Gesellschaft | Karikatur

Der Umzug

Der “Schnauzer” hat sich still und leise davon gemacht, ist “online und unabhängig” geworden. Über die Gründe für den Tapetenwechsel, von den Dolomiten zu Facebook.

Sein Markenzeichen: ein wuchtiger Schnurrbart. Zu allem hat er seinen Senf dazu zu geben. Seine Sprüche wechseln mit seiner Tageslaune, sind selten witzig, manchmal bissig oder zum Nachdenken, oft auch nichtssagend. Die Rede ist vom Schnauzer. Vor 23 Jahren wurde die Figur, die ursprünglich übrigens “Raunzer” genannt werden sollte, aus der Feder von Peppi Tischler geboren. Sein Stammplatz in der Tageszeitung Dolomiten schien unantastbar. Deshalb umso überraschender, dass sich der laute Sprücheklopfer auf leisen Sohlen aus dem Tagblatt der Südtiroler davon geschlichen und für sich und seine Ehefrau Moidl ein neues Zuhause gefunden hat. Seit Anfang Juli wohnen die beiden auf Facebook.

 

Iaz muas i lei a sotschal werdn, weil in dr Zeitung findet mi niamond mehr!

Posted by Der Schnauzer on Venerdì 3 luglio 2015

Doch nicht nur der Schnauzer, auch sein künstlerischer Vater ist zu neuen Ufern aufgebrochen. Nach über dreißig Jahren in Diensten der Athesia zeichnet Peppi Tischler seit einigen Wochen bereits Karikaturen für die Neue Südtiroler Tageszeitung. Den Schnauzer wird man dort aber in Zukunft nicht antreffen. Er hat es sich auf Facebook gemütlich eingerichtet. Und will dort “neutral und unabhängig” sein, so sein Zeichner.

Herr Tischler, was hat den Schnauzer dazu bewogen, umzuziehen?
Peppi Tischler: (Lacht) Das war nicht seine Entscheidung. Sondern ich habe mit den Dolomiten gebrochen. Und meine Tochter, die Grafikerin ist, hatte die Idee, dem Schnauzer auf Facebook eine neue Heimat zu geben.

Ein Bruch nach über dreißig Jahren?
Seit einem halben Jahr etwa hatte Toni Ebner Probleme mit dem, was er für den Schnauzer bezahlen sollte. Ich bin ihm dann mit dem Preis entgegen gekommen, aber er hat die Vereinbarung nicht akzeptiert. Letztendlich bin ich dann gegangen. Und habe den Schnauzer mitgenommen. Denn schließlich gehört er mir.

Toni Ebner soll – so haben Sie es zumindest im Vorfeld eines Radiointerviews verlauten lassen  – schon einmal zu Ihnen gesagt haben: “Weißt du, dass dein Satz der teuerste der ganzen Zeitung ist?”
Er hat oft gejammert, ja. Aber ich bin dann draufgekommen, dass von den Dolomiten im Durchschnitt nur drei Prozent einer Ausgabe gelesen werden. Und wenn man bedenkt, dass der Schnauzer von 90 Prozent der Leser angeschaut wird, dann kann man ruhig in ihn investieren. Schließlich hat der Schnauzer der Zeitung auch viele Sympathien gebracht.

Wie geht es dem Schnauzer in seiner neuen virtuellen Heimat?
Es geht im gut. Ich habe ihn bewusst unter dem Slogan “online und unabhängig” auf Facebook gestellt. Eigentlich hätte man noch “und originaler” dazu schreiben müssen. Immerhin kommen jetzt auch die Sprüche von mir selbst. Vorher wurden die von der Dolomiten-Redaktion verfasst.

Der Schnauzer bleibt Südtirol also noch erhalten?
Auf jeden Fall. Für mich war der Schnauzer nie ein Geschäft. Er ist es auch heute nicht. Doch ich habe ihn vorsorglich in Italien, Österreich, Deutschland, der Schweiz und den Benelux-Staaten schützen lassen. Das kostet Geld.

Das die Dolomiten offensichtlich nicht mehr bereit waren zu zahlen?
Von Michl Ebner habe ich immer eine Pauschale für meine Arbeit bekommen. Erst Toni Ebner hat mich gebremst. Er hatte immer was “zu raunzen”. Nachdem ich die Dolomiten verlassen habe, hat er den Schnauzer sogar noch ein paar Mal weiter veröffentlicht. Obwohl er, wie gesagt, mir gehört. Daher hätte es auch keinen Sinn, rechtlich gegen mich vorzugehen, um den Schnauzer zu behalten. Seit ich weg bin, habe ich aber nichts mehr von Toni Ebner gehört.

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gorgias Do., 30.07.2015 - 13:58

Immerhin kommen jetzt auch die Sprüche von mir selbst. Vorher wurden die von der Dolomiten-Redaktion verfasst.

Hier liegt der Unterschied zwischen einem Auftragskritzler und einem echten Karrikaturistent.

Zumindest bin ich froh für Herrn Tischler dass er die Sprüche nicht selbst verfasst hat, weil die meistens senil bis grenzdebil waren.
Nun hoffe ich dass der Schnauzer pointiert und bissig wird.

Do., 30.07.2015 - 13:58 Permalink