Politik | Aus dem Blog von Gerhard Mumelter

Der Krieg der Sterne

Der Ausschluss von vier Seatoren aus dem Movimento 5 stelle führt in der Bewegung zu einer Zerreißprobe. Zwei Dutzend Parlamentarier haben sich mit den Ausgeschlossenen soldarisiert. Die Lage ist chaotisch.

"Siamo in guerra", kann Beppe Grillo seinen Anhängern gar nicht oft genug zurufen. Nun hat sich das Schlachtfeld freilich aus dem Parlament an einen für ihn unliebsamen Ort verlagert - in seine eigene Bewegung. Der Ausschluss von vier Senatoren aus dem M5S hat die Bewegung ins Chaos gestürzt.

Schreiduelle, Proteste, Tränen, Wutausbrüche und Rücktrittsdrohungen kenzeichneten das Bild, als kurz nach 19 Uhr das Ergebnis der "Bürgerwahl" bekannt wurde: mit 29.800 zu 13.500 Stimmen folgte das Fußvolk dem Aufruf, die Dissidenten nach bestem KPDSU- Vorbild auszuschließen. "Saremo un po' meno, ma piú coesi e piú forti" , freute sich der Parteigründer. Er könne sich täuschen. Denn der Ausschluss von Lorenzo Battista, Fabrizio Bocchino, Francesco Campanella und Luis Alberto Orellana hat das seit langem schwelende Unbehagen über Grillos umstrittenen Führungsstil in zornige Proteste umschlagen lassen, deren Ergebnis noch nicht absehbar ist. Die vier Senatoren haben sich der Majestätsbeleidigung schuldig gemacht und Kritik am immer radikaleren Kurs der Bewegung geübt, dessen Höhepunkt Grillos Auftritt bei der Begegnung mit Matteo Renzi war.

"Siamo almeno venti senatori in forte disagio", klagt Serenella Fucksia. Ihre Kollegin Alessandra Bencini: "Schlimmer als bei den Faschisten." Der Konflikt markiert den Bruch zwischen dem gemäßigten und dem radikalen Flügel der Partei, der die raue Gangart in den letzten Wochen deutlich verschärft hatte: Impeachment gegen den Staatspräsidenten, der als "boia" verungimpft wurde, Strafanzeigen gegen Kammerpräsidentin Laura Boldrini, die mit wüsten sexistischen Beschimpfungen bedacht wurde, Besetzung der Parlamentsausschüsse, beinharte Obstruktion, Flegeleien und Beleidigungen - einen Kurs, der den Pasdaran der Bewegung um Alessandro Di Battista behagt.

Der Hardliner, der sich für das Amt des Premiers "für durchaus geeignet" hält, liebt die Attitüde des missionarischen Eiferers und warnt gerne vor den Tricks des System gegen Revolutionäre: "Sie schicken dir ein gefügiges Mädchen, das dich anschließend der Vergewaltigung beschuldigt oder stecken dir eine Dosis Kokain in die Rocktasche." Zwischen dem Taliban-Flügel und gemäßigten Parlamentariern wie Francesco Campanella gibt es keine Gesprächsbasis mehr. Die zwei Abgeordneten Ivan Catalano und Alessio Tacconi sind zurückgetreten, andere wollen sich diesen Schritt noch überlegen. Der angekündigte Rücktritt mehrerer Senatoren führt zu politischen Spekulationen. Denn im Senat, wo Premier Matteo Renzi nur über eine Mehrheit von sechs Stimmen verfügt, könnte die Bildung einer zusätzlichen Fraktion neue Koalitionsmöglichkeiten eröffnen. Zur Zeit herrscht in der Bewegung erhebliches Chaos, die Entwicklung der kommenden Tage ist nicht abzusehen. Daß sein selbstherrlicher und sowjetischer Führungsstil auf wachsenden Widerstand stößt, kann Beppe Grillo nicht erschüttern: "Eine Bewegung in der Bewegung kann ich nicht dulden."

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Vadim Demidov Do., 27.02.2014 - 16:15

Und mich würde interessieren, wie Paul Köllensberger eigentlich die Zustände in seiner eigenen Partei kommentiert... Massive sexistische Pöbeleien, Verunglimpfung von Dissidednten (oder besser: Menschen) nach bewährtem Nazi-Sprech als Ungeziefer, ein diktatorisch agierendes angebliches "megafono", das sich offen als Nicht-Demokrat bezeichnet und dessen Mittel der Wahl angezettelte shit storms sind. Ich meine es grundehrlich: Wie kann man vor sich selbst verantworten, mit derartigen Mitstreitern gemeinsame Sache zu machen? Darf man angesichts solcher Zustände ernsthaft in Anspruch nehmen, als moralisches Korrektiv in der Öffentlichkeit aufzutreten?

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Walter Harpf Do., 27.02.2014 - 19:21

Und das müsst ihr den PD/Renzi-Mumelter kommentieren lassen!?
Und Bastian Oberhofer: heutzutage weiß und sieht doch jeder, was sich so in Internetforen tummelt (siehe TZ-online, SüdtirolNews usw.). Den Grillini deswegen einen Strick drehen zu wollen ist unterste Schublade & zeugt nicht gerade von umfassendem Sachwissen! Wenn die Grillini kein moralisches Korrektiv sind, wer dann!? Si taquisses...!

Do., 27.02.2014 - 19:21 Permalink
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Oskar Egger Do., 27.02.2014 - 19:35

Antwort auf von Walter Harpf

Auch ein moralisches Korrektiv kann die Regeln der Achtung Menschenwürde einhalten: das macht es für mich nämlich glaubwürdiger. Hart in der Sache, aber fair mit den Menschen. Wenn jemand mit Schimpfworten um sich schmeißen muß, ist das für mich einfach ein Zeichen einer Störung. Verständlich, im Zorn, aber als Gewohnheit unprofessionell. Es gibt andere Mittel.

Do., 27.02.2014 - 19:35 Permalink
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Vadim Demidov Do., 27.02.2014 - 19:55

Antwort auf von Walter Harpf

Si tacuisses... Ich halte es für etwas hilflos, jetzt mit dem Finger auf andere zu zeigen. Aber der PD, aber der Renzi, aber der Mumelter, aber die Internetforen.... Nein, es gibt keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht! Was die Grillini treiben, dafür müssen sie sich selbst verantworten. Sich hinter dem Fehlverhalten anderer zu verstecken halte ich für intellektuelle Faulheit. Die Unzulänglichkeiten der anderen anzuprangern, zu den eigenen jedoch zu schweigen, so etwas zerstört jede politische Glaubwürdigkeit.

Übrigens sind es eben_gerade_nicht nur anonyme Forenbenutzer, die sich zu verbalen Gewalttaten hinreißen lassen... Der menschenverachtende Spruch von den "parassiti" (heute erst gelesen, gemeint sind die Dissidenten) stammt von einem Abgeordneten, die Aufhetzung zur sexistischen Treibjagd gegen Boldrini kam vom Chef höchstpersönlich, e così via.

Ich halte es für eine sehr interessante Frage, wie sich Köllensperger in diesen Punkten positioniert. Ich würde eine Stellungnahme zu den Vorkommnissen in Rom begrüßen. Wenn er will, kann er sich natürlich auch peinlich berührt ausschweigen. Was sich die Grillini aber sparen können, ist, bei Kritik reflexartig auf die Fehler anderer zu verweisen.

Do., 27.02.2014 - 19:55 Permalink
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Walter Harpf Fr., 28.02.2014 - 08:34

ja, Herr Mumelter, wer sagt denn, dass sie nie recht haben. War mir selber gerade aufgefallen. Die Lateinzeiten sind halt schon eine Weile her. Also auch an Sie in reiner Form: si tacuisses...
Im Übrigen war das Sachwissen auf politische Einschätzungen bezogen, aber wenn sich dieses bei Ihnen auf c und q- Kriterien beschränkt, nehm ich das zur Kenntnis. Schöne Grüße.

Fr., 28.02.2014 - 08:34 Permalink