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Angela im Kurzurlaub

Die IDM schaltet ganzseitige Einladungen für Angela Merkel nach Südtirol. Ist es eine peinliche Werbeaktion? Oder ein politischer Freundschaftsdienst unter Volksparteien?
Über Geschmack lässt sich bekanntlich lange streiten.
Doch diese Werbeaktion hat schon eher ein „Geschmäckle“.
In den großen deutschen Tageszeitungen wie Frankfurter Allgemeine (FAZ) oder der Süddeutsche Zeitung (SZ) ist am Donnerstag eine ganzseitige Einladung für Angela Merkel nach Südtirol erschienen.
Unter dem Titel „Sehr geehrte Frau Dr. Merkel“, steht zu lesen: „in den letzten 16 Jahren haben Sie alles gesehen. Wirklich alles?“
Was dann folgt ist ein äußerst flapsiger Schnelldurchlauf zwischen Staatsbesuchen, peinlichen Hopplas und vermeintlich lustigen Episoden aus der 16jährigen Kanzlerkarriere von Angela Merkel.
Dann erst geht es in dieser bezahlten Anzeige zur Sache:
 
„Was Sie allerdings nicht gesehen haben: Südtirol im Frühling. Wir sind stolz darauf, dass Sie in 15 von 16 Regierungsjahren Ihren Urlaub in unserer schönen Region verbracht haben, um sich von den Strapazen Ihres Amtes zu erholen.
Aber eben immer nur während der parlamentarischen Sommerpause, denn nur da ließ es Ihr Terminkalender zu.
Wir freuen uns für Sie, dass Sie nun mehr Zeit haben. Unsere Empfehlung: Im Frühling ist es in Südtirol noch ruhiger und erholsamer. unter uns: noch schöner! Schauen Sie doch bei nächster Gelegenheit einfach mal vorbei.
Wir freuen uns - wie immer — auf Sie. Mit freundlichen Grüßen."
 
Unterzeichnet: „Ihr Südtirol
Ihr Südtirol?
Habe ich Angela eingeladen? Oder etwa Sie?
 
Ihr Südtirol? Habe ich Angela eingeladen? Oder etwa Sie?
 
Sicher ist der Annoncier muss Geld haben. Eine solche Werbeseite in der SZ kostet um die 90.000 Euro. In der FAZ ist eine Seite um rund 80.000 Euro zu haben.
Demnach könnte es eine offizielle Werbung der Südtiroler Marketing-Bazooka IDM sein. Darauf deutet auch ein Schriftzug hin, der sich auf einer, an einen Scherenschnitt aus der Grundschule erinnernde, bunten Collage findet. „V.I.S.d.P. Johann Pichler, Pfarrplatz 11. I-39100 Bozen. IDM Südtirol“ steht da zu lesen.
 
 
Demnach muss die IDM mit dieser Anzeige gegen ihre eigenen Richtlinien und Bestimmungen verstoßen. Denn das oberste Erscheinungsbild des Landes gründet auf der Südtirol-Marke. Doch genau diese offizielle Corporate Identity ist hier nirgendwo zu finden. Verzichtet man ausgerechnet bei der Kanzlerin darauf? Ein paar Hunderttausend Euro wird man wohl noch ohne diese lästige Dachmarke investieren können. Wäre ja noch schöner!
 
Aber vielleicht handelt es sich ja doch um eine Privatinitiative? Hansi Pichler ist im Nebenberuf ja auch Hotelier. Vielleicht lädt er die abgetretene Kanzlerin zum Urlaub in sein „Erzherzog Johann“ nach Schenna ein.
Es könnte natürlich auch sein, dass wir damit auf einer völlig falschen Fährte sind und es sich um eine bezahlte Hommage der Südtiroler Volkspartei handelt. Ein Liebesdienst unter politisch Schwarzen an Ihre „Kanzlerin“. CDU und SVP sind politisch ja seelenverwandt. Aber mit Steuergeldern bezahlt?
So unverfroren geht man selbst in Südtirol nicht vor, wo vieles möglich ist.
 
Sicher ist: Um einer einseitigen politischen Schlagscheite zu entkommen, kann das nur der Auftakt einer ganzen Serie von Einladungen für ehemalige Kanzler und Staatsoberhäupter sein. Demnach werden ähnliche Einladungen für Donald Trump, Silvio Berlusconi oder Jean-Claude Junker sicher noch folgen. Letzteren könnte der Südtiroler Kellereiverband übernehmen.
Ach, wie echt und authentisch Südtirols Gastfreundschaft doch ist. Danke, dass ihr unser Geld so geistreich investiert.
Auf keinen Fall fehlen dürfen dabei aber ganzseitige Anzeigen in Österreichs Tagespresse. Dabei passt es wunderbar, dass der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz derzeit viel Zeit für einen Südtirol-Urlaub hat. Der Neo-Vater könnte zum Botschafter der Südtiroler Familienhotels werden.
Der natürliche Werbeslogan dazu: „Kurzurlaub in Südtirol - Ohne WhatsApp“.
Ach, wie echt und authentisch Südtirols Gastfreundschaft doch ist. Ohne die Marketing-Genies der IDM wären wir alle noch Bergler und Tölpel.
Danke, dass ihr unser Geld so geistreich investiert.
Ihr Südtirol.
 
 
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Profil für Benutzer Peter Gasser
Peter Gasser Fr., 10.12.2021 - 08:51

Kitschig, peinlich - man muss sich distanzieren.
.
Eine verdiente Person auf diese Art & Weise für eigene Interessen zu instrumentalisieren: „Ihr Südtirol“, Frau Merkel, macht DAS nicht.
Wäre ich Frau Merkel, würde ich Südtirol fortan meiden.
.
In meinen Augen ein respektloser Werbe-Gau.

Fr., 10.12.2021 - 08:51 Permalink
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Oliver Remus Fr., 10.12.2021 - 11:34

Antwort auf von Karl Trojer

Bei den letzten von Herrn Francessini vorgestellten Werbeinitiativen hielt ich es schwerlich für möglich, dass diese an Dilettantismus noch zu übertreffen seien.
Ich wurde eines Besseren belehrt.
Eigentlich sieht diese Anzeige auch weniger nach Einladung als nach einer Todesanzeige aus, mit den Blumen und den gefalteten Händen. Daher ist wohl doch ein parteipolitischer Hintergrund anzunehmen. Arme Frau Merkel.

Fr., 10.12.2021 - 11:34 Permalink
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Profil für Benutzer △rtim post
△rtim post Fr., 10.12.2021 - 13:05

Ist es eine peinliche Werbeaktion?
Am Ende ist es zumindest lächerlich. Auch die sich moralinsauertöpfisch geben bzw. unbedingt "einen politischen Freundschaftsdienst unter Volksparteien" ohne jedweden Beleg hier nahelegen.
Ein anderes Beispiel, BZ-Grünen-Chef: " ... das ist einer historischen Person wie Merkel absolut nicht angemessen und (...) einfach peinlich für Südtirol."
Die Person Merkel lebt ja und ist noch nicht "historisch". Weniger "peinlich" ist das nun auch nicht — oder?
Die zentralere Frage aus ökologischer Sicht sollte wohl eher sein: Wollen wir in Zeiten von Overtourism, von Naturzerstörung ... noch Südtirol-Werbung und diese offenbar so erfolgreiche IDM-Agentur?

Fr., 10.12.2021 - 13:05 Permalink
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Profil für Benutzer Stefan S
Stefan S Fr., 10.12.2021 - 15:40

Naja, abgesehen von der Aufmachung, da sitzen Werbestrategen dahinter und es gibt genügend Beispiele welche auf den ersten Blick negativ zu wirken scheinen sich dann aber, obwohl der Inhalt völlig abstruss daher kommt, doch als sehr erfolgreich entpuppen. Die Frage lautet immer was beim potenziellen Kunden im Unterbewußtsein kleben beibt.
Und ob Frau Bundeskanzlerin a. D. dies eventuell abgenickt hat wissen wir auch nicht...

Fr., 10.12.2021 - 15:40 Permalink
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Armin Wieser Fr., 10.12.2021 - 20:13

Ein Wahnsinn. Hoffen wir nur das noch jemand das "Kaufhaus" ähm "Marketplace Südtirol" verhindert, bevor sich ein noch größerer (finanzieller) Flop entfalten kann. Die Hippster-Agenturen, denen die IDM laufend auf den Leim geht, würde es natürlich freuen...

Fr., 10.12.2021 - 20:13 Permalink
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Profil für Benutzer Hartmuth Staffler
Hartmuth Staffler Fr., 10.12.2021 - 21:30

Antwort auf von Armin Wieser

Es geht doch nur darum, die vom Land Südtirol großzügig zur Verfügung gestellten Gelder irgendwie auszugeben. Und natürlich müssen da auch noch sehr viele daran mitverdienen. Übrig bleiben dann solche erbärmliche Aktionen, denn irgendwie muss man die Verschleuderung der Gelder ja rechtfertigen.

Fr., 10.12.2021 - 21:30 Permalink
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Profil für Benutzer Franz Ladinser
Franz Ladinser Fr., 10.12.2021 - 21:34

Offensichtlich hat die IDM zu viel Geld und eine zu schlechte Führung. Bin gespannt wie lange es noch dauern wird, bis die Struktur überdacht wird. Irritierende Aktion!

Fr., 10.12.2021 - 21:34 Permalink