Politik | Historisierung

Warten auf Hannah Arendt

Nach dem Siegesdenkmal kommt das Mussolini-Relief am Bozner Gerichtsplatz dran: Die Landesregierung setzt den Startschuss für eine weitere Historisierung in Bozen.

Seit Jahren versucht das Land, das von Hans Piffrader während der faschistischen Diktatur gefertigte Relief mit der Figur Benito Mussolinis hoch zu Ross auf dem Bozner Gerichtsplatz zu entschärfen. Ein Vorhaben, das nach vielen bürokratischen und politsichen Hindernissen endlich näher zu rücken scheint. Schubkraft gab der Landesregierung nun ein Brief aus Rom , in der ihr volle Unterstützung bei der Historisierung zugesichert wird - und zwar sowohl von Kulturminister Dario Franceschini sowie Wirtschafts- und Finanzminister Pier Carlo Padoan als "Hausherren" im Bozner Finanzamt, wie Landeshauptmann Arno Kompatscher am Dienstag erklärte. 

Dank des Rückenwinds aus Rom konnte die Landesregierung nun den Startschuss für die Planung der Historisierung geben: Betraut wird damit die Landesabteilung Hochbau. Als Gegengewicht zum faschistischen Relief soll bekanntlich das Hannah Arendt-Zitat "Niemand hat das Recht zu gehorchen" installiert werden - voraussichtlich mit an Stahlseilen angebrachten Metalllettern. "Dazu sehen wir natürlich auch Informationsmedien vor, die den geschichtlichen Kontext des Reliefs erklären", sagte Kompatscher. Begleitet werden soll der Umgestaltungsprozess des Reliefs durch die  Expertenkommission, die schon für das Dokuzentrum unter dem Siegesdenkmal verantwortlich gezeichnet hat. nun auch den Prozess zur Umgestaltung des Reliefs begleiten wird. Am Ende der nun anstehenden technischen Umsetzung wird der Antrag um eine Ausstellung der Baukonzession an die Gemeinde Bozen stehen. 

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andrew_catalan… Di., 30.09.2014 - 17:35

Einfach nur peinlich...Historisiert wird hier gar nichts, ganz einfach weil ein Faschismus-verherrlichendes Relief nicht historisierbar ist. Man will einfach den Abriss dieses Schande-Reliefs weiterhin verhindern.

Di., 30.09.2014 - 17:35 Permalink
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Harald Knoflach Di., 30.09.2014 - 19:54

sehr interessante analyse:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13495408.html

"Die Bauten der NS-Epoche seien nicht auf dem Normalweg zu historisieren.

Was dann? Abreißen? Verfallen lassen? Oder doch behalten, aber wie? Das eine scheint so falsch wie das andere:

Abriß hieße Verdrängung, wäre ein später, ziemlich lächerlicher Versuch, Spuren der Geschichte und mit der Substanz auch Anschauungsmaterial zu beseitigen;

Erhaltung und Nutzung könnten Anerkennung und Identifikation bedeuten, mithin als ein Zeichen gelten, daß mit der Begnadigung seiner Bauten auch der Nationalsozialismus aus der Verurteilung entlassen und wieder gesellschaftsfähig sei;

hingenommener oder gar inszenierter Verfall könnte Ruinenromantik aufkommen lassen (die Hitler und Speer bei ihren Planungen einkalkuliert hatten).

Alle Diskussionen enden in Ratlosigkeit, zeigen das Dilemma: Auch diese Generation weiß keine einleuchtende Lösung der Frage - zumal die Denkmalpflege mittlerweile die meisten der Bauten, vorsorglich, unter ihre Fittiche genommen hat."

Di., 30.09.2014 - 19:54 Permalink
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klemens hacht Do., 02.10.2014 - 02:33

Antwort auf von Harald Knoflach

der erste schritt einer "historisierung" könnte vielleicht die entdämonisierung sein, nämlich dass man erkennt, dass in einem gebäude oder einem kunstwerk nicht irgendwas "böses" per se eingeschrieben sein kann, weswegen dessen vernichtung auch gerechtfertigt wäre. das wäre ein enormer erkenntnistheoretischer schritt. jedes kunstwerk, jedes bauwerk hat mindestens zwei ausdruckssprachen: eine kontextbezogene in seiner historischen zeit und eine zeitgenössische betrachtungsweise, einbezogen in der geschichtlichen und kunstgeschichtlichen verwebung. das bedeutet im weiteren sinne, dass jedes bauwerk an sich schon historisiert ist, wenn ich mit geeigneter information ein gebäude geschichtlich verorten und somit dessen "botschaft" letzlich nur! in der geschichte legitimieren kann. interressant finde ich ja, dass sich eine kunstform sich völlig dieser diskussion entzieht, nämlich die filmkunst. gewisse filme von leni riefenstahl liefern eindeutig mehr sprachbotschaften eines "nationalsozialistischen lebensgefühl" als jedes gebäude aus faschistischer zeit. trotzdem denkt niemand an ein verbot oder zerstörung dieser filme, im gegenteil, ein grosser teil dieser ästhetik wird standard in der populärkultur und niemand stösst sich daran. das zeigt eben, eine verschobene kontextualität historisiert jedes kunst/bauwerk ab dem zeitpunkt seiner entstehung. eine dämonisierung hingegen würde der "alten" philosophie der immanenten eindeutigkeit der symbolkraft von bauten, kunstwerken und zeichen nur aufwind geben. diese art des denkens und der mechanismus der politischen instrumentalisierung von symbolen ist sogar die grösste falle, die uns die nazis über ihren geschichtlichen fortbestand hinaus gestellt haben, denn immerhin haben sie die swastika völlig "umgedeutet" und das mit einer grotesken beliebigkeit.

Do., 02.10.2014 - 02:33 Permalink
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Profil für Benutzer tom tuli
tom tuli Mi., 01.10.2014 - 23:50

Die jüdin hannah arendt wird froh sein,dass sie für die weitere huldigung eines "denk"mals herhalten darf.svp und grüne sind nicht mehr zu retten.vom pseudolinken pd (wo auch einige postfascios) kann man sich nichts erwarten, svpund grüne sind nur antinaziparteien, faschismus ist ja harmlos,wie wir alle wissen.unsre vorfahren werden es uns danken.:-)) lass hirn vom himmel fallen!

Mi., 01.10.2014 - 23:50 Permalink