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Carlo costa!

Carlo Costa ist einer der mächtigsten Italiener in Südtirol. Er sammelt Ämter, Funktionen und Entschädigungen. Über 400.000 Euro verdient er jährlich dabei. Ein Porträt.
Carlo Costa
Foto: Screenshot/Youtube
Es sind vier Männer, die am Tisch sitzen. Zwei Wochen lang haben die SVP und der PD zuvor verhandelt. An diesem 30. Dezember 2013 unterschreibt das Quartett das Koalitionsprogramm für die Landesregierung in den Jahren 2014 bis 2018.
Auf dem Abkommen stehen vier Unterschriften. Neben dem damaligen Parteiobmann Richard Theiner unterzeichnet für die SVP der frischgebackene Landeshauptmann Arno Kompatscher. Für den Koalitionspartner PD setzt Parteisekretär Antonio Frena seine Unterschrift. Frena ist heute vor allem wieder Chirurg am Bozner Landeskrankenhaus. Aus der Politik hat er sich mehr oder weniger zurückgezogen.
Für den PD steht aber noch ein zweites Signum auf den Abkommen. Es ist die Unterschrift von Carlo Costa. Costa war damals Vorsitzender des PD-Brixen und Vorsitzender der PD-Landesversammlung.
Carlo Costa ist jener Mann, der heute wie damals die Fäden im Südtiroler PD zieht. Eben erst hat er de facto Alessandro Huber zum neuen PD-Landessekretär gemacht. Wer im Südtiroler PD offen gegen Costa auftritt, kann sich gleich ein andere Partei suchen.
Denn der politische Einflussbereich Costas reicht dabei weit über Südtirol hinaus. Offiziell als Delegierter in der Nationalversammlung des PD, wurde er von Matteo Renzi im vergangenen Mai als sein „Südtirolberater“ ernannt. Immer dann, wenn eine nationale PD-Größe nach Südtirol kommt, ist Carlo Costa in ihrer Nähe.
 
Wer aber ist dieser 52jährige Brixner Bauingenieur? Wer ist dieser Mann, der sich auf der Überholspur des Lebens zu befinden scheint? Und deshalb auf der irdischen Autobahn schon mal zu arroganter Selbstjustiz greifen muss, wobei er es schafft sich in den Medien und in der hohen Politik auch noch als Opfer darzustellen?
Carlo Costa ist einer der mächtigsten - wenn nicht der mächtigste - Italiener in diesem Land. Der smarte Manager hat sich in Politik, Wirtschaft und Finanzwesen ein Netzwerk aufgebaut, das bestimmend in diesem Land ist.
Und das ihn so ganz nebenbei auch reich macht.
 

Die Autobahn

 
Carlo Costa hat 1991 an der Universität Bologna den Studiengang „ingegneria civile - indirizzo trasporti“ abgeschlossen. Nach einem kurzem Intermezzo in der Privatwirtschaft landet der gebürtige Brixner 1995 bei der Brennerautobahn AG.
Anfänglich Projektant, Sicherheitskoordinator und Bauleiter, steigt er schon bald zum stellvertretenden technischen Direktor auf. 2006 wird Costa technischer Direktor der Brennerautobahn und erhält im Laufe der nächsten Jahre immer mehr Zuständigkeiten. Seit 2011 ist er „Procuratore speciale“ und ab 2012 auch „Sostituto amministratore delegato“ der Autobahngesellschaft.
Vor allem aber bekleidet Carlo Costa seit gut sechs Jahren das Amt des „Technischen Generaldirektors“.
Was darunter zu verstehen ist, steht in der offiziellen Stellenbeschreibung der Brennerautobahn AG. Demnach ist Carlo Costa:
 
„Direttore tecnico generale, progettista, ingegnere capo, responsabile del procedimento; direttore area mobilità (Centro Assistenza Utenza; Centri di Sicurezza Autostradale), area progettazione, direzione lavori e impianti tecnologici, area ispezione e manutenzione, servizio sicurezza, qualità, innovazione, servizio affari generali tecnici (contabilità lavori, gare d’appalto, contratti, autorizzazioni e subappalti), informatica e reti, controllo e statistica.“
 
Allein die Fülle der Bereiche, die der technische Generaldirektor zu bewältigen hat, wäre für jeden Normalsterblichen eine Mammutaufgabe.
Zudem sitzt Costa auch im Verwaltungsrat von zwei Tochterunternehmen der Autobahn. In der „Autostrade Regionale Cispadana SPA“ ist er Mitglied des Vollzugsausschusses und beauftragter Verwalter. Ebenso sitzt der Ingenieur im Verwaltungsrat der „Autostrada Campogalliano Sassuolo SPA“.
Für seine Arbeit erhält Carlo Costa von der Brennerautobahn eine Jahresentschädigung von 222.862,16 Euro. 
Laut Auskunft des Arbeitgebers als „imponibile IRPEF“, also nach Abzug der Sozialbeiträge zu Lasten des Arbeitnehmers, die in der Regel etwa 9 Prozent  ausmachen. Es ist somit davon auszugehen, dass das Bruttogehalt um die 240.000 Euro beträgt.
Doch das ist gewissermaßen nur sein Brotberuf.
 

Die Bank

 
Am 31. Mai 2011 nominiert die Südtiroler Landesregierung Carlo Costa zum neuen Vizepräsidenten der Stiftung Sparkasse. Das Duo Gerhard Brandstätter/Carlo Costa leitet drei Jahre lang die Stiftung, um im April 2014 dann in die Bank zu wechseln. Brandstätter wird Präsident und Costa Vizepräsident der Südtiroler Sparkasse. Wenig später übernehmen beide auch die Spitze der Sparkassentochter „Sparim AG“.
Carlo Costa ist auch heute noch (bis April 2019) Vizepräsident der Sparkasse und Vizepräsident der Sparim AG. Im Jahr 2015 erhielt der Ingenieur von der Sparkasse eine Vergütung von 85.270 Euro (ohne Sitzungsgelder) und von der Sparim AG von 15.465 Euro.
 
In einem Akt der Solidarität mit den Angestellten kürzte sich der Verwaltungsrat der Sparkasse ab 1. Juli 2016 die eigene Vergütung um 5 Prozent. Deshalb erhielt Carlo Costa im abgelaufenen Jahr als Vizepräsident der Sparkasse nur mehr 78.000 Euro. Auch in der Tochter Sparim wurden die Bezüge gekürzt. Mit einer Ausnahme, jener des Vizepräsidenten. Diese fiel 2016 sogar noch höher als im Jahr zuvor aus: 17.995 Euro.
Demnach erhielt Carlo Costa 2016 in der Sparkasse ein Entgelt von 95.995 Euro. Rechnet man die Sitzungsgelder (155 Euro pro Sitzung dazu), dürfte der Brixner Ingenieur in der Bank auf rund 100.000 Euro im Jahr kommen.
 

Brixen-Parma

 
Seit vielen Jahren läuft die gesamte Software und Datenverarbeitung der Sparkasse über die „Cedacri SPA“. Das 1976 in Collechio bei Parma gegründete Unternehmen ist ein Branchenriese in der Entwicklung und Wartung von Software sowie in der Datenverarbeitung für Banken und Finanzdienstleister. Das Unternehmen mit rund 1.500 Mittarbeitern erwirtschaftete 2016 einen Umsatz von 255 Millionen Euro und einen Gewinn von 12,8 Millionen Euro.
Die Cedacri SPA gehört 20 Banken aus ganz Italien. Unter den Aktionären ist auch die Südtiroler Sparkasse. Sie hält zwar nur 6,49 Prozent, ist damit aber immerhin der siebtgrößte Aktionär.
Carlo Costa hat sich zwischen Politik, Wirtschaft und Finanzwesen ein Netzwerk aufgebaut, das bestimmend in diesem Land ist. Und das ihn so ganz nebenbei auch reich macht.
Der Verwaltungsrat der Cedacri hat 19 Mitglieder. Für die Sparkasse sitzt auch hier Carlo Costa im Verwaltungsrat. Weil die Cedacri-Verwaltungsräte dieses Amt alle als Delegierte ihrer Bank ausüben, sind keine weiteren Entschädigungen dafür vorgesehen.  So steht es in der Bilanz des Unternehmens und so wird es auch in der Sparkasse kolportiert.
Was aber selbst in der Bank nur wenige wissen: Carlo Costa ist in Parma nicht nur ehrenamtlich tätig. Denn die Cedacri SPA hat vier Konzerntöchter. Eines der Tochterunternehmen ist die „SIgrade SPA“. Von der Cedacri 2011 aufgekauft, hat der Bankensoftware-Spezialist heute 110 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von rund 10 Millionen Euro.
Im Juli 2015 wurde Carlo Costa nicht nur in den Verwaltungsrat der Sigrade SPA entsandt, er ist seitdem auch Verwaltungsratspräsident und rechtlicher Vertreter des Unternehmens. 2016 erhielt er für diese Aufgabe eine Vergütung von rund 47.000 Euro.
Carlo Costa ist in Brixen aufgewachsen und wohnt auch heute noch dort. Auch in seiner Heimatstadt bekleidet der Multifunktionär ein öffentliches Amt. Costa ist seit vielen Jahren Verwaltungsrat und Vizepräsident der Brixner Stadtwerke. Am 31. Mai 2017 wurde Costas Amt für weitere drei Jahre verlängert. Hier ist die Entschädigung für den Ingenieur im Vergleich eher bescheiden: 12.757,68 Euro erhält Costa jährlich für dieses Mandat.
 

Problematische Ämterhäufung

 
Technischer Generaldirektor der Brennerautobahn. Mitglied im Verwaltungsrat von sieben (Groß)Unternehmen. Einmal Verwaltungsratspräsident und drei Vizepräsidentschaften in Verwaltungsräten.­ Darunter in der größten Südtiroler Bank. Bevollmächtigter Verwalter in mehreren Gesellschaften. Dazu noch Regisseur im Südtiroler PD und persönlicher Berater des Regierungschefs in spe Matteo Renzi.
Eigentlich eine übermenschliche Aufgabe. Für Carlo Costa anscheinend nicht.
Wobei es eine problematische Grundsatzfrage gibt.
Carlo Costas Hauptberuf ist jener bei der Brennerautobahn. Er erhält dort eine Vergütung, die jener von Landeshauptmann Arno Kompatscher gleichkommt.
Kann der technische Generaldirektor einer öffentlichen Gesellschaft in all diesen Ämter sitzen und durch Nebentätigkeiten fast 200.000 Euro im Jahr verdienen?
Die Brennerautobahn AG ist derzeit ein Privatunternehmen, das mehrheitlich der öffentlichen Hand (der Region, den Ländern Südtirol und Trentino und den Gemeinden Bozen und Trient) gehört.
Die jetzt mit Rom ausgehandelte Konzessionserneuerung sieht aber vor, dass die privaten Teilhaber 2018 aus der Gesellschaft aussteigen und die „Brennerautobahn AG“ in eine öffentliche Inhouse-Gesellschaft umgewandelt wird.
Damit aber stellt sich eine einfache Frage: Kann der technische Generaldirektor einer öffentlichen Gesellschaft in all diesen Ämtern sitzen und durch Nebentätigkeiten fast 200.000 Euro im Jahr verdienen?
Die Antwort auf diese Frage ist einfach: Wenn dieser Jemand Carlo Costa heißt, dann darf er das.
 

Der Wohltäter

 
So jedenfalls lautet die amtliche Interpretation.
Der freiheitliche Landtagsabgeordnete Walter Blaas hat im Frühjahr 2016 im Regionalrat genau diese Frage aufgeworfen. Darf Carlo Costa in allen diesen Ämtern und Positionen sitzen?
Die Antwort des Trentiner Landeshauptmannes und damaligen Präsidenten der Region Ugo Rossi (PATT) klingt wie ein Belobigungsschreiben eines Parteifreundes:
 
Ing. Carlo Costa übt seine Tätigkeit als Technischer Generaldirektor bei der Brennerautobahn AG in Vollzeit und gemäß den vertraglichen Verpflichtungen aus. Seiner Arbeit geht Ing. Costa mit vollem Engagement und über die normale Arbeitszeit hinaus nach und es wurden noch nie Mängel oder Unstimmigkeiten festgestellt. Seine mehrmals bewiesene fachliche Kompetenz wird vom Unternehmen sehr geschätzt. Es wird hervorgehoben, dass Ing. Costa als Planer der Arbeiten, der Dienste und der Lieferungen des Unternehmens unter anderem auch die entsprechenden Projekte mit seinem Berufsstempel und seiner Unterschrift unterzeichnet, ohne dafür eine zusätzliche Provision oder Zulagen zu erhalten, also ohne dass zusätzliche Kosten zu Lasten des Unternehmens entstehen. Die Autobahngesellschaft zieht demnach auch einen großen wirtschaftlichen Vorteil aus seiner Tätigkeit.“
 
Dann kommt Rossi zum Kern der Frage. 
 
Bezüglich der externen Tätigkeiten wird darauf hingewiesen, dass Ing. Costa diese ausschließlich außerhalb des Arbeitsumfeldes ausübt. Um dies zu ermöglichen, und wenn sich die mit den zwei unterschiedlichen Aufträgen zusammenhängenden Aktivitäten überschneiden, greift Ing. Costa auf die ihm zur Verfügung stehenden Urlaubstage oder -stunden zurück, wie vom Vertrag vorgesehen.
 
Demnach gibt es Führungskräfte, die in ihrer Freizeit und im Urlaub mehr als ein Abgeordneter im Südtiroler Landtag verdienen.
Vor soviel Größe muss man den Hut ziehen.
Bild
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alfred frei Fr., 01.12.2017 - 09:52

Nach der Wahl von Alessandro Huber zum neuen PD-Landessekretär wurde anscheinend aus voller Kehle "Bandiera rossa - avanti popolo con la riscossa" gesungen. Man weiß nicht immer genau was man will, aber wo man hingehört, ist manchmal ein Anfang.

Fr., 01.12.2017 - 09:52 Permalink