Gesellschaft | Bedürfnisse

Baustelle Kindergarten

Trotz politischer Zugeständnisse freuen sich nicht alle im Kindergarten. Gebhard: “Die Eltern nicht vergessen.” Kalantari Lun: “An echten Herausforderungen arbeiten.”

“Nichts versprechen, was ich nicht halten kann” wollte Philipp Achammer dem Kindergartenpersonal, das seit Monaten für bessere Arbeitsbedingungen kämpft. Nach zwei Protestkundgebungen auf dem Landhausplatz und zahlreichen Treffen hatte der Bildungslandesrat schließlich ab Herbst einen Übergangskollektivvertrag zugesichert – eine der Forderungen der Kindergärtnerinnen und ihrer Gewerkschaftsvertreter. Darin vorgesehen, die Reduzierung der Arbeitszeit mit den Kindern auf 33 Wochenstunden (die wöchentlichen fünf bis sieben Reststunden fallen für Vorbereitung, Nachbereitung, Planung u.a. an). Was bedeutet, dass der Kindergarten ab Herbst am Freitag eine Stunde früher schließen werden. Der Übergangsvertrag liegt nun vor, heute (28. Juni) wird ihn die Landesregierung genehmigen. Auch die Personalsituation soll sich verbessern. Waren es anfangs 24 zusätzliche Stellen, die die Landesregierung ab Herbst schaffen will, so sollen es nun mindestens 40 werden.

Diese Maßnahmen seien “erste wichtige Schritte zur Verbesserung der Rahmenbedingungen im Kindergarten”, so Landesrat Achammer. Doch rundum zufrieden sind die Betroffenen nicht wirklich. Eine, die sich im Vorfeld der Sitzung der Landesregierung zu Wort meldet, ist Sudabeh Kalantari Lun. Die Meraner Pädagogin ist inzwischen zur Gallionsfigur des Kindergarten-Protests geworden. Über die Verkürzung der Arbeitszeit am Freitag freut sie sich nicht. “Diese eine Stunde weniger Arbeitszeit ist nicht wirklich ein Gewinn. Sie entlastet uns nicht”, so Kalantari Lun. Im Gegenteil, die kürzeren Öffnungszeiten der Kindergärten führe zu Unmut unter den Eltern, den die Kindergärtnerinnen abbekommen würden.


Wer denkt an die Eltern?
 
Von politischer Seite werde hier “kontraproduktiv” gehandelt, ist Kalantari Lun der Meinung. Die Anliegen und Anforderungen der Eltern und der Familien würden außer Acht gelassen. Davor warnt auch die SVP-Landesfrauenreferentin Renate Gebhard. Sie begrüßt zwar die angestrebte Entlastung des Kindergartenpersonals, “eine Verkürzung der Arbeitszeit für Kindergärtnerinnen darf sich aber nicht negativ auf das Betreuungsangebot auswirken: Nicht alle berufstätigen Eltern haben die Möglichkeit, sich am Freitagnachmittag frei zu nehmen – die Leidtragenden wären letztendlich die Kinder”, so Gebhard. Sie schlägt eine Kompromisslösung vor: Je nach Notwendigkeiten der Eltern könnte eine Kindergartensektion auch am Freitag Nachmittag einen Betreuungsdienst garantieren. Landesrat Achammer hat bereits angekündigt, dort, wo eine vorzeitige Freitagsnachmittagsschließung nicht möglich ist, eine Lösung finden zu wollen. Er will einen “Kampf zwischen Personal und Eltern” vermeiden.

Sowohl für Gebhard als auch für Kalantari Luns steht außer Frage, dass es mit diesen ersten Maßnahmen nicht getan ist. “Wir müssen gemeinsam eine Lösung finden, welche die Kindergärtnerinnen entlastet und gleichzeitig den verschiedenen Bedürfnissen der Familien entgegenkommt”, betont die SVP-Politikerin. Kalantari Lun geht noch einen Schritt weiter: “Es muss endlich ein Konzept erstellt werden, dass die Bedürfnisse der Kinder, der Eltern und der pädagogischen Fachkräfte von Heute berücksichtigt”. Und schließt: “Ich verzichte gerne auf diese eine Stunde, wenn endlich an den echten Herausforderungen gearbeitet würde damit nicht nur wir, sondern auch die Eltern und Kinder nicht länger Leidtragende einer immer nur tröpfchenweise agierenden politischen Ebene sind.”