren. Auch für Anna ist es eine tolle Erfahrung, auf der anderen Seite als Trainerin zu stehen. Sie war sehr begeistert und hat sofort zugesagt“, erzählt Brancaglion.
 
In einer Stadt, die sich ‚Hockeytown‘ nennt, gibt es noch viel Luft nach oben.“
 
Wer als Kind nicht die Chance hatte, Eishockey zu spielen, hat es später schwer, diesem Hobby nachzugehen. Besonders für Frauen ist es schwierig, weil es, wenn überhaupt, nur begrenzt Möglichkeiten gibt, diesen Sport auszuüben. „Wenn man als Jugendliche nach vielen Jahren Volleyball keine Lust mehr darauf hat und etwas anderes, wie beispielsweise Eishockey, ausprobieren will, ist das meist nicht einfach. Wir wollen mit diesem Projekt auch das unterstützen: Frauen, die Möglichkeit geben, diesen Sport auszuüben, wenn sie wollen“, erklärt Claudia Traino, eine der Spielerinnen.
Außerdem hat man es hierzulande nicht leicht, wenn man keinem Verein angehört. Es gibt wenige Eishallen, die ständig für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Meist nur am Wochenende oder in den Ferien und dabei sind Eishockeyschläger natürlicherweise nicht erlaubt. Wenn man nicht gerade einen zugefrorenen See findet, hat man es schwer. Und als Privatperson das Eis einer Arena zu mieten, ist aufgrund der hohen Stundenpreise meist ein Ding der Unmöglichkeit. In einer Stadt, die sich „Hockeytown“ nennt, gibt es in dieser Hinsicht viel Luft nach oben.“
Momentan wird entweder in der Sparkassen Arena trainiert oder auf dem Eislaufplatz „Sill“ in Bozen. Die Kosten dafür teilen sich die Spielerinnen auf.
 
 
 
Nicht alle Kinder der Spielerinnen spielen auch selbst Eishockey, alle waren jedoch vom neuen Hobby der Mütter begeistert. „Mein Sohn zeigt mir sogar, wie ich den Schläger halten soll, um besser schießen zu können. Es freut ihn, dass wir dieses Projekt gestartet haben“, erzählt Claudia Traino.
Einmal mehr ist es ist die Gesellschaft, die Rollenbilder zuschreibt und Menschen eine Bestimmung aufdrängt.  Dem muss entgegengewirkt werden.
Aber nicht alle Reaktionen im sozialen Umfeld der Spielerinnen fielen von Anfang an so positiv aus: In deinem Alter fängst du noch damit an? Wo sind deine Kinder, wenn du trainierst? Hast du denn Zeit für so etwas, neben Familie und Beruf? Einmal mehr ist es ist die Gesellschaft, die Rollenbilder zuschreibt und Menschen eine Bestimmung aufdrängt. Dem muss entgegengewirkt werden. Dieser Gedanke spiegelt sich auch in der Idee wieder, die die Foxes Ladies mit diesem Projekt vermitteln wollen, erklärt Brancaglion im Gespräch: „Es kann nicht sein, dass Frauen immer noch in so vielen Sparten des Lebens benachteiligt werden. Dass Frauen sagen müssen, an gewissen Tagen können sie nicht zum Training kommen, weil sie für ihren Freund kochen müssen. Und auch, wenn es sich „nur“ um ein Hobby handelt, jede und jeder von uns hat das Recht, auch mal sich selbst an die erste Stelle zu setzen, etwas für sich selbst zu tun, das sie oder ihn stärkt und eine Auszeit und einen Ausgleich zu haben. Dieses Credo wollen wir mit unserem Projekt vermitteln.“