Politik | Volksbegehren

10.000 Unterschriften nötig

Die Initiative für mehr Demokratie gibt sich mit dem „Nein“ im Mai-Referendum nicht zufrieden. Die Klimakrise mache mehr Mitbestimmung in der Gesetzgebung notwendig.
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Foto: Salto.bz
Während Politiker:innen für die Landtagssitzung am Freitag, den 29. Juli, über den Silvius-Magnago-Platz gehen, präsentieren Unterstützer:innen der Initiative für mehr Demokratie Schilder vor dem Eingang des Gebäudes. „Wir wollen uns selber helfen“ oder „Feuer am Dach! Sperrt die Tore auf!“ steht auf den Bannern. Im Schulterschuss mit dem Bündnis für Klimaaktion Südtirol „Climate Action“ macht die Initiative auf zwei seit Juli laufende Volksbegehren aufmerksam. Sie können bis Ende September in der eigenen Wohnsitzgemeinde unterschrieben werden.
 
 

Direkte Demokratie erleichtern

 
Unterstützen mindestens 10.000 Menschen die Volksbegehren, müssen sie als Gesetzesentwürfe vor den Landtagswahlen 2023 im Landtag behandelt werden. „Dann werden die Bürger:innen sehen, wer wirklich für Mitbestimmung in diesem Land ist. Uns muss bewusst sein, dass die Landtagsmehrheit in Südtirol die Mitbestimmung nicht will und sie wenn, dann als Feigenblatt verwendet“, sagt Stephan Lausch, der Koordinator der Initiative für mehr Demokratie.
Das Gesetz beinhaltet auf versteckte Weise Einschränkungen und Behinderungen - Stephan Lausch
Sie fordert mit den beiden Volksbegehren ein, dass das 2018 erlassene Landesgesetz zur Direkten Demokratie für die Bevölkerung leichter nutzbar ist. „Wir haben in den vier Jahren, seitdem das Gesetz in Kraft ist, gemerkt, dass es so nicht funktioniert“ erklärt Lausch. „Das Gesetz beinhaltet auf versteckte Weise Einschränkungen und Behinderungen.“
 
 

Online unterschreiben

 
Zwei wichtige Punkte der Volksbegehren sind die Einführung der fehlenden Online-Unterschriftensammlung und eine andere Besetzung der Kommission für Volksinitiativen der Landesregierung.
Die Online-Abstimmung hat Italien im August 2021 mit dem SPID-Zugang der Wahlberechtigten ermöglicht. Die Provinz hat diese Änderung allerdings nicht übernommen. Das wird auch bei den laufenden Volksbegehren spürbar: „Es ist eine Behinderung, dass die Menschen nicht in jeder Gemeinde unterschreiben können“, erklärt Lausch. Ohne die Möglichkeit der Online-Abstimmung müssten sich Pendler:innen unter Umständen einen halben Tag frei nehmen, um in ihrer Wohnsitzgemeinde unterschreiben zu können.
 
 

Besetzung der Kommission

 
Der zweite wichtige Punkt ist die Kommission für Volksinitiativen. Diese entscheidet, ob eine Abstimmung zu einer Volksinitiative zulässig ist. Volksinitiativen sind neben dem Referendum die zweite Säule der Direkten Demokratie und erlauben es Bürger:innen, eigene Gesetzesvorschläge der Bevölkerung zur Abstimmung mit Ja oder Nein vorzulegen. Volksinitiativen haben in Südtirol bei einer Mindestbeteiligung von 25 Prozent der Wahlberechtigten verbindlichen und rechtswirksamen Charakter.
Die Kommission für Volksinitiativen besteht aus drei Richter:innen, die von der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Landesgericht, dem Verwaltungsgericht und dem Rechnungshof ernannt werden. Bisher hat die Kommission alle eingegangen Anträge für Volksinitiativen abgelehnt.
Wir merken mit der Hitzewelle, der Dürre und dem Wassermangel, dass wir dem auch in Südtirol ausgesetzt sind - David Hofmann
Damit würde sie die Position der Landesregierung und der Landtagsmehrheit widerspiegeln, so die Initiative für mehr Demokratie auf ihrer Webseite. Die Ablehnung kann vor Gericht angefochten werden. Dabei riskiere man aber, zur Bezahlung der Verfahrenskosten der Gegenseite in fünfstelliger Höhe verurteilt zu werden. „Wir brauchen eine andere Zusammensetzung der Kommission“, fordert Lausch daher. Diese Änderung ist im zweiten Volksbegehren enthalten.
 
 

Klimaschutz braucht Partizipation

 
„Die Initiative für mehr Demokratie ist auf uns zugekommen, weil das aktuell wichtigste Thema die Klimakrise ist. Wir merken mit der Hitzewelle, der Dürre und dem Wassermangel, dass wir dem auch in Südtirol ausgesetzt sind. Um dagegen anzugehen, sagen sie richtigerweise, dass es mehr Demokratie braucht“, so David Hofmann von Climate Action.
Eine der zwölf Forderungen von Climate Action an die Landesregierung betrifft daher auch die Stärkung der Demokratie: „Wir fordern transparente, authentische, strukturierte und verbindliche Partizipation von Bürger:innen an Entscheidungsprozessen und die Konsultation der Bürger:innen über die Beteiligungsform.“ Lausch erklärt: „Wir sind in einer Krisensituation, in der sich Menschen selber helfen wollen. Sie nehmen wahr, dass die politische Vertretung ihre Aufgabe nicht macht.“
 

Bürger:innenräte

 
Auch das Team K hat kürzlich in Bozen eine Maßnahme zur Stärkung der Demokratie für mehr Klimaschutz im Gemeinderat vorgeschlagen: die Einführung von Bürger:innenräte für die lokale Bekämpfung des Klimawandels; Sie sind ein Instrument, bei dem ausgeloste Gruppen von Bürger:innen aufgerufen werden, sich mit einem bestimmten Thema zu befassen, es eingehend zu diskutieren und darüber zu debattieren. Der Vorschlag wurde im Gemeinderat präsentiert und muss noch diskutiert werden.
 
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Profil für Benutzer Josef Fulterer
Josef Fulterer So., 31.07.2022 - 17:52

Beim Klima-Schutz glauben die Politiker, "dass sich mit Geld schon Alles regeln lassen wird," wenn die Hütte "später ...?" im Vollbrand ist.
Die Menschheit verfeuert seit Beginn des Industriezeitalters leichtfertig und Gewissen-los die fossilen Brennstoffe, die von der Natur in früheren Millionen von Jahren geschaffen wurden. Damit ist sie mit einem Bus unterwegs, der ohne Bremsen auf einer steilen Bergstraße talwärts unterwegs ist.

So., 31.07.2022 - 17:52 Permalink