Kultur | Salto Weekend

Edle Hirschen und Hundmeuten mit Herz

„Mensch und Jagd in Alttirol“ auf Schloss Runkelstein vermittelt spannende Einblicke in die Geschichte des Jagens.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Georg Wachter, Der Wildschütz

salto.bz: Die mittelalterlichen Fresken im Turniersaal von Schloss Runkelstein zeigen einen einzigartigen Jagdzyklus. Was erzählen die Darstellungen über die damaligen Jagdtechniken und haben sie auch allegorische Bedeutung?

Florian Hofer: Die um 1400 im Auftrag der Bozner Kaufmannsfamilie der Vintler entstandenen Malereien im Turniersaal von Schloss Runkelstein zeigen Szenen zu höfischem Zeitvertreib und. Diese Bilder zeigen die Jagd auf den Hirsch und den Keiler, eine Bärenhatz, die Jagd auf Steinböcke und Gämsen, sowie den Fischfang. Einerseits sind diese Malereien, die zwar eingebettet sind in Fantasielandschaften, absolut realistisch in ihrer Darstellung von Jagdtechniken und den dabei verwendeten Waffen, wie der Saufeder oder den Fangnetzen, andererseits sind es Allegorien von Minne und Liebe. Niklaus und Franz Vintler, die selbst nicht dem Adel entstammten, erschufen sich hier einen höfischen Kosmos zwischen idealisiertem adeligem Zeitvertreib, wie der Jagd oder dem Turnier und mittelalterlichen Idealbildern von Tugend, Liebe und Lust. Dabei handelt es sich um die ganz typischen Freuden der ritterlich-höfisch gesinnten Gesellschaft. Solche Anspielungen waren in der damaligen Literatur gängig und gehörten zum Allgemeingut. So z.B. im um 1350 von Hadamar von Laber verfassten Gedicht „Minnejagd“, bei der das männliche Ich als Jäger einen edlen Hirsch verfolgt, der allegorisch die Frau darstellt. Die Jagdaktion erfolgt mit Hilfe einer Hundemeute. Der Leithund steht für das Herz des männlichen Jägers. Die übrigen Hunde stellen allegorisch die weiteren Eigenschaften des Jägers dar, z.B. Treue, Mut und Willenskraft.

 

In der Ausstellung „Mensch und Jagd in Alttirol“ spüren Sie den gesellschaftlichen Funktionen der Jagd nach. War das Jagen damals bereits eine Art Freizeitbeschäftigung?

Die Jagd diente seit jeher nicht allein der Nahrungsbeschaffung, dazu kommt eine gesellschaftliche Komponente, die sich vor allem seit dem Mittelalter verdeutlicht zeigt. Nur wenige Privilegierte hatten überhaupt das recht zu jagen und das Recht bestimmte Arten von Wild zu jagen. Der Adel behielt sich beispielsweise die Jagd auf das Hochwild vor, was nicht zuletzt mit dem Stellenwert einzelner Tierarten aus symbolischer und mythologischer Sicht zu tun hat und mit der besonderen Herausforderung der Jagd auf dieselbe. Denkt man vielleicht an den edlen Hirschen oder das gefährliche Unterfangen der Jagd auf den Keiler. Die Jagd war also durchaus gesellschaftliches Spektakel, an dem sich auch Damen beteiligten. Treibjagden konnten sogar zu gesellschaftlichen Großereignissen werden, denkt man an die Schaujagden des Barock, die in künstlich angelegten Gärten oder von Booten aus stattfanden.

 

Jagen war also lange Zeit ein soziales Privileg. Wann und warum änderte sich das?

Alles herrenlose Gelände war zunächst Königsland. Aus der Grundherrschaft entstanden die Regalien, Jagd-, Fischerei- und Mühlenrecht. Obwohl der Geistlichkeit die Jagdausübung grundsätzlich verboten war, verlieh 1027 Kaiser Konrad II. der Brixner Kirche am 7. Juni das Jagdrecht. Mit Regalien im weiteren Sinn wurden neben geistlichen und weltlichen Fürsten auch Städte betraut.
Die Jagdverleihung von 1414 unter Herzog Friedrich IV. ist das älteste bisher bekannte Jagdmandat in Tirol. Daraus ist zu entnehmen, dass der Regent für das gesamte Land das Jagdregal in Anspruch nahm und die Jagdausübung mit Ausnahme von alten Jagdrechten der Ritterschaft usw. ihm persönlich vorbehalten war. Dieser Vorbehalt betraf Hirsch, Reh, Gams und graue Hasen. Fasan und Rebhuhn sind der Beizjagd vorbehalten. Bär, Luchs und Wölfe gehören zu den Raubtieren, die von jedem bejagt werden konnten. Besonders interessant ist die Bestellung von Jagdorganen, sowie der Schutz der Wälder. Unter Sigmund dem Münzreichen aber besonders unter Kaiser Maximilian wurde eine Neuorganisation des Forst- und Jagdwesens vorgenommen, wobei die Landbevölkerung der Meinung war, dass nach jedem Regentenwechsel absolute Jagdfreiheit für sie bestand. Der Bauernaufstand bewirkte Lockerungen der Bestimmungen, die Landesordnung von 1526 zitierte das allgemeine Jagdverbot auf Rot- und Schwarzwild, den Fasan und das Federspiel, wie Falke und Habicht. Außer auf diese Tiere war die Jagd allen besteuerbaren Untertanen und den Bergwerksleuten gestattet.


Welche besonderen Exponate sind in Schloss Runkelstein zu bestaunen?

Die Ausstellung „Mensch und Jagd“ behandelt eine Thematik, die nicht nur einen umfangreichen Platz in der Geschichte einnimmt, sondern vermehrt das Interesse weckt und an Aktualität ungebrochen ist. Die Jagdkultur, das Wissen um Wild- und Weidwerk, die Kleidung und die Musik erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Umso wichtiger ist es, sich diesem breitgefächerten Thema anzunähern und den Versuch zu starten, nicht allein einen Überblick zu schaffen, sondern besondere Sachverhalte beispielhaft hervorzuheben. Zudem bietet Schloss Runkelstein dazu einen idealen Einstieg, denn die mittelalterlichen Jagddarstellungen im Turniersaal der Burg gehören zu den herausragendsten Bildern dieser Zeit. Die Jagd war in Runkelstein immer präsent, sei es im Bild, als auch in reeller Form. Dies bezeugen Fundstücke wie Bolzen oder im Inventar aufgelistete Jagdwaffen wie beispielsweise Saufedern, oder die Tatsache, dass sich Kaiser Maximilian das Fischrecht in der Talfer bei Runkelstein vorbehielt, auch wenn er die Burg an seine Vertrauten übergab. Es ist also naheliegend, sich mit diesem in Runkelstein so präsenten Thema näher zu befassen. Dabei ist es nicht einfach, einen Weg zu finden zwischen anschaulicher Präsentation, subjektiver Behandlung des Themas, wissenschaftlicher Auseinandersetzung und angenehmer, verständlicher Lesbarkeit. Gezeigt werden dabei Stücke unterschiedlicher Epochen, wie Jagdmesser und Saufedern, Musikinstrumente, unter anderem ein Jagdhorn aus Elfenbein aus dem 18. Jh., Schriftstücke, Trophäen, Schießscheiben und Genrebilder.

 

Was können wir aus diesem geschichtlichen Rückblick über die zeitgenössische Jagd und die Bedeutung der JägerInnen heute lernen?

Was ist richtig? Völlige Freiheit des Wildes, Hegen und Pflegen? Der Mensch ist einerseits die Größte Gefahr für freilebende Tiere, braucht sie aber andererseits, weil sie erst die Naturlandschaft abrunden, bzw. ihre Ergänzung sind. Der Flug eines majestätischen Adlers, eines Bartgeiers im hochalpinen Terrain, wo sich die Gämsen tummeln, das Röhren des Hirsches, das Weiß der Schneehühner, gehören zu unseren Reichtümern. Gejagt wurde immer, die Existenz von Bären und Wölfen in unseren Tourismusregionen und bewirtschafteten Almen sind zu einem Reizthema geworden.
Aus diesem Grund behandeln die Ausstellung, aber vor allem der Begleitband unterschiedliche Aspekte der Thematik. Dazu gehört die Geschichte der Jagd im Alttiroler Raum, Streifzüge in die Archäologie, Jagdwaffen, Kunstgeschichte, Sage, Trophäen, Göttinnen und Jägerinnen. Es geht aber auch um einen aktuellen Blickwinkel auf die Jagd, die Topographie der Wildbestände, die Fischerei und die unterschiedliche Gesetzgebung dazu. 

Ausstellung „Mensch und Jagd in Alttirol
bis 10.01.2021

 

"Culture & Calories"-Rezept aus dem Buch:
 



ROSA GEBRATENES HIRSCHRÜCKENFILET
auf Lagrein–Dunkel–Sauce 

FÜR 2 PERSONEN 

FÜR DAS HIRSCHRÜCKEN-FILET
2 Hirschrückenfilets, küchenfertig
Salz 
Pfeffer aus der Mühle
1 TL Wacholderbeeren, gemahlen
2 EL Sonnenblumenöl 
Für die Lagrein-Dunkel-Sauce
100 ml braune Grundsauce
50 ml Lagrein Dunkel
1 EL kalte Butter 

ZUM SERVIEREN 
gekochte Eierspatzlen
gedünstete Pilze (z. B. Steinpilze oder Pfifferlinge) 

ZUBEREITUNG 
Hirschrückenfilets mit Salz, Pfeffer und Wacholder würzen. Sonnenblumenöl erhitzen, die Filets auf beiden Seiten gut anbraten und im auf 160 Grad vorgeheizten Backofen etwa 10 Minuten fertig garen. Fleisch herausnehmen und warm stellen. 
Den Bratensatz mit Lagrein Dunkel ablöschen. Braune Grundsauce dazugeben und auf die Hälfte einkochen lassen. Sauce mit kalter Butter aufmontieren und durch ein feines Sieb passieren. 
Jedes Hirschrückenfilet in drei Scheiben schneiden. Die Sauce auf Teller geben und Fleisch darauf anrichten. Mit Eierspatzlen und gedünsteten Pilzen servieren.