Berlusconi, Ronzulli
Foto: upi
Politik | Melonis Wahlsieg

Das Feilschen um die poltrone beginnt

Nach dem Wahlsieg Melonis beginnt jetzt die Postenverteilung. Beim grossen Feilschen sind am Futtertrog viele alte Gesichter zu sehen

Es ist wie nach jeder Wahl: die Verlierer suchen nach den Ursachen ihrer Niederlage, die Sieger konzentrieren sich auf ihre zukünftige Regierungsmannschaft.

Einer hat doppelten Grund zum Feiern. Silvio Berlusconi, der nach neunjähriger Suspendierung wegen seiner Justizprobleme ins Parlament zurückkehrt, begeht am heutigen Donnerstag seinen 86. Geburtstag. Im Palazzo Madama trifft er nun überraschend auf einen alten Bekannten aus früheren Jahrzehnten: Lega-Gründer Umberto Bossi hat es nach einer Überprüfung der Stimmzettel jetzt doch geschafft und zieht wieder ins Parlament ein. Oft wird man den gesundheitlich angeschlagenen 81-jährigen freilich im Palazzo Madama nicht antreffen. Das hat er mit dem Ex-Cavaliere gemeinsam. In Bossis Partei knistert es beträchtlich. Matteo Salvini besteht auf einer Rückkehr ins Innenministerium, die ihm Giorgia Meloni offenbar nicht gewähren will. Mit einer zugkräftigen Begründung: Staatspräsident Sergio Mattarella bestehe auf einem ministro tecnico. Nun fordert er das Landwirtschaftsressort.

 

 

Doch Meloni wird - wie stets in solchen Situationen - von mehreren Seiten bedrängt. Die enge Berlusconi-Vertraute Licia Ronzulli (siehe Aufmacherfoto) etwa will das Gesundheitsministerium. Das wird auch von einem anderen Parteifreund begehrt, der den Sprung ins Parlament nicht geschafft hat: dem Präsidenten der Mailänder Apotheker-Vereinigung, Andrea Mandelli. Salvini besteht in diesem Kuhhandel auf mindestens einem der fünf ministeri di prima fascia und fordert gleichzeitig das Justizressort für die Anwältin Giulia Bongiorno. Antonio Tajani sieht sich bereits als zukünftigen Aussenminister und will sich in gewohnter Bescheidenheit notfalls mit dem Verteidigungs-Ressort begnügen.

Indessen gehen die Frauenvereinigungen präventiv auf die Strasse, um der drohenden Aufhebung der sattsam bekannten legge 194 über die Abtreibung vorzubeugen. Meloni muss auch darüber entscheiden, in welchen der beiden Kammern des Parlaments sie den Vorsitz traditionsgemäss der Opposition überlassen will. Nach Indiskretionen ist das die Kammer. Für den Vorsitz im Senat drängen die Fratelli d´Italia auf Ignazio La Russa, die Lega auf Roberto Calderoli, Forza Italia auf Maria Elisabetta Casellati, die das Amt derzeit innehat. Auch der ehemalige Staatsanwalt Carlo Nordio gilt als Anwärter auf ein Spitzenamt.  Für das Aussenministerium ist Elisabetta Belloni im Gespräch, für das Wirtschaftsressort Domenico Siniscalco und für das Innenministerium dessen ehemaliger Kabinettschef Matteo Piantedosi.

 

 

Bis das verquere Tauziehen um diese Posten beendet ist, könnten auch zwei Wochen vergehen. Der scheidende Vorsitzende des Partito Democratico, Enrico Letta, hat es da einfacher. Er ist bereits zurückgetreten. Unklar ist, ob er nach Paris zurückkehrt oder in Rom bleibt. Für 6. Oktober hat er bereits die Parteiführung einberufen. Einziger Tagesordungspunkt: "Avvio del percorso congressuale". Ein Sonder-Parteitag soll möglichst bald angesetzt werden , um über die Nachfolge zu entscheiden. Mit Elly Schlein -  bei Südtirols Grünen gut bekannt - hat erstmals eine Frau gute Aussichten auf dieses Amt. Besonders die PD-Vertreter im Süden der Halbinsel drängen auf eine rasche Entscheidung. Grund ihres Notrufs: "Bisogna reagire o qui dilagano le 5 stelle." 

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Josef Fulterer Fr., 30.09.2022 - 06:03

Wird die Meloni die "erahrenen Übeltäter die in der Vergangenheit reichlich Unfug getrieben haben," vom Hals und Futtertrog halten können?

Fr., 30.09.2022 - 06:03 Permalink