Umwelt | Latsch

“Skandal in der grünen Wiese”

Die Heimatpfleger laufen wieder Sturm – gegen einen Hotelneubau, das (fast einstimmige) Ja der Landesregierung und Tourismustreibende, “die ihr wahres Gesicht zeigen”.
Baukran
Foto: Pixabay

“Das ist ein eklatantes Beispiel, wie Gesetze umgangen werden können!” Beim Heimatpflegeverband ist man auf 180, spricht von einem “Skandal in der grünen Wiese”. Am Dienstag hat die Landesregierung die Ausweisung einer Tourismuszone in Latsch genehmigt. Inmitten von Obstwiesen soll auf mehreren Tausend Quadratmetern ein Hotelneubau mit 140 Betten samt stattlicher Wellnes-Anlage entstehen. In Latsch selbst ist das Projekt umstritten. Vor allem die Bauern sind dagegen. Sie befürchten Beschwerden wegen Abdrift von Pflanzenschutzmitteln, Geruchs- oder Lärmbelästigung. “So wurde es auch vom Ortsbauernrat von Latsch und den bäuerlichen Vertretern im Gemeinderat gesehen indem diese sich gegen diese Bauleitplanänderung aussprachen”, weiß man beim Heimatpflegeverband.

Nichtsdestotrotz hat die Landesregierung der entsprechenden Bauleitplanänderung zugestimmt – mit der Auflage, dass eine drei Meter hohe Bepflanzung als Abgrenzung um den Hotelbetrieb angelegt wird. Die einzige Gegenstimme kam von Maria Hochgruber Kuenzer. Es ist nicht das erste Mal, dass die  Raumordnungslandesrätin als einzige gegen weitere Eingriffe in Natur und Landschaft stimmte – Beispiel Marinzen oder Feldthurns.
“Die Begehrlichkeiten auf Grund und Boden steigen, aber es ist unsere Verpflichtung, Maß zu halten, damit Freiflächen auch für die nächsten Generationen vorhanden sind.” Mit dieser Devise war Hochgruber Kuenzer ihr neues Amt angetreten – und findet sich damit immer öfter allein auf weiter Flur. Die Heimatpfleger sprechen der Landesrätin für ihre Haltung “Lob und Anerkennung” aus, während sie das Abstimmungsverhalten der übrigen Landesregierungsmitglieder im Falle von Latsch “aufs Heftigste kritisieren”.

 

Dass mit Latsch “ausgerechnet in der Heimatgemeinde des ehemaligen Urbanistiklandesrates” – die Heimatpfleger sprechen von Richard Theiner, dem “Vater” des neuen Raumordnungsgesetzes – ein weiterer Hotelbau mitten im Grün entstehen soll, nimmt man beim Heimatpflegeverband zum Anlass, harsche Kritik auszusprechen. In einer Aussendung heißt es:

“Mit dem Slogan ‘Innen flexibel und außen penibel’ hat der seinerzeit zuständige Landesrat für Raumordnung das neue Raumordnungsgesetzes, dem Land Südtirol und seinen Menschen als das zukunftsorientierteste Gesetz angepriesen. Unterstützt von den Mitschreibern des Gesetzes (Bauernbund, Tourismus etc.) wurde es dann schlussendlich auch mit einer denkbar knappen Mehrheit von der Südtiroler Landesregierung genehmigt.
Die unzähligen schriftlichen Eingaben mit konkreten Hinweisen auf Fehlentwicklungen und die fachlich untermauerten Verbesserungsvorschläge seitens des Heimatpflegeverbandes haben leider keinen Niederschlag im Gesetz gefunden. Auch der letzte Hilferuf mit dem Heimatpflege-Slogan ‘innen fatal und außen katastrophal’ ist ungehört geblieben.

Jetzt offenbart sich landauf, landab jedoch die prophezeite Realität (Feldthurns, Welschnofen, Latsch). Unsere Tourismustreibenden zeigen zum wiederholten Male ihr wahres Gesicht und nutzten noch schnell alle gesetzlichen Möglichkeiten, um ohne Rücksicht auf Natur, Umwelt, Mitwelt und Landschaft persönliches Kapital zu schlagen!

Dass durch das neue Raumordnungsgesetz, das erst 2020 in Kraft treten wird, der Zersiedelung, dem Bauen im Grünen, Neubauten mitten in den intensiv bewirtschafteten Obstanlagen weiterhin Tür und Tor geöffnet bleiben werden – wenngleich in etwas raffinierteren Art und Weise –, will man nach wie vor nicht wahrhaben.

Der Heimatpflegebezirk Vinschgau und der Heimatpflegeverband Südtirol haben öfters schon auf die durch das neue Raumordnungsgesetz vorprogrammierte ausufernde Bauspekulation und den unkontrollierten Bodenverbrauch im landwirtschaftlichen Grün hingewiesen. Für Betriebserweiterungen im Einklang mit dem Ortsbild und unter Einbeziehung der Ortsbevölkerung wird sich der Verband nicht querlegen.”

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Andreas gugger Do., 30.05.2019 - 15:56

Arbeitsplatze? kennen Sie sich im Vinschgau gut aus? dort finden sie keine lokalen Arbeiter. Steuergeld aus der Hotellerie? der war gut!

Do., 30.05.2019 - 15:56 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Do., 30.05.2019 - 18:04

Herr Kunze, oder wie auch immer,
schlecht finde ich z.B. dass die Politik mit dieser Methode Präzedenzfälle schafft, die das neue Gesetz total lächerlich machen, um nicht zu sagen unnütz.
Schlecht finde ich auch, dass die Politik eine 3 Meter hohe Bepflanzung vorschreibt, um vor was zu schützen?

Do., 30.05.2019 - 18:04 Permalink
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Hartmuth Staffler Do., 30.05.2019 - 19:02

Unser (ehemaligen) Landsleute in der Slowakei sind mir zwar sehr sympathisch, ich verstehe aber nicht, warum wir für sie immer noch weitere Arbeitsplätze schaffen müssen. Es wäre doch logischer, die dafür notwendigen Gelder in der Slowakei zu investieren und dort Arbeitsplätze zu schaffen.

Do., 30.05.2019 - 19:02 Permalink
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Papi llon Do., 30.05.2019 - 22:40

Nur ein paar hundert Meter weiter produziert ein Mann mit seiner Familie Tee und Kräuter auf biologische Weise. Aufgrund der strengen italienischen Auflagen musste er sein ganzes Anbaufeld unter Schutzplanen stellen. Beim Hotelbau sind sicher Gäste zu erwarten die sich ebenfalls der biologischen Idee offen gegenüber zeigen. Und da soll eine grüne Hecke mit einigen Metern vor Abdrift schützen. Die Gegenwehr im Gemeindeausschuss der Bauern scheint auf Sie zurückfallen und damit wiederum klarlegen welche Gifte ausgetragen und in Kauf genommen werden.

Do., 30.05.2019 - 22:40 Permalink
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Peter Gasser Fr., 31.05.2019 - 09:02

Antwort auf von Papi llon

ach kommen Sie, diese Selektivität in der Betrachtung der „Vergiftung“ der Umwelt wird langsam symptomatisch.
Ich habe einen Garten in der Nähe der Eppaner Straße und sitze dort gerne:
ich verlange jetzt von allen Angestellten, dass kein CO2, keine Stickoxyde und anderes „Gift“ von deren Autos, wenn sie anch Bozen in die Büros fahren, mehr in meinen Garten gelangt und auch kein CO2 und anderes von den Angestellten-Boznern, wenn sie am Wochenende mit ihren Autos ins Überetsch fahren. Ich stelle auch Messgeräte auf und gehe dann damit wöchentlich in die Presse. Ich verlange, dass dies abgestellt wird: meiner und aller anderen Gesundheit wegen...
Jene, welche mit ihrem eigenen Fahrzeug und ihrem Konsum tagtäglich die Luft weit mehr verpesten als die Bauern, beklagen sich ununterbrochen bei diesen. Ist das nicht absolut grotesk?

Fr., 31.05.2019 - 09:02 Permalink
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Sepp.Bacher Fr., 31.05.2019 - 12:11

Antwort auf von Peter Gasser

Nun währe interessant zu wissen, ob Sie den Standpunkt für Ihren Garten selbst ausgewählt haben, wohl wissend um die Verkehrsbelastung? Oder ob sie den Garten einfach geerbt haben? Dann macht ihre Haltung Sinn.
In Latsch gibt es noch keine vollendete Tatsachen. Also macht es Sinn, gegen etwas zu kämpfen, was man nachher nicht erleiden möchten. Es gibt aber "menefreghisti" und Masochisten, die lieber etwas ertragen, als gegen etwas zu kämpfen!

Fr., 31.05.2019 - 12:11 Permalink
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Papi llon Fr., 31.05.2019 - 23:05

Übrigens macht der von mir erwähnte Betrieb auch Führungen. Einfach mal einen Ausflug in den Vinschgau machen und die Probleme Anderer selbst anhören.

Fr., 31.05.2019 - 23:05 Permalink