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Lex Griessmair - Season 2

Die SVP versucht im Regionalrat erneut eine diskrete Gesetzesänderung, um den Brunecker Bürgermeister Roland Griessmair vor größeren rechtlichen Problemen zu retten.
Regionalrat
Foto: commons.wikimedia.org
Der Nikolaus kommt jedes Jahr und bringt immer dieselben Dinge mit.
In der Südtiroler Politik ist es ähnlich.
Pünktlich zu Nikolaus taucht immer wieder ein politisches Sanierungsprojekt auf, mit dem die Südtiroler Volkspartei geltende Gesetze und Bestimmungen außer Kraft setzen will, um einen Bürgermeister aus ihren Reihen vor größeren, rechtlichen Problemen zu retten.
Gemeint ist der SVP-Bürgermeister von Bruneck, Roland Griessmair.
Genau vor einem Jahr hat Arno Kompatscher im Regionalrat den ersten Versuch dazu gemacht. Weil der Widerstand zu groß war, wurde die Aktion aber letztlich abgeblasen.
Um jetzt fröhliche Wiederauferstehung zu feiern. Schön versteckt im Stabilitätsgesetz der Region. „Das ist die typische Ad-personam-Gesetzgebung der SVP“, mobilisiert Team-K-Chef Paul Köllensperger gegen den Vorschlag.
 

Griessmairs Problem

 
Der Bürgermeister von Bruneck Roland Griessmair ist im Brotberuf Bauingenieur und ein besonders rühriger Projektant, der seit Jahren mit seinem Unternehmen „Griplan GmbH“ Bauprojekte überall in Südtirol betreut. Vor allem ist Griessmair aber um und in Bruneck tätig.
Mehrmals haben die Oppositionsparteien im Brunecker Gemeinderat, die Grünen, das Team K aber auch die 5-Sterne-Bewegung darauf hingewiesen, dass diese Projektantentätigkeit des Bürgermeisters in der Stadt Bruneck gegen geltende Bestimmungen und Gesetze verstoße. Roland Griessmair hat sich dabei immer herausgeredet. Die Argumentation des SVP-Politikers: Er habe die Agenden für Raumordnung und Bauwesen an einen Stadtrat delegiert und würde sich keinesfalls in diese Entscheidungen einmischen. Deshalb bestehe hier weder eine Unvereinbarkeit noch ein Interessenkonflikt.
 
 
Dabei ist die gesetzliche Vorgabe eigentlich klar und deutlich. Vor allem aber sagt das Gesetz das genaue Gegenteil.
In Artikel 64 des Kodex der örtlichen Körperschaften der Autonomen Region Trentino-Südtirol heißt es unmissverständlich:
 
„Die für die Sachbereiche Raumordnung, Bauwesen und öffentliche Arbeiten zuständigen Mitglieder des Gemeindeausschusses dürfen in dem von ihnen verwalteten Gebiet keine berufliche Tätigkeit im Bereich des privaten und öffentlichen Bauwesens ausüben.“
 
Klarer geht es eigentlich kaum.

Gescheiterte Interpretation

 
Im Spätsommer 2020 haben der 5-Sterne-Landtagsabgeordnete Diego Nicolini und der Brunecker 5-Sterne-Exponent Davide Barbieri bei der Staatsanwaltschaft Bozen eine Eingabe gegen Roland Griessmair gemacht. Die Vorhaltung: Eine widerrechtliiche Vermischung zwischen politischer Verantwortung und privater beruflicher Bautätigkeit.
 
 
Vor diesem Hintergrund brachte Landeshauptmann Arno Kompatscher im Dezember 2020 in das Stabilitätsgesetz der Region einen Abänderungsantrag ein mit der die entsprechende Regionalgesetz neu interpretiert werden sollte.
 
"Der Art. 64 des Regionalgesetzes vom 3. Mai 2018, Nr. 2 ist dahingehend auszulegen, dass der Bürgermeister nicht der Enthaltungspflicht unterliegt. wenn er einem oder mehreren Gemeindereferenten die Befugnisse in den Sachbereichen Raumordnung, Bauwesen und öffentliche Arbeiten übertragen hat“.
 
Weil der politische Widerstand - auch im Trentino - aber zu groß war, musste die SVP diesen Abänderungsantrag aber vor der Behandlung wieder zurückziehen.
 

Die Auferstehung

 
Die Vorermittlungen der Bozner Staatsanwaltschaft gegen Roland Griessmair ausgelöst durch die 5-Sterne-Eingabe wurden inzwischen am Bozner Landesgericht archiviert.
Dennoch scheinen sich der Brunecker Bürgermeister und auch einige anderer Südtiroler Gemeindeverwalter in ihrer Doppelrolle als Kommunalverwalter und Projektant nicht mehr ganz sicher zu fühlen.
Nur so ist es erklärbar, dass die SVP jetzt die umstrittene Aktion wiederholt.
Als die 2. Gesetzgebungskommission des Regionalrates am 18. November 2021 das „Begleitgesetz zum Stabilitätsgesetz 2022 der Region“ behandelt, finden sich plötzlich zwei neue Artikel im ursprünglichen Gesetzestext.
In vorgelegten Gesetzestext heißt es:
 
 
Diesmal versucht man es nicht mehr mit einer authentischen Interpretation, sondern man strebt gleich eine Gesetzesänderung an.
 

Das Gutachten

 
Ob das aber gelingen wird, ist fraglich. Bereits bei der Behandlung in der 2. Gesetzgebungskommission des Regionalrates stimmte die Opposition geschlossen dagegen. Das Stabilitätsgesetz wird am Donnerstag und Freitag auf der Regionalratssitzung in Bozen behandelt.
Schon jetzt ist klar, dass es in der Aula einen breiten Widerstand gegen diese von der SVP geforderte Gesetzesänderung geben wird.
 
 
Man kann sich doch nicht die Gesetze einfach so zurechtbiegen“, ärgert sich Paul Köllensperger. Der Kopf des Team K dürfte für die Diskussion noch ein Ass im Ärmel haben, das manchen Abgeordneten überzeugen könnte.
Es ist ein Gutachten des Innenministeriums vom 16. September 2019 mit dem Titel „Incompatibilità tra la carica di sindaco e l’esercizio della professione di geometra nel territorio del comune amministrato“. In dem Gutachten bestätigt das Innenministerium den Grundsatz eines Kassationsurteils, das zum Schluss gekommen war, dass ein Bürgermeister keinesfalls als Geometer in seiner Gemeinde arbeiten kann. Auch dann, wenn er die Urbanistik und die öffentlichen Arbeiten an einen Referenten delegiert hat.
Zum Brunecker Fall gibt es nur einen Unterschied.
Roland Griessmair ist nicht Geometer, sondern Bauingenieur.
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Salto User
Günther Alois … Di., 07.12.2021 - 07:59

Was sich die SVP für bestimmte brave "Schäfchen" da wieder alles leistet,oder mit dem "Hintertürchen" versucht durchzudrücken,was gesetzteswidrig ist,ist SKANDAL pur.Sie kann es nicht lassen das Volk für blöd zu verkaufen.Wenn der Trick genehmigt wird,dann bin ich sprachlos.

Di., 07.12.2021 - 07:59 Permalink
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Georg Peintner Di., 07.12.2021 - 10:54

Die Argumentation des Bürgermeisters und seiner Unterstützer in der Sache lautet im Wesentlichen: Wenn vom Bürgermeister alle Befugnisse in Sachen Raumordnung, Bauwesen und öffentliche Arbeiten abgegeben worden sind, ist er frei, als Bauingenieur im Gemeindegebiet zu arbeiten.
ABER
Ist das für einen Bürgermeister überhaupt möglich? Wie kann ein Bürgermeister in den genannten Bereichen danebenstehen? Ist er nicht oberster Verantwortlicher für ALLE Bereiche und muss sich deshalb einbringen?
UND
Soviel mir bekannt ist, ist des Bürgermeisters „Einmischung“ in Bezug auf künftige Bauvorhaben im Osten Brunecks nie zur Ruhe gekommen! Hat es z.B. keine diesbezüglichen Treffen oder Absprachen zwischen ihm und den Fraktionspräsidenten gegeben?
(Das angeführte Gutachten des Innenministeriums vom 16. September 2019 mit dem Titel „Incompatibilità tra la carica di sindaco e l’esercizio della professione di geometra nel territorio del comune amministrato“ sollte eigentlich ausreichen, um die ad-personam-Interpretationen des Art. 64 des Regionalgesetzes vom 3. Mai 2018, Nr. 2 zu beenden und von den Gesetzeshütern Konsequenz einzufordern!)

Di., 07.12.2021 - 10:54 Permalink
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Albert Baekeland Mi., 08.12.2021 - 07:52

interessant wäre, wieviel das neue Eisstadium im Bruneck gekostet hat, Planer GriPlan, auf der Anschlagetafel stehen 16Mio, vertrauten Quellen sagen es hat das Doppelte.....von wo stammte das Geld?

Mi., 08.12.2021 - 07:52 Permalink