Gesellschaft | Diskussion

Jugend braucht Freiräume. Aber wo?

Wohin soll die Jugend zum Feiern? Vom Land in die Stadt? Von der Stadt an den Stadtrand? Reaktionen auf die Aufregungen der vergangenen Tage.

Ende gut, alles gut, möchte man im Fall des beinahe-abgesagten-und-jetz-doch-stattfindenden Miracle Hill Festivals meinen. Seit heute, 30. August, 10 Uhr wird auf dem Salewa-Gelände in Bozen Süd gefeiert. Friedlich. Doch in der Szene brodelt es gewaltig.

Das Netz

Angeprangert wird in erster Linie das Messen mit zweierlei Maß, vor allem wenn es um Projekte der "alternativen Jugend- und Kulturszene" geht. "Bei solchen Festivals will niemand die Verantwortung tragen, aber bei einem Oswald-von-Wolkenstein-Ritt wo tausende Zuschauer sind, unter anderem auch Kinder, und einige Dutzend Pferde wie verrückt umherspringen, da geht alles in Ordnung oder?", ist etwa auf suedtirolnews.it zu lesen. Auch auf Facebook sind Diskussionen entbrannt. "Do sein 'mir' wieder: Wenn der Musikontenstodl mit 5000 Leit kemmen war, donn war's sicher koan Problem gwesen", kommentiert ein Leser auf der Seite von Tobe Planer.

Die Szene

Seines Zeichen selbst junger Eventplaner, findet Tobe Planer die unqualifizierten Aussagen des Völser Bürgermeisters "zum schämen". Andreas Federer, Mitglied der Völser Band WC, ist froh, dass seine Gruppe trotz Programmkürzung doch auf dem Festival spielen kann. Er hat die Aufregungen der vergangenen Woche im Heimatdorf mitbekommen: "Ich verstehe nicht, warum sich die Gemeindepolitiker derart von den Carabinieri haben dreinreden lassen. Es entsteht der Eindruck, als wolle man als Kurort vergammeln." Markus Lobis, Fachmann für nachhaltige und ökosozial geprägte Kulturarbeit findet scharfe Worte für das Hin und Her: "Wir brauchen Leute, die was auf die Beine bringen und (auch) alternative Kulturarbeit leisten und nicht irgendwelche Law-and-order Apologeten, die ohne Bedenken zigtausend Leute auf einem Sauf-Fest willkommen heißen. Völs und sein besorgter Bürgermeister können nun sicher und ruhig in den Winterschlaf fallen." Walter Eschgfäller, Urgestein der Südtiroler Musikszene, bedankt sich auf seiner Facebook-Seite bei Landesrat Philipp Achammer für sein Engagement: “Mir blutete das Herz, als ich hörte, welche Probleme die Jungs um Bertrand hatten….Nach all den Jahren haben wir endlich jemand in der Landesregierung, der auch für uns kämpft bzw. uns Veranstaltern den Rücken stärkt."

Die Politik

Rückenwind bekommen die jungen Eventplaner auch von der Jungen Generation der SVP. "Wir müssen Südtirols Jugendkultur endlich VERTRAUEN schenken! Ich wünsche dem Festival und ganz besonders dem engagierten OK-Team gerade jetzt einen mega Erfolg!", ist auf Achammers Facebook-Seite zu lesen. "Für Jugendliche ist es aufgrund unterschiedlicher Auflagen und Vorurteilen immer schwieriger, Veranstaltungen für Gleichaltrige zu organisieren", bemerkt auch SVP-Landesjugendreferent René Tumler und kritisiert das negative Jugendbild, das in der Medienberichterstattung der vergangenen Tage entstanden ist.

Die Freiräume für die Jugendlichen müssten ausgebaut werden, es könne nicht sein, dass diese zum Feiern an den Stadtrand gedrängt werden. Und nicht einmal dort in Ruhe feiern könnten. "Was bedeutet es für unsere Gesellschaft, wenn sie die Jugendlichen zum Feiern aus der Stadt hinausverbannt?", gibt Tumler zu bedenken. Man sei sich bewusst, dass es bei Veranstaltungen immer wieder Personen gebe, die Unruhe stiften. Dieses Verhalten beschränke sich leider nicht auf eine Altersgruppe und könne darum nicht ausschließlich der Jugend angelastet werden. "Interessanterweise landen die 'Ausrutscher' bei Dorffesten, Kirchtagen, Sommernachtsfesten und ähnlichen Veranstaltungen aber nie in den Schlagzeilen – obwohl die Feierlichkeiten zumeist im Stadt- oder Dorfzentrum stattfinden", so der Landesjugendreferent.

Die jungen Grünen unterstreichen in einer Presseaussendung, wie wichtig es sei, dass in Zukunft VertreterInnen der Jugendkultur auch auf Gemeindeebene eingreifen und im Genehmigugnsprozess und bei den Sicherheitsmaßnahmen ihre Erfahrung zur Verfügung stellen. Auf Landesebene wird dies nun durch einen von Brigitte Foppa eingebrachten und angenommenen Abänderungsantrag des Omnibusgesetzes ermöglicht. Dieser sieht vor, zukünftig in die Landeskommission für öffentliche Veranstaltungen auch einen Vertreter oder eine Vertreterin aus dem Bereich der Jugendkultur aufzunehmen. "Ein erster Schritt in die richtige Richtung", freuen sich Linda Perlaska und Valentino Liberto von den Young Greens.