Wirtschaft | Transit

Skandalöses Nichtwissen

Der Freiheitliche Andreas Leiter Reber wollte Zahlen zum Umwegsverkehr auf der Brennerautobahn. Die Antwort des zuständigen Landesrates Daniel Alfreider: Es gibt keine.
LKW
Foto: Suedtirol Foto/Helmuth Rier
Der Sinn einer Landtagsanfrage sollte eigentlich darin bestehen, dass der anfragende Politiker etwas erfährt, was er noch nicht weiß. Und damit indirekt auch die Öffentlichkeit vonseiten der Landesregierung informiert wird.
Dass es aber auch Situationen gibt, wo in der Frage mehr steht als in der Antwort, wird jetzt an einer aktuellen Landtagsanfrage von Andreas Leiter Reber deutlich. Der Obmann der Südtiroler Freiheitlichen wollte „Zahlen zum Umwegsverkehr auf der Brennerroute“ erfahren. Die Antwort des zuständigen Landesrates Daniel Alfreider dazu ist allerdings ein kleiner Skandal.
 

Die Anfrage

 
Andreas Leiter Reber reichte am 4. September die Landtagsanfrage ein. In der Anfrage heißt es:
 
„Im Jahr 2018 passierten rund 2,5 Millionen Schwerfahrzeuge den Brenner. Dies bedeutet eine Zunahme von 7,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und unterstreicht den seit langem anhaltenden Trend einer steigenden Transitbelastung. Im Unterschied zum klar messbaren Gesamtverkehrsaufkommen, bedarf es für die Erhebung von Lkw-Umwegverkehr eines aufwendigen Verfahrens. Die von Politikern, Verkehrsexperten und Umweltaktivisten dies und jenseits des Brenners in der öffentlichen Debatte verwendeten Zahlen zum Umwegverkehr am Brenner scheinen mit einer eheblichen Schwankungsbreite behaftet zu sein und unterscheiden sich in ihrer Größenordnung teilweise signifikant.
 
 
Während Landeshauptmann Arno Kompatscher von zirka einer Million Lkws ausgeht, die aus Kostengründen einen Umweg über den Brenner machen, spricht der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter von einem Anteil von 40 (im Radio BR24 am 18.07.2019), gelegentlich auch von 50 Prozent. Der Vorsitzende von Transitforum Austria, Fritz Gurgiser, spricht ebenfalls von 50 Prozent (siehe Wochenzeitung ff 29/2019), wobei er sich auf die Zahlen der Tiroler Landesregierung beruft. Der Vorsitzende des Südtiroler Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz, Klauspeter Dissinger, sprach im Mai 2019 von „bis zu einem Drittel“ Umwegverkehr-Anteil (Tageszeitung Online vom 07.05.2019), zuletzt von ca. 1 Million (Tageszeitung Online 14/7/2019).
 
Laut dem freiheitlichen Landtagsabgeordneten schwanken die in der Öffentlichkeit vermittelten Zahlen zum Lkw-Umwegverkehr am Brenner aktuell zwischen 820.000 und 1,25 Millionen.
Leiter Reber stellte dann fünf konkrete Fragen. So wollte der Freiheitliche wissen, ob die Landesregierung über eigene Daten zum Lkw-Umwegverkehr auf der Brennerroute verfüge. Falls nein: Auf welche Daten zum Umwegverkehr auf der Brennerroute sich die Landesregierung berufe. Zudem fragte Leiter Reber nach, ob die Südtiroler Landesregierung nicht daran denke, „über das Landesinstitut für Statistik ASTAT oder ein anderes Institut Erhebungen zum Lkw-Umwegverkehr auf der Brennerroute durchführen zu lassen?“ 
 

Die Antwort

 
Am 25. November hat der zuständige Landesrat Daniel Alfreider geantwortet. Die Antwort ist ein skandalöser Offenbarungseid. „Es gibt derzeit keine absoluten Daten zum Lkw-Umwegverkehr entlang der Brennerachse. Es sind Hochrechnungen, die einen Streufaktor haben“, schreibt der Mobilitätslandesrat.
Daniel Alfreider weiter:
 
Die genannten Zahlen leiten sich aus den Ergebnissen diverser Studien, Datensammlungen sowie Projekten ab, die in den letzten Jahren zum Thema Umwegverkehr veröffentlicht wurden. Die Schwierigkeit bei der Ermittlung dieser Daten liegt zum einen in der sehr aufwändigen Erhebungsmethode, welche die Befragung von Lkw-Fahrern an Alpenübergängen oder verkehrsstrategischen Punkten vorsieht. Zum anderen in der Begriffsdefinition: Es gibt nämlich keine einheitliche Definition des „Umwegverkehrs“, sodass die jeweils berücksichtigten Mehrkilometer zu teils unterschiedlichen Werten und Prozentsätzen führen.“
 
 
Das Thema ist Gegenstand der grenzüberschreitenden Arbeitsgruppen auf Euregio-Ebene sowie im Netzwerk der Alpenregionen iMONITRAF!, die mögliche gemeinsame Initiativen prüfen können. Als Landesrat habe ich auf EU-Ebene angeregt, eine digitale Datenplattform zwischen Deutschland, Italien und Österreich aufzubauen, die die Verkehrsdaten aller Verkehrsakteure zusammenfasst.“
 
Es ist eine interessante Antwort, wenn man bedenkt, dass die Ordnungskräfte täglich bei Hunderten LKW´s die Frachtpapiere und die digitale Fahrerkarte kontrollieren. Dort sieht man wo der LKW geladen hat, wo er ablädt und wie viele Kilometer er zurückgelegt hat. In zwei Wochen hätte man so eine repräsentative Stichprobe zusammen um nach wissenschaftlichen Methoden eine verlässliche Statistik zu erstellen.
Es bräuchte dazu nur eine Vereinbarung mit den Polizeikräften.
Vor allem aber den Willen der Politik.
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Michl T. Fr., 29.11.2019 - 17:19

think bigger! noch besser wären die Daten der GPS-Satelliten, denn jeder LKW hat heutzutage ein GPS-Gerät an Bord und ist durch Geschwindigkeit, Route, Start und Stop eindeutig als solcher identifizierbar, notfalls durch KI-Cluster-Methoden.
In Ermangelung der GPS-Daten könnte man auch Mobilfunkanbieter, Google, Apple usw. fragen. die wissen über ihr Geo-Tracking auch genau wer wann wo war und wie schnell derjenige unterwegs war.
Was ich sagen möchte: Es gibt genug Institutionen/Unternehmen, die diese Frage beantworten könnten und die aufwändige Erhebungsmethode auf dem "Zu-Fuß-Weg" überflüssig machen würde.
Die Daten sind alle vorhanden, man muss sie nur ausgraben und aufbereiten..

Fr., 29.11.2019 - 17:19 Permalink
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Claudio Campedelli Fr., 29.11.2019 - 18:07

Il traffico cosiddetto deviato è stato analizzato e descritto nel:
"reviewed paper REAL CORP 007 Proceedings / Tagungsband
Vienna, May 20-23 2007 www.corp.at
ISBN: 978-39502139-2-8 (CD-ROM); ISBN: 978-39502139-3-5 (Print)
Editors: Manfred SCHRENK, Vasily V. POPOVICH, Josef BENEDIKT 801
Alpenquerender Güterverkehr Entwicklungen und Herausforderungen unter besonderer Berücksichtigung des Umwegverkehrs
Sandra LANGE & Flavio V. RUFFINI
(Dipl.-Ing. Sandra Lange, Dipl.-Ing. Flavio V. Ruffini, Europäische Akademie Bozen, Institut für Regionalentwicklung und Standortmanagement, Drususallee 1, 39100 Bozen/Bolzano, Italien, [email protected], [email protected])".

Il Land Tirol ha quantificato questo traffico nella pubblicazione:
"Verkehrsbericht 2011", Innsbruck, Juni 2012 i cui dati sono stati confermati (mi pare dal sig. Moser del Land Tirol) nell'aula del Consiglio Provinciale di Bolzano nel maggio 2018 a cui era presenta anche il deputato europeo Dorfmann.

Nel frattempo il traffico deviato al Brennero dovrebbe essere aumentato in quanto le misure unilaterali da parte della Svizzera (in base all'Accordo transiti EU-Svizzera) riducono costantemente il contingente di transiti stradali attraverso la Svizzera.

Inoltre, nella lettera d'accompagnamento alla pubblicazione "Sul binario del futuro" per propagandare la galleria di base del Brennero, il sig. Alois Durnwalder prometteva:
" …Schon jetzt bemühen wir uns darum, dass die Maut-Tarife zwischen der Schweiz, Österreich und der Brennerautobahn angeglichen werden, damit sich Umwegverkehr nicht mehr lohnt und die kürzeste Strecke anstatt der billigsten gewählt wird. Wir wollen, dass der Betrieb des Tunnels morgen sicher, modern und verlässlich ist. Daher setzen wir uns für Maßnahmen ein, dass der Tunnel morgen auch benutzt werden muss - etwa in dem verschiedene Transporte auf der Straße verboten werden….“.

Come cittadini dovremmo pretendere più professionalità e serietà da chi ci amministra.

Fr., 29.11.2019 - 18:07 Permalink
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Salto User
Günther Alois … Sa., 30.11.2019 - 06:34

Erstaunlich,dass Herr Alfreider nicht befriedigende Antworten auf konkret gestellte Fragen,bezüglich Transitbelastungen geben kann??? So weit ich mich erinnere ist dies ja sein RESORT!!!

Sa., 30.11.2019 - 06:34 Permalink