Gesellschaft | Bildung

Lichtblick im neuen Schuljahr

Mit dem neuen Lernbereich „Gesellschaftliche Bildung“ werden im kommenden Schuljahr Themen wie Politik, Kultur, Umwelt und Gesellschaft auf schulischer Ebene bestärkt.
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Kind liest in Buch
Foto: Pixabay

Demokratiekritik, Politikverdrossenheit und die Relativierung grundlegender demokratischer Werte begleiten unsere Gesellschaft in der Rezeption von politischen Prozessen. Dabei wird die enorme Bedeutung jener Werte bewusst als auch unterbewusst untergraben. Zentral für die erfolgreiche Sensibilisierung einer Gesellschaft mit jenen Prinzipien sollte die im Bildungsbereich verankerte Aufgabe der Auseinandersetzung mit politischen sowie verfassungsrechtlichen Inhalten sein. Ein Lichtblick bildet dabei der im kommenden Schuljahr 2020/21 neue fächerübergreifende Lernbereich „Gesellschaftliche Bildung“ („educazione civica“).

Das Gesetz Nr. 92 vom 20. August 2019 legt die Einführung des Schulunterrichts der „Gesellschaftlichen Bildung“ fest, womit primär folgende Ziele angestrebt werden: die Erziehung zu verantwortungsvollen und aktiven Bürgerinnen und Bürgern, Kenntnisse der italienischen Verfassung und der Institutionen der Europäischen Union, digitale Kompetenzen, Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit, sowie der Schutz der Gesundheit und des persönlichen Wohlbefindens. Die umfangreichen Inhalte dieser Zielsetzungen sollen in mindestens 33 Schulstunden pro Schuljahr behandelt werden. Bisher war die Auseinandersetzung mit den genannten Themen auf schulischer Ebene, und dies erlaube ich aus eigener Erfahrung mitzuteilen, vor allem von den jeweiligen Schulen und den Lehrpersonen abhängig. Dies hatte zur Folge, dass sich Schülerinnen und Schüler bis zur Matura oftmals kaum mit politischen Strukturen und gesellschaftsbezogenen Inhalten beschäftigten und dementsprechend kein Interesse dafür entwickelt wurde.

Dabei ist es von maßgebender Bedeutung, eine Gesellschaft bereits im Kindes- und Jugendalter für Themen wie Demokratie, Politik, Umwelt, Kulturbewusstsein, Digitalisierung u. a. zu sensibilisieren und die persönliche Meinungsbildung zu fördern. Uninformierte Bürgerinnen und Bürger sind umso beeinflussbarer in ihrer Meinung und anfälliger für die Aufnahme populistischer Ansätze. Besonders in einer vernetzten und digitalisierten Welt verbreiten sich Falschmeldungen und irrationale Äußerungen wie ein Lauffeuer, wobei das Hinterfragen jeglicher Information aus dem Netz allzu oft zu kurz kommt. Ergo ist es ratsam, im nächsten Schritt auch Medienbildung in das Schulcurriculum einzubinden, um Kindern und Jugendlichen vor allem die in sozialen Medien anzutreffenden Gefahren von Falschinformationen vor Augen zu führen und den Weg zur eigenständigen und korrekten Rezeption jener Inhalte aufzuzeigen.

Die frühe Auseinandersetzung mit politik- und gesellschaftsbezogenen Inhalten sollte insbesondere auch die Grundlage der Identifikation mit demokratischen Werten bilden. Damit soll konstruktive Systemkritik keineswegs außen vor gelassen werden, denn sie ist maßgeblich für die Weiterentwicklung eines jeden politischen Systems. Vielmehr gilt es, durch „Gesellschaftliche Bildung“ die demokratische Konsolidierung in keinster Weise als selbstverständlich zu betrachten und die Gefahr eines Rückschritts zu autoritären Systemen beispielsweise zu veranschaulichen. Denn um die Welt, in der wir leben, voranzubringen, ist das Wissen über ihren gegenwärtigen Zustand vorauszusetzen. Obwohl der Unterricht der „Gesellschaftlichen Bildung“ mit dem Schulbeginn in der nächsten Woche erst ihren Anfang nimmt, sollte sich dieser Lernbereich als wesentliche Bereicherung des Bildungssystems beweisen.