Politik | Abschaffung von GIS und IMU auf Erstwohnungen

Ein Geschenk an die Vermögenden

Die GIS-/IMU-Befreiung für Erstwohnungen verschafft vor allem den Wohlhabenden spürbare Vorteile und keiner regt sich auf.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Der Landtag ist Ministerpräsident Renzi zuvorgekommen und hat die Immobiliensteuer auf Erstwohnungen mit bis 7 Zimmern (!) und 2 Garagen (!) komplett abgeschafft. Das wurde von der politischen Mehrheit medienwirksam als Steuerentlastung für den Bürger kommuniziert. Dabei zahlten die meisten Besitzer von Erstwohnungen bereits bisher keine GIS, lediglich in einigen Gemeinden mit hohen Immobilienpreisen reichten die gewährten Freibeträge nicht aus, um größere, an die 110 m² Nettofläche grenzenden Wohnungen gänzlich zu befreien. Die Regierung in Rom ist trotz aller Kritik aus dem Ausland fest entschlossen, zu Jahresbeginn dasselbe mit der IMU durchzuziehen. Da wird von unten nach oben umverteilt und keiner sagt was! Kein Aufschrei von Gewerkschaften, linken Parteien und Meinungsmachern.

Politiker jeder Couleur trichtern dem Volk in regelmäßigen Abständen die Vorteile einer Abschaffung der Immobiliensteuer ein und propagieren sie als soziale Maßnahme, wohl wissend, dass es sich um eine der verhasstesten Abgaben Italiens handelt. Dabei bedienen sie einen geläufigen psychologischen Irrtum, dem Steuerzahler zu unterliegen pflegen: Sie empfinden eine selbst einzuzahlende Steuer als schmerzvoller als andere Abgaben, die - wie die IRPEF - regelmäßig und in viel größerem Umfang vom Arbeitgeber zurückbehalten oder - wie die IVA - im Kaufpreis eingerechnet und damit nicht als Belastung wahrgenommen werden. Und die Rechnung der Regierenden scheint aufzugehen: Die Masse lässt sich von ein paar monatlich eingesparten Euros überzeugen, manchen reicht bereits das Gefühl der Unantastbarkeit ihres Heimes.

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch: Die Befreiung aller Erstwohnungen verschafft den wohlhabenderen Familien weit größere Vorteile als den bereits durch Freibeträge teilweise (oder in Südtirol auch ganz) entlasteten Besitzern einer Erstwohnung. Vermögende handeln in familiären Dimensionen und verteilen das Kapital dermaßen auf die Familienmitglieder, so dass der Fiskus so weit wie möglich durch die Finger schaut. Ein gut situiertes Elternteil mit 4 volljährigen Kindern kann bspw. ein Millionenvermögen auf 6 Wohnungen verteilen und diese allesamt als Erstwohnung mit Hauptwohnsitz eintragen lassen. Sogar Ehegatten können den Vorteil getrennter Wohnsitze genießen. Bei den herrschenden Immobilienpreisen in den Südtiroler Städten ist es kein unmögliches Unterfangen auch für Wohneinheiten mittlerer Größenordnung einen Millionenbetrag zu veranlagen. Ab sofort bis zu 7 Zimmern steuerfrei.

Unter den wenigen kritischen Stimmen in Italien (in Südtirol kenne ich keine) finden sich Vincenzo Visco, ehemaliger Finanzminister diverser Links-Regierungen und PD-Linksabweichler Pierluigi Bersani. Sie heben hervor, dass Geringverdiener und arme Bevölkerungsschichten meist gar keinen Immobilienbesitz haben und damit überhaupt nicht von der Abschaffung der IMU profitieren.Sie schlagen konkret einen um die 400 Euro angesetzten Freibetrag für alle Erstwohnungen vor, was ungefähr einem Drittel aller Besitzer eine völlige IMU-Befreiung bescheren würde. Auf alle Nicht-Erstwohnungen einfacher Beschaffenheit sollte eine niedrig startende, aber mit dem Wert progressiv ansteigende Vermögenssteuer erhoben werden mit einem Freibetrag von einer halben Million pro Kopf. Eine solche Besteuerung der Immobilien wäre auch deswegen gerecht, weil diese im Unterschied zu den (für den Erwerb der Liegenschaften eingesetzten) Einkommen schwer vor dem Fiskus zu verstecken sind. Im Normalfall scheint eine Immobilie in öffentlichen Registern auf und kann nicht wie Gewinne, Finanzkapital oder Steuersitze ins Ausland verschoben werden.

Auch unter dem Gesichtspunkt der Wachstumsimpulse hält die IMU-Abschaffung nicht, was Renzi sich von ihr verspricht. Unzählige Ökonomen, die Europäische Union, der IWF, die Banca d'Italia und die Ratingagentur Moody's raten dem Regierungschef aus wirtschaftspolitischen Gründen eindringlich von seinem Vorhaben abzulassen. Vermögenssteuern wie die IMU/GIS haben weit weniger Einfluss auf Produktivität, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit eines Landes als Einkommens- und Unternehmenssteuern. Die steuerliche Entlastung der Produktionsfaktoren Arbeit und unternehmerische Tätigkeit hätte hingegen das Zeug, einen Nachfrage- und Investitionsschub hervorzurufen, die Italien nach 20 Jahren Stillstand und in Anbetracht seines enormen Schuldenstandes dringend benötigen würde. Von der Abschaffung der IMU/GIS auf Erstwohnungen wären hingegen kaum Nachfrageimpulse im Inland (durch höhere Kaufkraft der Arbeitnehmer) und aus dem Ausland (aufgrund konkurrenzfähigerer Produkte durch Produktivitätssteigerungen) zu erwarten. Gerade heute (28.09.) erschien der Bericht der EU-Kommission „Tax reforms in EU Member States 2015“. In diesem glänzt Italien mit der höchsten Besteuerung auf Arbeit in ganz Europa und mit dem größten „cuneo fiscale“, also der höchsten Differenz zwischen Lohnkosten und Nettogehalt. Angesichts einer Beschäftigungsquote von 59,9% der Bevölkerung gegenüber den 70,9% im EU-Schnitt, sieht die Kommission für Italien die Notwendigkeit, die Steuern auf Arbeit zu senken. In der Folge macht der Bericht eine zu geringe Besteuerung der Hauptwohnung gegenüber anderen Formen von privaten Geldanlagen aus, was potentielle Preissteigerungen hervorrufen könnte. Dies wiederum würde v.a. jungen Menschen und Familien den Wohnungserwerb erschweren, ganz nach dem Motto: Wer schon hat, dem wird gegeben. Zum Wachstumsimpuls der von der IMU-Befreiuung ausgehen sollte, schreibt die Kommission: „Die negativen Auswirkungen der Besteuerung des Immobilieneigentums auf das Wachstum sind im Vergleich zur Besteuerung des Einkommens sehr beschränkt. Daher würde eine Angleichung der Bemessungsgrundlage an die Marktwerte der Immobilien nicht nur eine Erhöhung der Einnahmen bringen, sondern auch die aktuellen Verzerrungen und ungerechten Wirkungen korrigieren“.*

Zusammenfassend: Im Unterschied zur Besteuerung von Löhnen und Unternehmertum wirken Vermögenssteuern weniger hemmend auf die Wirtschaftstreibenden und würden der besitzenden Klasse jenen gerechten Anteil an der Finanzierung des Staates abverlangen, der ihm bei der Einkommensentstehung nur allzu häufig vorenthalten wird: Auf 91 Milliarden Euro wird der Fehlbetrag aufgrund der Steuerhinterziehung für die Jahre 2007 bis 2014 geschätzt.

*http://www.ilsole24ore.com/art/notizie/2015-09-28/l-ue-all-italia-meno-tasse-lavoro-piu-imposte-casa--133256.shtml

 

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Oskar Egger Di., 29.09.2015 - 08:41

Millionäre sind eh nur die paar die den grössten Anteil vom Kuchen haben. Kirche und Landwirtschaft könnten auch zur Kasse gebeten werden, da würde auch was rausschauen. Die GIS ist einfach schlimm, so wie sie die ICI ersetzt hat. Eine Vermögenssteuer auf die Horter, wäre durchaus angebracht, aber die haben ja eh ihre Oasen, wie wir gerade eben in Griechenland miterlebt haben. Also dies Moralisiererei auf Erstwohnungen und Einfamilienhäuser entspringt meiner Ansicht nach der Neidkultur, denn jeder sollte weiterhin das verfassungsrechtlich geschützte Anrecht auf Privateigentum behalten dürfen. Im Veneto, in der Emilia usw. sind Erben schon gezwungen, die renovierungsbedürftigen casolari ihrer Ahnen den Baggern zu übergeben, weil sie die Steuerlast nicht tragen können. Kapitalflucht und Sonderbehandlungen, Wahnsinnslöhne und -inkommen, Machtkonzentrationen, da braucht es ein Genug.

Di., 29.09.2015 - 08:41 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Di., 29.09.2015 - 10:11

"Ein gut situiertes Elternteil mit 4 volljährigen Kindern kann bspw. ein Millionenvermögen auf 6 Wohnungen verteilen und diese allesamt als Erstwohnung mit Hauptwohnsitz eintragen lassen."
So etwas funktioniert vielleicht in Salerno, bei uns gewiss nicht. Sämtliche Ämter samt Lokalpolizei kontrolieren penibelst wer wo wohnt wenn er seinen Wohnsitz angibt.
Für den Rest kann ich nur den anderen Kommentatoren zustimmen. Viele besitzen auf den Papier eine Wohnung oder Haus, müssen aber noch 20 Jahre lang einen Kredit bei der Bank ab bezahlen.
In Italien und Europa sollte man sich mal auf die Milliarden Steuern konzentrieren die auf Apples, Googles und co. Ertrag nicht kassiert werden, da gäbe es reichlich zu holen.

Di., 29.09.2015 - 10:11 Permalink
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Alfonse Zanardi Di., 29.09.2015 - 10:25

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Der Hinweis mit den Steuervermeidern Amazon, Google, Apple etc. ist absolut zutreffend. Es ist merkwürdig dass die Politik Jahrzehnte benötigt um dem einen Riegel vorzuschieben.
Nach den diversen Luxleaks wird sich da aber jetzt wohl bald etwas tun, ich hoffe auch rückwirkend.

Di., 29.09.2015 - 10:25 Permalink
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G G Sa., 03.10.2015 - 13:37

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Stimmt nicht ganz. Ich kenne eine Fall, wo die Frau die leerstehende Zweitwohnung auf sich gemeldet hat und weil es durch einen Nachbarschaftsstreit (Nachbaren dieser Zweitwohnung) zur Anzeige kam, wurde das auch von Amts wegen kontrolliert, aber die Beamten aus Bozen sagten dabei, dass das nicht eindeutig bewiesen werden kann und nichts passierte. Natürlich wohnt die Frau, die bereits seit langem im Großelternalter sind, seit Jahrzehnten mit ihrem Mann zusammen. Das weiß man in einem Dorf natürlich.

Sa., 03.10.2015 - 13:37 Permalink
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Martin Daniel Di., 29.09.2015 - 12:24

Um nicht missverstanden zu werden: Ich befürworte einen vernünftigen Freibetrag für die Erstwohnung, der durchaus zwischen 600 und 800 Euro liegen kann. Damit sollten alle "Volkswohnungen" völlig und viele andere "normalen" Wohnungen großteils befreit sein. In meiner Gemeinde galt vor der Abschaffung ein Freibetrag von 1.100 Euro für alle - das habe ich als zu großzügig erachtet.
Die reichsten 20% haben 44% der IMU gezahlt, die ärmsten 20% lediglich 5% der 4 Mrd., die im Jahr 2012 eingenommen wurden. Dementsprechend sind jetzt die Erleichterungen bzw. Umverteilungen (“Una cifra 8,8 volte inferiore allo sgravio garantito ai più ricchi”: http://www.formiche.net/2013/02/07/la-restituzione-dellimu-e-vantaggios…). Das kann man okay finden, aber es sollte der Öffentlichkeit bewusst sein.

@Oskar Egger: Euro-Millionäre (im wörtlichen Sinn, nicht Megareiche) gibt es in jeder Gemeinde und häufig nicht wenige. Das Argument mit der Neidkultur wird stets gebracht, wenn über Steuergerechtigkeit diskutiert wird (siehe Besteuerung der Landwirtschaft) - ein Totschlagargument.
@Oliver: Warum fragt eigentlich niemand, wieso die Arbeit um ein Vielfaches (mit bis zu 43%) oder unendlich mehr (Y:0) besteuert werden soll, als eine Erbschaft oder das Vermögen? Unsere Kultur ist doch auch sonst so leistungsorientiert, oder? Im radikalsten Ansatz könnte die Besteuerung der Arbeit sogar als Enteignung betrachtet werden. Oder ist besitzen heiliger als erwirtschaften? Ist nur so ein loser Denkansatz...
@Menschärgeredichnicht: Doch, so soll es anscheinend mancherorts auch hierzulande funktionieren, wenn auch vielleicht nicht mit 6-7 Einheiten. Der Freibetrag sollte auch Besitzern mit 20-jährigen Darlehen genügend Luft verschaffen, zusätzlich können diese die Passivzinsen von der Steuer absetzen. Und nicht zu vergessen: Wenn gleichzeitig die Lohnsteuer spürbar gesenkt wird, hat der Käufer mehr Startkapital und kann größere Raten zurückzahlen und dadurch schneller tilgen. Es gilt das Gesamtpaket zu sehen, es darf keine Erhöhung der Gesamtsteuerlast entstehen.

Nehmt euch bitte 5 Minuten Zeit und seht euch den Gesamtvorschlag von Visco-Bersani an:
http://www.ilfattoquotidiano.it/2015/09/13/tasse-la-controproposta-via-…

Di., 29.09.2015 - 12:24 Permalink
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Oskar Egger Mi., 30.09.2015 - 17:30

Antwort auf von Martin Daniel

Also ich kenne so viele Euro-Millionäre nicht, außer ein paar Politiker und Landwirte mit Hotelierentwicklung. Steuergerechtigkeit hat mit Neid nichts zu tun. Steuermoral braucht es, nicht neue Steuern. Jetzt wollen sie halt noch mehr die Häuslebauer ins Boot holen, weil die großen Fische eh schon alle davongeschwommen sind. Also für mich klar: Bargeld darfst Du fast keins mehr haben, auch als moralisch integrer Steuerzahler nicht, die Wohnung gibst Du besser gleich ans Land zurück, dann hast Du zumindest ein Problem weniger, Deine Kinder, die im Ausland leben, weils da leichter ist, müssen zu Besuch ins Hotel, denn das einstige zu Hause kannst Du Dir, als integrer Steuerzahler mit einem Satz von über 40% nicht mehr leisten und es hat eh keinen Sinn, denn mit den Marktwerten frißt es eh die agenzia delle entrate, prima o poi, é solo una questione di tempo. Die Rente ist drastisch gekürzt und die Aussicht alles andere als rosig, und, wie jetzt in Deutschland, kannst Du kaum mehr was mieten, denn die Mieter haben Deals mit den Gemeinden wegen des Flüchtlingsnotstands.
Der durchgelesen Vorschlag Visco-Bersani geht gut, was die höhere Besteuerung der Großvermögen angeht, das Problem ist nur, Du weißt genau, das funktioniert nicht. Was hingegen funktioniert ist die Besteuerung der Löhne und der Wohnungen, die mit diesen gekauft wurden. Ist doch prima, nicht?

Mi., 30.09.2015 - 17:30 Permalink
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Oskar Egger Mi., 30.09.2015 - 17:37

Antwort auf von Oskar Egger

Und genauso wie ich stuff bin, mich von irgendjemandem als Ungläubiger hinstellen zu lassen, bin ich stuff als Bürger des Mittelstands für alle zur Kasse gebeten zu werden und mein Daheim, in dem meine Kinder groß geworden sind und in dem ich gerne meinen Enkeln Ferienaufenthalte von der Großstadt ermöglicht hätte, neben dem protzigen Aristrokratenbau eingegliedert zu sehen, der als Foto über Deinem Artikel prangt, denn dieser Villen gibt es nicht so viele, wie Du tust und wenn, dann verkraften sie auch eine angemessene Steuer, denn dann schaut man mal, wo die Luxusbarchette in Monte Carlo liegen oder die Treuhandgsellschaften in Luxemburg. Ehrlich: es kotzt mich an!

Mi., 30.09.2015 - 17:37 Permalink
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Christoph Moar Mi., 30.09.2015 - 17:49

Antwort auf von Oskar Egger

"und wenn, dann verkraften sie auch eine angemessene Steuer"

eben. Ist es nicht exakt das, was Martin Daniel sagt?

Eine Steuerbefreiung *für alle* Erstwohnungen, seien es Volkswohnungen oder Villen in Arcore, ist sozialpolitischer Blödsinn. Viel sinnvoller ist ein Freibetrag: 99,x% der Immobilieneigentümer wären mit einem Freibetrag von 800-1200 eur/Jahr von jeglicher Immobiliensteuerzahlung befreit. Wer hingegen eine Villa hat, die soviel Quadratmeter hat, dass die IMU 20.000 euro ausmacht, würde nicht gratis davonkommen, sondern abzüglich des Freibetrags immer noch 19.000 euro zahlen.

Ich formuliere es so: ich bin stuff, dass die Top 1% die Steuergesetzgebung so drehen, dass es aussieht, als würden sie den Mittelstand entlasten. Während sie dabei - in echt - nur sich selbst entlasten, und der Mittelstand danach nicht besser als davor dasteht.

Zu der im Kommentar vorher aufgeworfenen Frage, ob es denn legitimer sei Arbeit oder Vermögen zu besteuern, finde ich als Anregung ganz gut. Ich hab Freunde in USA, dem Land das wohl am weitesten von kommunistischer Ideologie entfernt zu sein scheint und sie berichten mir:

Einkommensteuer/Lohnsteuer: zwischen 10% und 38% (letzteres bei Einkommen um die 300k US$)
Immobiliensteuer per annum: abhängig von Größe und Lage, aber gut und gerne 8000-10000 US$/annum mit Spitzen (unvermietete Immobilie) von nahezu 10% des Immobilienwertes per annum (!)

Muss ich jetzt nicht gut finden. Aber doch aufzeigen dass an dem Gerücht, Immobiliensteuern gäbe es nur in Italien und überhaupt sei das total zu verhassen doch nichts dran ist. Nüchtern betrachtet kann man sich echt überlegen, ob es nicht ein höherer Incentive wäre die Einkommenssteuer niedriger zu halten und dafür gewisse Vermögen zu besteuern, wie es die Amis tun - selbstverständlich mit dem sozialen Ausgleich eines Freibetrags der dann, wir im Artikel und Kommentar geschrieben, den gesamten Klein- und Mittelstand von dieser Steuer entlasten würde, dafür die wirklich vermögenden zum Handkuss bringt, oder?

Mi., 30.09.2015 - 17:49 Permalink
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Oskar Egger Mi., 30.09.2015 - 17:50

Antwort auf von Oskar Egger

p.s. ich vergaß: die Besteuerung von Übertragungen von Liegenschaften zum Marktwert, wird auch dazu beitragen, dass sie schlußendlich dorthin kommen wo sie hingehören: zur Bank und erzähle mir nicht von Steuergerechtigkeit, denn während ich als Bürger der Mittelklasse schauen muss, dass ich' s noch derudere halt mit dem bissl Nostalgie bezüglich meiner Hütte (Urlaub ist nicht drin!), bezieht meine Nachbarin aus Rumänien Arbeitslosenunterstützung für die Wintersaison, Mietbeitrag, regionales Kindergeld und Unterhaltsvorschuss. Ach ja, ich kann's ja noch in Rumänien versuchen, gefällt mir eh dort, für die Kinder ists halt weiter aber immerhin noch nicht Thailand, wohin auch schon viele mit Recht fliehen.

Mi., 30.09.2015 - 17:50 Permalink
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Martin Daniel Mi., 30.09.2015 - 18:35

Antwort auf von Oskar Egger

Da hast Recht, das Foto ist nicht ganz passend. Hatte zuerst ein anderes mit normalen Bauten ausgewählt, aber es wurde unscharf dargestellt und unter den linzenzfreien Bildern fand ich nichts Gescheites - diese Häuser sind in der Tat nicht repräsentativ für Südtirol. Das mit den Millionären verstehst du falsch: Wenn in den Städten normale neue 3 bis 4-Zimmer-Wohnung eine halbe Million aufwärts kosten (und das tun sie) und ich habe 2 davon, dann bin ich mit der Anlage im Millionenbereich. Christoph Moar hat Recht: Wir unterliegen gerne dem vormaligen "FDP-Syndrom", wonach die Mittelklasse gerne zur Oberschicht gehören würde und die für sie falsche Parteien wählt. Die oberen 1-5% würd'ich mal sagen drehen es so, dass wir glauben, bestimmte Maßnahmen seien in unserem Interesse. Ich erinnere nur an die Abschaffung der Erbschaftssteuer durch Berlusconi, die mit Freude aufgenommen wurde, obwohl in direkter Linie pro Kopf ein Freibetrag bis zu einer Mio. bestand und wohl nahezu jeden Normalerben schadlos hielt.

Mi., 30.09.2015 - 18:35 Permalink
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Oskar Egger Do., 01.10.2015 - 11:13

Antwort auf von Martin Daniel

Dass die Immobilienpreise ins Unermeßliche gestiegen sind, liegt an der Landespolitik. Der "normale Millionär" kann jedenfalls nicht von den Wänden "fressen" und die vorgesehenen Besteuerungen kommen für ihn einer Enteignung gleich, zumal die investierten Summen, ja schon besteuert wurden (darf man nicht vergessen) und er jetzt, z.B. bestraft wird, daß er das von den Ahnen geerbte Familienhaus (das notgedrungen größer ist als die Norm heute, weil es einfach diese Bevölkerungsdichte nicht gab), mit dem er Handwerker, Gemeinde, Familie, Staat finanziert hat, mit ach und krach erhalten hat, anstatt seinen Bauch in Ferien auf Luxusdampfern zu bräunen. Der Konsumverzicht wird jetzt mit neuer Hypothek belastet! Und es gibt immer noch keine Antwort auf meine Frage zur SteuerMORAL. Da ist es nämlich wie bei den Gesetzen: statt die guten zur Anwendung zu bringen, die seit 1948 erlassen wurden, werden andauernd neue geboren ohne dass sich die Situation verbessert. Ziel? In meinen Augen soll es an Transparenz fehlen, damit Otto Normalverbraucher nicht so schnell mitkriegt, wenn ihm die Hosen ausgezogen werden. Die Steuerunmoral ist das Übel in Italien unter anderem, der bürokratische Moloch usw.

Do., 01.10.2015 - 11:13 Permalink
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Oskar Egger Do., 01.10.2015 - 17:44

Antwort auf von Oskar Egger

Um noch schließlich etwas Konstruktives zu sagen: in einem Landl, in dem ein Grossteil von Grund und Boden in den Händen weniger, steuerbegünstigter Monokulturisten ist, ist es da nicht sinnvoll, das kleine Familieneigentum zu fördern, so dass viele wieder unabhängiger und glücklicher durch Eigenanbau werden, z.B. in Gärten, auf Terrassen und begrünten Dächern und dass es dafür Steuerbegünstigungen gibt, da es sich ja auf die Spesen im Gesundheitswesen auswirkt?

Do., 01.10.2015 - 17:44 Permalink
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Joe Meola Sa., 03.10.2015 - 14:10

lediglich in einigen Gemeinden mit hohen Immobilienpreisen reichten die gewährten Freibeträge nicht aus, um größere, an die 110 m² Nettofläche grenzenden Wohnungen gänzlich zu befreien.

Bozen gehört zu den Gemeinden. Und kassiert von vielen Familien 50-100 Euro, dafür müssen an alle Wohnungsbesitzer die Bescheide zweimal pro Jahr verschickt werden. Dass da am Ende die Bürokratie mehr kostet als die Einnahmen ausmachen, ist klar. Von da her ist die Abschaffung gut

Sa., 03.10.2015 - 14:10 Permalink
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Karl Gudauner So., 04.10.2015 - 12:03

Kompliment! Der Artikel greift das Thema Steuergerechtigkeit mit Fakten und Engagement auf. Es ist eine Problematik, die technisch kompliziert ist, da es sehr unterschiedliche Konstellationen von Einkommen und Vermögen gibt und das eine Thema nicht ohne das andere angegangen werden kann. Zudem wirkt sich eine Maßnahme auf das gesamte normative Gefüge aus und bewirkt entsprechende Ausweichmanöver bzw. (Gegen-)Reaktionen. Die Bandbreite der Diskussion kommt in den aufgezeigten Lösungsvorschlägen und in der Abwehrhaltung gegenüber Eingriffen in den status quo zum Ausdruck, die da oder dort die Freiheit der Disposition des Vermögens einschränken könnten. In Zeiten des Sparkurses und anhaltender wirtschaftlicher Stagnation findet die Politik in Steuererleichterungen willkommene Maßnahmen der Konsenssicherung und der Beruhigung der relevanten Einflusskreise und Wählerschichten. Der Weg zu mehr sozialer Gerechtigkeit erfordert eine größere Ausdifferenzierung des Steuersystems aufgrund des Verfassungsgrundsatzes, dass alle dazu verpflichtet sind, nach ihren Möglichkeiten einen Beitrag zur Gemeinwohlentwicklung zu leisten. Ausgehend von der gesamtstaatlichen Ebene sollten Experten/-innen beauftragt werden, dazu Reformideen zu entwickeln. Soziales Mainstreaming muss zu einer Selbstverständlichkeit in der Gesetzgebung werden. Aber auch auf lokaler Ebene sind Impulse notwendig. In Südtirol sind solche z. B. von Land und Gemeinden gesetzt worden, was ihre jeweiligen Zuständigkeitsgebiete betrifft. Vielfach ist es jedoch der üppige Landeshaushalt, der - auch dank der Transferzahlungen zwischen den lokalen Körperschaften - Großzügigkeit ermöglicht. Dadurch spüren die Bürgerinnen und Bürger weniger den Druck der öffentlichen Ausgaben für Strukturen und Dienstleistungen als anderswo im Staatsgebiet. Dass es unter dem Deckel des allgemeinen Wohlgefallens brodelt, weil diejenigen, die im selben Boot sitzen, oft ganz unterschiedlichen Bedingungen bei ihrem Beitrag zum Allgemeinwohl und in der Nutzung der Dienstleistungen bzw. der Förderungen unterworfen sind, wird immer wieder deutlich. Spielräume der Ausdifferenzierung von lokalen Steuern und Tarifen sollten deshalb gezielt genutzt werden, um mehr soziale Gerechtigkeit und Steuergerechtigkeit zu erzielen. Ob und wann nämlich auf gesamtstaatlicher Ebene eine Steuerreform angegangen wird, die unter diesen Vorzeichen steht, ist nämlich nicht absehbar.

So., 04.10.2015 - 12:03 Permalink