Chronik | Ermittlung

Doppelt illegal?

Der Absturz von Hans Peter Haselsteiners Hubschrauber bei Wien könnte in Bozen ein gerichtliches Nachspiel haben. Die Frage: War der Start in Bozen rechtens?
Haselsteiner Hubschrauber
Foto: Get to Text
Ich werde diese Unterlagen als Eingabe jetzt dem Staatsanwalt zukommen lassen“, sagt Rudi Benedikter. Der Anwalt und Grüne Bozner Gemeinderat geht davon aus, dass es sich um neue, relevante Erkenntnisse handelt, die man im laufenden Verfahren berücksichtigen sollte. Ausgangspunkt ist ein tragischer Hubschrauberabsturz am 21. November 2021. Der Hubschrauber des österreichischen Unternehmers Hans Peter Haselsteiner stürzt in der Nähe von Wiener Neustadt ab. Der 50-jährige Kärntner Pilot kommt dabei ums Leben. Haselsteiner hat unglaubliches Glück. Der Chef des Baukonzerns Strabag war nur wenige Minuten zuvor am Semmering abgesetzt worden.
Der Privat-Hubschrauber ist an diesem Tag von Bozen aus gestartet. Und genau darum geht es jetzt in der Eingabe an die Staatsanwaltschaft. Und die Frage, ob Haselsteiner mit diesem Flug gleich zweifach gegen geltendes Gesetz verstoßen hat.
 

Das Verfahren


Es ist eine gerichtliche Auseinandersetzung, die sich seit gut vier Jahren hinzieht. Die Fakten sind im Faszikel zum Strafverfahren Nr. 4414/2017 zusammengefasst.
Der 77jährige gebürtige Tiroler Multiunternehmer und Kopf des STRABAG-Konzerns hat seit vielen Jahren seinen Wohnsitz in Südtirol. Bereits Haselsteiners Mutter Emma Haselsteiner lebte in einem Haus in Moritzing am Hang des Gunschnaberges, das der Unternehmer in den vergangenen Jahrzehnten zu einem Anwesen mit mehreren Gebäuden ausgebaut hat.
 
 
 
Hans Peter Haselsteiner hält sich vor allem am Wochenende in Bozen bei seiner Familie auf. Dabei landet er meistens per Privatjet am Bozner Flughafen und fliegt von dort sehr oft mit seinem Hubschrauber nach Moritzing. Oft kommt der Unternehmer per Hubschrauber aber auch direkt aus Wien.
Dafür hat Haselsteiner bereits vor einigen Jahren in seinem Anwesen einen kleinen Landplatz für Hubschrauber gebaut. Und genau hier liegt das erste Problem.
 

Der Heliport

 
Der Milliardär errichtete den Landesplatz ohne Genehmigung auf einer Fläche, die als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen ist. Dort aber darf und kann man keinen solchen Heliport errichten.
Weil die Hubschrauberflüge mehreren Nachbarn sauer aufstoßen, wurde bereits vor drei Jahren eine Eingabe bei der Staatsanwaltschaft gemacht. Bei einem Lokalaugenschein des Forstinspektorates Bozen 1 im August 2017 wurde festgestellt, dass der Landeplatz ohne Baugenehmigung errichtet wurde. Danach aber schläft das Strafverfahren 4417/17 ein.
Hans Peter Haselsteiner tut das, was fast jeder Bürger in Südtirol tut, der gegen Bau- oder Landschaftsschutzgesetze verstoßen hat. Er versuchte den Heliport im Nachhinein zu sanieren.
 
 
Dazu reicht Haselsteiner 2018 bei der Gemeinde Bozen ein „Projekt im Sanierungswege, G.p. 988/1 – K.G. Gries. Erdbewegungen für die Realisierung eines Hubschrauberlandeplatzes“ ein. Im Oktober 2018 bringt Rudi Benedikter im Stadtviertelrat Gries Quirein einen Beschlussantrag gegen die Sanierung des Landeplatzes ein, der mit breiter Mehrheit angenommen wird. Am 14. November 2018 lehnt die Baukommission der Gemeinde Bozen dem Sanierungsantrag Haselsteiners ab und ordnet den Rückbau des Heliports an.
 

Verweigerter Rückbau

 
Am 11. Februar 2019 stellt die Gemeinde Bozen Hans Peter Haselsteiner die Verordnung zu, mit der seine Sanierungsansuchen des illegalen Hubschrauber-Landeplatzes in Moritzing definitiv abgewiesen, die Nutzung dieses Geländes als Landeplatz untersagt und der Rückbau des Geländes angeordnet wird.
Hans Peter Haselsteiner kommt dieser Vorordnung aber nicht nach. „Er nimmt sich in präpotenter Weise die Freiheit heraus, weiterhin auf seinem Grundstück zu landen“, ärgert sich Rudi Benedikter. Der Bozner Rechtsanwalt legt seiner Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft ein Foto vom 19. September 2019 bei, das einen Hubschrauber über den Haselsteiner Anwesen zeigt. In der Strafanzeige heißt es weiter: „Verschiedene Nachbarn bezeugen, dass sich diese Hubschrauberlandungen und -starts seit Monaten regelmäßig wiederholen“.
 
 
 
Gleichzeitig rekurriert Hans Peter Haselsteiner gegen die Verordnung der Gemeinde Bozen vor dem Verwaltungsgericht. Der Milliardär verliert den Prozess aber. Mit dem Urteil vom 13. April 2020 weist das Bozner Verwaltungsgericht Haselsteiners Rekurs gegen die Verordnung der Gemeinde Bozen ab. Die Begründung des Urteils folgt im Wesentlichen den Argumenten der Eingabe Benedikters bei der Staatanwaltschaft.
Dort nimmt auch das Strafverfahren nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts wieder Fahrt auf. Staatsanwalt Axel Bisignano fordert die Anklageerhebung und der Voruntersuchungsrichter leitet das Hauptverfahren gegen Haselsteiner ein. Dort könnte jetzt aber auch der tragische Unfall zum Thema gemacht werden.
 

Die Bestimmung

 
„Ich gehe davon aus, dass dieser Flug nie von Moritzing aus starten hätte dürfen“, sagt Rudi Benedikter.
Der Bozner Gemeinderat hat in einer neuen ergänzenden Eingabe an die Staatsanwaltschaft den Bericht eines italienischen Experten für Flugsicherheit angeführt. Es geht um den Unglückflug, der am 21. November 2021 von Moritzing aus gestartet ist.
Im Gutachten wird auf die Absurdität hingewiesen, dass ein Heliport, der illegal errichtet wurde, in den offiziellen Karten der italienischen Behörde für Flugsicherheit ENAC zugeschrieben wird.
 
 
 
Der Fachmann schreibt:
 
E`paradossale che in rete, a un indirizzo riconducibile ad ENAC, si trovi la scheda di un’elisuperficie che, secondo l’elenco ufficiale delle elisuperfici pubblicato sullo stesso sito dell’ENAC non devrebbe esistere.
(…)Secondo le notizie di stampa, il volo è decollato dalla elisuperficie di Moritzing con regolare piano di volo con destinazione oltre confine all’aeroporto di Wiener Neustadt, la qual cosa non avrebbe potuto avvenire legalmente se l’elisuperficie di partenza fosse stata occasionale.
(…)Un’eventuale liberalizzazione da parte degli Stati dell’utilizzo di elisuperfici occasionali per voli transfrontalieri – siccome sono prive di qualsiasi forme di controllo – potrebbe infatti favorire traffici illeciti (…)”.
 
Denn die ENAC-Normen verbieten internationale Flüge die von sogenannten Gelegenheits-Landesplätzen (elisuperfici occasionali) aus starten. Die Schlussfolgerung Benedikters: „Demnach ist der Landeplatz in Moritzing nicht nur in urbanistisch-landschaftlicher Hinsicht illegal, sondern auch als Start-Ort für grenzüberschreitende Flüge aufgrund staatlicher Gesetze“.
Im Hauptverfahren vor dem Bozner Landesgericht wird sich zeigen, ob das Gericht dieser Argumentation folgt wird oder nicht.
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Sebastian Felderer Mi., 05.01.2022 - 16:23

Zum Glück gibt es für die Moritzinger einen Rudi Benedikter. Bravo Rudi. Es gibt eben Leute, die glauben, dass Reichtum unbegrenztes Recht ermöglichen. Dabei wäre schon das Absetzen am Semmering Fingerzeig genug, dass dem nicht so ist.

Mi., 05.01.2022 - 16:23 Permalink
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Josef Ruffa Mi., 05.01.2022 - 18:04

"Dabei landet er meistens per Privatjet am Bozner Flughafen und fliegt von dort sehr oft mit seinem Hubschrauber nach Moritzing". Wenn das stimmt, dann ist es der Beitrag zur Nachhaltigkeit, damit die Eisackuferstrasse auf dem Weg vom Flughafen nach Moritzing mit dem Auto nicht ökologisch strapaziert wird. Interessant.

Mi., 05.01.2022 - 18:04 Permalink
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Sebastian Felderer Mi., 05.01.2022 - 19:22

Antwort auf von Josef Ruffa

Richtig Josef Ruffa, dabei ist er mit dem Straßenbau reich geworden. Mich wundert eigentlich, dass Herr Haselsteiner seinen Hubschrauber nicht gelb bemalt, dann könnte er bei der Flugrettung im Bozner Krankenhaus landen. Den Moritzingern würde es nicht mehr auffallen. Wie kann er nur seinen Privatgrund für einen Landeplatz opfern? Schrecklich.

Mi., 05.01.2022 - 19:22 Permalink
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pérvasion Sa., 08.01.2022 - 13:21

Ich bin in der gesamten Angelegenheit mit Sicherheit auf der Seite von Rudi Benedikter. Der Schwachsinn mit den internationalen Flügen ist aber in einem geeinten Europa — eben ein Schwachsinn. Man darf mit einem Hubschrauber von einem »Gelegenheitslandeplatz« zwar von Gossensass nach Lampedusa, nicht aber von Gossensass nach Steinach am Brenner fliegen? Ich versteh schon, dass Benedikter das Recht ausreizen will, aber so einen Käse verstehe ich einfach nicht. Tut mir leid.

Sa., 08.01.2022 - 13:21 Permalink