Gesellschaft | Sanitätsbetrieb

„Menschen entfernen“

Eine absurde Episode am Bozner Krankenhaus macht deutlich wie unprofessionell die Führung des Sanitätsbetriebes mit den Impfkritikern in den eigenen Reihen umgeht.
Krankenhaus
Foto: upi
Es ist seit vielen Jahren ein durchaus lukrativer Erwerbszweig vor allem für Anwälte. Man sucht Lücken in den Gesetzen um Dinge durchsetzen, die absurd sind. In der Südtiroler Raumordnung zum Beispiel ist diese Disziplin längst zum Volkssport geworden. Diese Vorgangsweise führt zu Dutzenden von Verfahren und Urteilen vor dem Verwaltungsgericht oder dem Staatsrat. Kaum jemand empört sich moralisch darüber.
Eine ähnliche Vorgangsweise wendet die Impfgegner oder -kritiker an. Sie nehmen die - zumeist schlecht geschriebenen - Dekrete zur Coronabekämpfung beim Wort und finden darin vermeintliche Fehler und Lücken. Auch diese Gruppe versucht diese Schwachstellen in der Gesetzgebung für ihre Zwecke auszunützen.
Die Reaktionen sind im zweiten Fall aber völlig anders. Anstatt den Vorhaltungen durch Gesetz und Buchstabe zu kontern, die Vorhaltungen - mögen sie auch umso abstruser sein -- anhand von Fakten als gegenstandslos zu entkräften, gräbt man umgehend die Keule der moralischen Empörung aus. Wer eine Verordnung anzweifelt, wird als Staatsfeind gebrandmarkt.
Ein Musterbeispiel dieser Vorgangsweise hat sich um Weihnachten im Südtiroler Sanitätsbetrieb abgespielt. Es ist eine Episode, die deutlich macht wie unprofessionell und peinlich die Spitze des Sanitätsbetriebes mit den Impfkritikern und - gegner aus ihren eigenen Reihen umgeht.
 

Einer gegen Alle

 
Auslöser ist ein technischer Bediensteter am Bozner Krankenhaus. Der Angestellte (Name der Redaktion bekannt) wehrt sich gegen die GreenPass-Pflicht. So verlangt er seit längerem von seinem Vorgesetzten, dass dieser ihm die „schriftliche Vollmacht“ (delega) des zuständigen Generaldirektors vorlege, mit dem dieser den Vorgesetzen für diese Kontrolle bevollmächtigt. Obwohl es eine juristische Streitfrage ist, kann der formale Einwand, nicht so einfach vom Tisch gewischt werden.
Der Mann nimmt mehrere Diskussionen mit den Vorgesetzen zu diesem Streitpunkt mit dem Handy auf. Dabei wird deutlich, dass die zuständigen Rechtsämter der Sanität - anstatt rechtliche Argumentationshilfe zu liefern - die für die GreenPass-Kontrolle zuständigen, im Regen stehen lassen.
Der Impfkritiker geht aber noch weiter: Er stellt die Videos auf einen eigenen Telegramm-Kanal mit dem Titel „Odysee“ ins Netz. Am 24. Dezember 2021 verschickt der Angestellte zudem eine Mail an die Bediensteten des Sanitätsbetriebes. In der Mitteilung, die als „wichtig“ klassifiziert ist, behauptet der Angestellte, der mit seinem richtigen Namen in den Schreiben aufscheint, dass „das Green Pass Corona Zertifikat ungültig sei“. Als Untermauerung seiner Theorie führt der Sanitätsbedienstete Links mehrerer Videos auf seinem Telegramm-Kanal an.
 
 
Darin findet sich auch ein neuer Aspekt. Bei der Verlängerung des Notstandes hat Ministerpräsident Draghi auch die Impflicht für verschiedene Berufsgruppen angeführt, dabei aber die Sanitätsbediensteten vergessen. Aus diesem Fehler leiten Impfkritiker einen einfachen Schluss ab: Formal würden die Suspendierungen der ungeimpften Sanitätsbediensteten damit mit 31. Dezember 2021 enden.
 

Aktion Löschung

 
Die Rundmail enthält Theorien, die man durchaus als abstrus bezeichnen kann. Der Großteil der Empfänger dürfte der Argumentation des Absenders keineswegs folgen.
Doch die Reaktion der zuständigen Stellen im Sanitätsbetrieb auf diese Einzelaktion macht deutlich wie unprofessionell man gegen solche Aktionen vorgeht. Anstatt einer fachlichen juridischen Klärung, folgte eine Art Panikredaktion.
So verschickte das Amt für Datenbanken (EDV) umgehend eine Warnung. Der Inhalt:
 
 
Es ist eine bewusst falsche Darstellung, die viele der Empfänger erst recht, stutzig macht.  „Damit verkauft man uns anscheinend für blöd“, ärgert sich ein Krankenhausarzt, der zu Salto.bz sagt, dass er zu 100 Prozent hinter der Impfpflicht stehe.
Dazu kommt, dass man von Amtswegen vorgeht. Weil viele Empfänger der Löschaufforderung nicht nachkommen, wird die Rundmail des Impfkritikers zentral vom Server gelöscht.
 

Zerzer Fehltritt

 
Doch die Befürchtung an der Sanitätsspitze, dass sich mit 1. Jänner 2022 plötzlich eine ganze Phalanx von suspendierten Mitarbeitern zum Dienst zurückmelden, scheint größer als angenommen zu sein. Auch in diesem Fall antwortet man aber nicht mit einer klaren und eindeutigen Auskunft des zuständigen Rechtsamtes.
Es ist Generaldirektor Florian Zerzer der persönlich ein Schreiben an die Führungskräfte verschickt.
 
 
Dass der Generaldirektor einer öffentlichen Struktur, die fast 20.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, unverblümt davon spricht, Menschen von ihrem Arbeitsplatz „zu entfernen“, macht anschaulich, dass ein professionelles Krisenmanagement im Südtiroler Sanitätsbetrieb auch nach zwei Jahren Corona immer noch ein Fremdwort ist.
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Stereo Typ Mo., 03.01.2022 - 12:41

Vor allem scheint es ein Problem der Bildung zu sein, wenn man das Vokabular und die Anzahl der Fehler (3 in 6 Zeilen) betrachtet.

Mo., 03.01.2022 - 12:41 Permalink
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Manfred Klotz Mo., 03.01.2022 - 13:38

Man hätte sich jede Diskussion ersparen können, wenn man recherchiert hätte was das Gesetzesdekret Nr. 172 vom 26.11.2021 (veröffentlicht im Amtsanzeiger Nr. 282 vom 26.11.2021) genau sagt.
Darin steht nichts von einer Fälligkeit der Impfpflicht, die ausdrücklich aus dem ersten Dekret 44/2021 gestrichen wurde. Mit der Verlängerung des Notstandes hat dieses Dekret gar nichts zu tun. So gesehen, hat der Fall des Sanitätsbediensteten eigentlich keine Aufmerksamkeit verdient. Besonders, wenn man bedenkt, welche "Informationen" er herumschickt und woher er sie hat.

Mo., 03.01.2022 - 13:38 Permalink
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Karl Trojer Di., 04.01.2022 - 10:05

Die Auflagen für Nichtgeimpfte sind im Verhältnis zu den an Covid Erkrankten
( kleiner als 1% der Bevölkerung) völlig überzogen und für die Gesundheit der Allgemeinheit schädlich. Der alleinige Massstab für schäfere Vorschiften sollte sich nur an den effektiven Krankenbettenbelegen durch Covid-Kranke orientieren. Was machen Schüler, die nicht mehr Busfahren dürfen, weil ungeimpft ? Der Schaden steht in keinem akzeptablen Verhältnis zum Nutzen.
Ich selbst bin 3x geimpft und genieße alle Freiheiten...

Di., 04.01.2022 - 10:05 Permalink
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Manfred Klotz Di., 04.01.2022 - 11:40

Antwort auf von Karl Trojer

Ihre Ausführungen haben mit dem Inhalt des Artikels eigentlich nichts zu tun. Ihre Aussage, der Maßstab für die Maßnahmen sollte sich an der Hospitalisierung orientieren, ist richtig. Das wird auch schon seit einer Weile so gehandhabt und die Belegung ist gerade wieder ordentlich am Steigen. Sie meinen wohl eher dass die Maßnahmen in keinem akzeptablen Verhältnis zum Nutzen stehen. Die Realität zeigt besonders anhand der Hospitalisierungen ein anders Bild.

Di., 04.01.2022 - 11:40 Permalink