Gesellschaft | Schulstart

“Wir haben weiter Zweifel und Sorgen”

Über 1.000 Eltern fordern von Politik und Verwaltung “ein schlüssiges, verbindliches Konzept für einen konstanten Präsenzunterricht” in den Oberschulen.
Scuola, Bolzano
Foto: Comune Bz

Sie haben sich dieses Monat schon einmal zu Wort gemeldet. Nun wenden sich die “Eltern-Lobby der vergessenen Oberschüler*innen” erneut an den Landeshauptmann, die zuständigen Beamten der Bildungswelt, den Landesbeirat der Schüler und der Eltern und die Direktorenvereinigung. Über 1.000 Unterschriften haben die Initiatoren – eine Gruppe Südtiroler Eltern von Oberschülern – in den vergangenen Wochen gesammelt, um mit Nachdruck die Forderung zu wiederholen, “die Interessen der Jugendlichen nicht weiter zu ignorieren und wirtschaftlichen Interessen zu opfern”. Konkreter Anlass ist der Schulstart am 7. Jänner 2021. Dann sollen auch die Oberschüler in den Präsenzunterricht zurückkehren. Zu 75 Prozent. Das hat die Landesregierung vergangene Woche beschlossen. Und die Bildungslandesräte halten daran fest – trotz den Vorgaben aus Rom, laut denen Präsenzunterricht bis 15. Jänner nur zu 50 Prozent stattfinden wird.

Doch viele  Eltern vermissen weiterhin Verbindlichkeit. “Die kürzlich getroffene Regelung in der Landesverordnung ist ein Schritt in die richtige Richtung – auch wenn die Landesregierung es leider unterlassen hat, den Präsenzunterricht an den Oberschulen zu 75 Prozent als Garantie für die Schüler*innen zu formulieren und sich auf eine ‘Maximal-75 Prozent-Regelung’ beschränkt hat”, meinen Margit Tauber und Eva Maria Moar im Namen der “Eltern-Lobby”.

Bezüglich der Schulen herrsche “weiterhin große Unsicherheit”, schreiben die beiden Mütter, “so dass unsere Zweifel und Sorgen weiterhin bestehen und unsere Forderungen nach wie vor aktuell bleiben”. Diese Forderungen – samt der über 1.000 Unterschriften – sind auf 53 Seiten festgehalten:

“Sehr geehrte Damen und Herren,

in keinem anderen Land in Europa waren die Oberschulen wegen der Covid-19-Pandemie so lange geschlossen wie in Südtirol. Seit mehr als neun Monaten sind die Oberschüler*innen nun schon im sogenannten Fernunterricht. Sie durften in dieser Zeit nur etwa 20 Tage in Präsenz an den Schulen verbringen – weil die Landesregierung im Herbst beschlossen hatte, strengere Regeln als in Restitalien anzuwenden. Der Zeitraum der Isolation der Oberschüler*innen wird bis zu der möglichen Öffnung der Schulen Mitte Januar sogar mehr als zehn (!) Monate betragen. Und selbst jetzt wird von der Landesregierung noch keine eindeutige Garantie für die Rückkehr in einen Präsenzunterricht gegeben.

Es muss endlich anerkennend festgestellt werden, dass die Oberschüler*innen im Sinne einer gemeinsamen Verantwortung für die Gesellschaft, ihren Beitrag zur Pandemiebekämpfung erbracht haben. Offenkundig hat sich trotz dieser Opfer und Einschnitte in die Bildungsrechte der Kinder und Jugendlichen der Pandemieverlauf in Südtirol nicht eindämmen lassen. Dies legt den Schluss nahe, dass die kontinuierliche Schließung der Oberschulen weder ein geeignetes oder verhältnismäßiges noch angemessenes Mittel zur Eindämmung des Pandemiegeschehens war und ist.

In Hinblick auf das weitere Geschehen nach den Weihnachtsferien fordern wir daher, dass die Landesregierung:

  • den Präsenzunterricht an den Oberschulen ab 7. Januar 2021 mindestens zu 75% und mit vollem Stundenplan garantiert
  • in Zukunft nicht strengere Regelungen als im restlichen Italien einführt
  • nie wieder reflexhaft als erste Maßnahme und zu Lasten der Kinder und Jugendlichen die Schulen schließt, sondern nur punktuell angemessene Maßnahmen ergreift
  • die notwendigen finanziellen Mittel nun auch für Kinder und Jugendliche zur Verfügung stellt, insbesondere um den sicheren Transport der Schüler*innen ab 7. Januar 2021 ohne weitere Verzögerungen zu gewährleisten: Potenzierung der Schulbusse
  • weiteres Lehrpersonal einstellt, um den vollen Stundenplan zu gewährleisten; das sogenannte Selbstorganisierte Lernen, wie die Stundenkürzungen (!) beschönigend genannt werden, stellt keinen Unterricht dar und widerspricht dem Bildungsauftrag, den die öffentliche Hand hat
  • transparent kommuniziert und nachvollziehbar erklärt, warum bestimmte Maßnahmen getroffen werden – es entbehrt jeglicher Grundlage, die Schulschließungen mit den vermeintlich hohen Ansteckungszahlen zu begründen, wenn diese Zahlen nicht im Gesamtkontext des allgemeinen Pandemiegeschehens betrachtet werden; Zahlen ohne jeglichen Zusammenhang tragen dazu bei, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, die Schulen wären Hotspots der Pandemie
  • sich klar dazu bekennt, dass die Jugendlichen nicht ein zweites Bildungsjahr verlieren dürfen und dies bei der Prioritätensetzung von weiteren Maßnahmen beachtet

Wir, die Eltern-Lobby der vergessenen Oberschüler*innen, fordern ein schlüssiges, verbindliches Konzept für einen konstanten Präsenzunterricht. Sollte das Pandemiegeschehen erneute Maßnahmen erfordern, so müssen diese auf dem Prinzip des milderen Mittels beruhen. Landesweite Schulschließungen dürfen nur dann erfolgen, wenn andere Eindämmungsmaßnahmen nicht erfolgreich sind.”

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Harry Dierstein Mi., 30.12.2020 - 15:24

Es fehlt folgende Anklage im Brief:

Die Schulen habe im Sommer einen unfassbar hohen personellen und organisatorischen Aufwand betrieben, um "Schule unter CoVid-Bedingungen" zu ermöglichen! Die Direktionen haben hierbei eine großartige Leistung erbracht.

Sie haben in den Schulen unterschiedliche Eingänge für unterschiedliche Schülergruppen organisiert. Sie haben komplizierte, zeitversetzte Stundenpläne kreiert. Sie haben neues Mobiliar beschafft, alle Klassenzimmer ausgemessen, überall Bodenmarkierung für die Schülertische angebracht und damit für alles gesorgt, damit die Abstände ordentlich eingehalten werden können.

Sie haben Masken und Desinfektionsmittel organisiert und verteilt. Sie haben in meinen Augen alles richtig gemacht und alles dafür getan, dass ein hundertprozentiger Präsenzunterricht möglich gewesen wäre!

Dass Ihnen der -völlig banale- Schülertransport ihre Bemühungen zerstört hat und die Schüler wieder in den furchtbaren Fernunterricht zwang, war völlig absurd und an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten.

Wir wussten alle, dass eine zweite Welle kommen wird und es war allen klar, dass der Schülertransport wieder als Flaschenhals für ein Problem sorgen wird.

Achammer und Alfreider hätten über den Sommer viel Zeit gehabt, um den Schülertransport für den Herbst irgendwie zu verdoppeln. Dann hätten wir seit September 2020 dauerhaft auch alle Oberschüler wieder in der Schule und könnten endlich wieder vernünftig unterrichten.

Was wurde denn jetzt unternommen, um die Schülertransporte zu verdoppeln? Wurde zusätzliche Busse beschafft? Neue Fahrer angestellt? Firmen (z. B. KSM etc.), die wegen der Pandemie im Finanzausgleich sind und Arbeitslosigkeit beklagen, beauftragt mitzuhelfen?

Was haben Alfreider und Achammer eigentlich bislang geleistet, um den Flaschenhals Schülertransport bis zum 07.01.2021 ENDLICH zu lösen?

Mi., 30.12.2020 - 15:24 Permalink
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Klemens Riegler Mi., 30.12.2020 - 23:16

Da ist er wieder dieser böse, zynische Schreiberling der einfach nicht verstehen will.
"Über 1.000 Eltern fordern von Politik und Verwaltung ein schlüssiges, verbindliches Konzept für einen konstanten Präsenzunterricht in den Oberschulen". Offene Fragen dazu:
- Welcher Sektor weiß derzeit was in einer Woche bzw. nach dem 7. Jänner los ist? Jede Entscheidung von Heute ist übermorgen unter diesen Umständen vielleicht schon wieder Geschichte. Niemand weiß schließlich welche Regeln am 7. oder am 20. Jänner gelten; Kein Skilift, kein Hotel, keine Bar, kein Hudern-Händler und keine Schönheitspflegerin. Einzig die Diskotheken, die Konzert- und Kulturveranstalter, die Event- und Freizeitdienstleister und die Kulturschaffenden wissen, dass ihr "Corona-Urlaub" noch lange nicht vorbei ist.
- Warum müssen nach wie vor die Eltern fordern? Warum hört man von den betroffenen (fast volljährigen und "reifen") "Kindern" wenig bis gar nichts?
- "transparent kommuniziert und nachvollziehbar erklärt, ..." ist der Spruch all jener die von irgend einer Maßnahme betroffen sind. Ist doch logisch! Was sollte ein Moser, Pinzger und jetzt auch noch die Eltern-Lobby sonst sagen?
- Ach ja, ich fordere von der Eltern-Lobby eine Erklärung was das Virus daran hindern sollte durch das Tor im Schulhof zu marschieren. Bleibt es lieber im Schulbus? p.s. Es gibt nur wenige Studien die belegen, dass Infektionen an Schulen nicht stattfinden. Noch wenigere belegen die Ansteckungen in Schulbussen. Aus meiner Sicht natürlich trotzdem problematisch.
- Eltern-Lobby? ... warum eigentlich nicht Oberschüler-Lobby? ... oder haben doch die Eltern das Problem?

Mi., 30.12.2020 - 23:16 Permalink
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Sepp.Bacher Do., 31.12.2020 - 10:02

Antwort auf von Klemens Riegler

Ich denke, es ist gut, wenn es beide sind: die Oberschüler/innen und die Eltern. Der Vorsitzende des Landesschülerbeirates Ivan Gufler hat wohl auch vor nicht langem auf salto seine Forderungen vorgebracht. Ich lese letzthin auch Stellungnahmen von Lehrpersonen. Die Schule als Gesamtheit würde durch den Landesschulrat vertreten. Vom Landesschulrat und vom Landeselternrat vernimmt man aber nichts. Die Frage ist aber auch, welches Gewicht die Schullobby im Vergleich zu den Verbandslobbys hat? Welche Druckmittel haben sie wirklich?

Do., 31.12.2020 - 10:02 Permalink