Wirtschaft | EU

Appell: „Ein neuer Weg für Europa“

Mit einem Reformdokument strebt der europäische Gewerkschaftsbund ein wirtschaftlich starkes und sozial gerechtes Europa an.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Fabio Petrini

Der Titel des Reformdokuments lautet  „Unternehmen und Arbeitnehmer – ein neuer Weg für Europa“. Für Italien haben unter anderem die drei Generalsekretäre von CGIL, CISL und UIL, Camusso, Furlan und Barbagallo, unterzeichnet. Unter folgendem link kann man das vollständige Dokument abrufen: www.european-appeal.org.

In diesem Appell des europäischen Gewerkschaftsbundes werden jene Probleme aufgezeigt, die vorrangig anzugehen sind. 2019 stehen die Wahlen zum EU Parlament an. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Thema Einwanderungspolitik zum alles beherrschenden Thema wird. Dabei gibt es durchaus noch brisantere Probleme: Briefkastenfirmen, um Steuern und die Arbeitsgesetze zu umgehen, fragwürdige Entscheidungen des europäischen Gerichtshofes zugunsten der Anteilseigner der Unternehmen und gegen die Interessen der Arbeitnehmer, Flucht der Unternehmen in Steuerparadiese. Die Belange der Realwirtschaft  und der Beschäftigten stehen schon lange nicht mehr im Mittelpunkt der politischen Diskussion. Die Folgen sind eine steigende Ungleichheit,  die Verarmung eines immer größeren Teils der Bevölkerung und eine Konzentration der Vermögen. Im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen, ist dieses Dokument sicherlich ein wichtiger Beitrag, um die EU im Interesse der Bürger neu zu gestalten. Die wirtschaftlichen Grundfreiheiten und die sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung müssen parallel verlaufen. Sonst ist eine künftige Bruchlandung des europäischen Gedankens unvermeidlich. Das Papier ist aber nicht nur eine Anklage, sondern beinhaltet auch 5 konstruktive Forderungen.

So soll etwa den Scheinfirmen und der Verlagerung von Unternehmenssitzen ein Riegel vorgeschoben werden. Firmen sollen sich nur dort registrieren können, wo sie eine Tätigkeit ausüben und die Steuern sind dort zu bezahlen wo sie erwirtschaftet werden. Gefordert wird außerdem eine unabhängige Behörde für die Mobilität der Arbeitnehmer, die eine effektive Befugnis hat, Regelungen zum Schutz der Beschäftigen durchzusetzen. Die Mitbestimmung in den Betrieben zur Stärkung der Arbeitnehmer ist rechtlich abzusichern. Mitbestimmung ist der Kernpunkt des Appells des europäischen Gewerkschaftsbundes, denn er garantiert dem Arbeitnehmer nicht nur einen besseren Schutz auf dem Arbeitsplatz, sondern macht ihn auch zum „Bürger“ im Betrieb, der mit demokratischen Regeln am Betriebsleben teilnehmen kann.

Außerdem sollen Betriebe auch für Subunternehmer bei Rechtsbrüchen mithaften. Grosse Unternehmen haben eine lange Lieferantenkette, meist auch grenzüberschreitend, was zu Spekulationen im Kostenbereich verleitet, die dann meist auf den Schultern der Arbeitnehmer ausgetragen werden. Die Betriebe sollen nun verpflichtet werden, die gesamte Produktionskette zu überwachen um Verletzungen der Menschen- und Sozialrechte zu unterbinden. Unlautere Praktiken, besonders in den Ländern der dritten Welt sind hinreichend bekannt und werden meist nur durch Lippenbekenntnisse bekämpft. Auch sollen bei den Unternehmensbilanzen zukünftig nicht nur  die wirtschaftlichen Eckdaten zählen, sondern auch die Nachhaltigkeit. Es gilt mehr Transparenz im Bereich der sozialen und ökologischen Angelegenheiten zu schaffen. Dazu gehören auch die Probleme bei der Geschlechtergleichstellung, die zwar auf dem Papier vorgesehen ist, aber in der Realität immer noch Schwierigkeiten hat, sich durchzusetzen.

Diese 5 vorgeschlagenen Reformen sind nicht ein Endpunkt, sondern ein wichtiger Schritt, nach vorne, damit die Arbeitnehmer beim Aufbau der EU nicht länger im Abseits stehen. Diese Reformen sind auch gedacht, um die einzelnen Staaten mit ihren unterschiedlichen Gesetzen und Bestimmungen näher zusammen zu bringen und um uns vom  „angelsächsischen Modell“ und dem „asiatischen Kapitalismus“ abzugrenzen. Der Appell schließt mit dem vielversprechenden Motto: „die Zeit der Veränderung ist jetzt“. Veränderung ist zwar schlechthin das „Schlagwort“ in der heutigen Zeit. Die von uns geforderte Veränderung ist aber auch eine konkrete Antwort auf den europaweit immer weiter um sich greifenden Populismus!

 

 

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Karl Trojer Do., 28.06.2018 - 17:33

Diese Initiative der Gewerkschaften möge mit jener der Wirtschaftsverbände, in einem einzigen Dokument gebündelt, den Politikern hartnäckig vorgelegt werden und, im Wahlkampf zum europäischen Parlament, der irrationalen Angst vor Migration den Rang ablaufen !

Do., 28.06.2018 - 17:33 Permalink