Politik | Römische Pleiten

Römisches Desaster

Verkehrsverbund und Wohnbauinstitut vor der Pleite, kein Trinkwasser. Rückkehr in die Dritte Welt.
Atac
Foto: upi

Steht Roms Verkehrsverbund ATAC vor der Pleite? Die Nachricht wäre alles andere als eine Überraschung, denn das Desaster des städtischen Busunternehmens mit seiner Klientelwirtschaft und notorischen Ineffizienz ist seit langem sattsam bekannt. Doch was der erst vor wenigen Monaten als "Wunderheiler" eingestellte Direktor Bruno Rota nun dem Corriere della Sera erzählte, wirbelte dennoch gewaltigen Staub auf und führte zu Rücktrittsforderungen. Rota, der sich als Sanierer der Mailänder Verkehrsbetriebe verdient gemacht hatte: "Fatico a pagare gli stipendi. Servono decisioni subito." Bei einer Schuldenlast von 1,56 Milliarden Euro kann das kaum verwundern. Unbarmherzig schilderte Rota die eklatanten Misstände des Kommunalbetriebs mit seinen 11.600 Bediensteten: fast 20 Prozent erscheinen täglich nicht am Arbeitsplatz. Viele weigern sich, bei Dienstantritt zu stempeln. Viele Busfahrer sitzen effektiv nur drei Stunden am Steuer. Fast 200.000 Fahrten sind im Vorjahr wegen technischer Pannen ausgefallen, 62.500 wegen Unfällen. Schwarzfahren gilt als notorische Unsitte.

Rota, der seinen Dienst erst im April angetreten hat, hatte absolute Vollmachten  und Handlungsfreiheit gefordert. Die wurden ihm erst nach drei Monaten zugestanden. Dennoch wird er vermutlich in den kommenden Tagen kündigen. "Bisogna portare i libri in tribunale", so der Direktor. Das Unternehmen sei zahlungsunfähig. Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi tut das, was sie am besten beherrscht: sie schweigt.

Indessen steuert ein weiterer maroder  Koloss auf die Pleite zu. Das römische Wohnbauinstitut Ater, das der Region Latium gehört und weit über 50.000 Wohnungen sein eigen nennt. Der Betrieb hat 530 Millionen Euro Steuerschulden und die Region ist offenbar nicht bereit, eine weitere Bankgarantie von 200 Milionen Euro zu unterschreiben. Das Unternehmen wird seit 2015 kommissarisch verwaltet. Ater verliert jährlich fast 45 Millionen Euro wegen nicht bezahlter Mieten und illegal besetzter Wohnungen. Über 10.000 Personen stehen auf der Warteliste. Tausende Wohnungen werden von Unberechtigten bewohnt.

Auch das für seine Ineffizienz berüchtigte römische Wasserwerk Acea blickt in diesen Tagen einer Sternstunde entgegen. Die Trinkwasserzufuhr soll in der Hauptstadt täglich für acht Stunden abgestellt werden.  Roma Caput mundi.    Der Rückmarsch in die Dritte Welt bestätigt die These vieler Historiker, Roms Infrastrukturen hätten zur Zeit des Augustus - als die Stadt rund eine Million Einwohner zähte und ein üppiger Wasservorrat die  Thermen der Stadt speiste - vergleichsweise besser funktioniert.

Bild
Profil für Benutzer Paolo Carbone
Paolo Carbone Mo., 31.07.2017 - 09:32

Schade und Schande für unsere Hauptstadt und die schönste Stadt der Welt. Nach vielen Jahren von maroder und schlechter Verwaltung sind sie am Endstation angekommen. Rom ist unregierbar geworden .
Meiner Meinung nach ist die beste Lösung sowohl die Bürgermeisterin als auch den Gemeinderat zu entlassen und mit einem dem Premier direkt unterworfenem Präfekt bzw. Regierungskommissar zu ersetzen. In Paris war es so von 1870 (Commune de Paris) bis zum 1977 und die Stadt wurde von einem Präfekt regiert.

Mo., 31.07.2017 - 09:32 Permalink