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„Ein Stich ins Wespennest“

Johanna Platzgummer im Gespräch mit dem Moraltheologen Martin M. Lintner über Tierwohl, Fleischkonsum. Landwirtschaft und das Verhältnis zwischen Mensch und Tier.
Martin M. Lintner
Foto: privat
Johann Platzgummer: Professor Lintner, Sie kommen aus einer Bauernfamilie und beschreiben, dass Ihnen bereits als Kind und Jugendlicher die Kälbchen leid getan haben, wenn sie sofort nach der Geburt in eine Kälberbox kamen und so von ihrer Mutterkuh getrennt wurden. Das war und ist in der Haltung von Milchkühen, bis auf wenige Betriebe mit Ammenhaltung, völlig normal. Niemand würde hier von Tierquälerei sprechen, obwohl die heutige Verhaltensforschung und sensible Tierhalter oder Kinder, wie Sie damals, erkennen und sehen, dass beide, Kuh und Kalb, sehr unter der Trennung leiden.
 
Martin M. Lintner: Meine Eltern betrieben einen konventionellen Bergbauernhof mit Milchwirtschaft in Aldein. Sie respektierten die Hof-Tiere, das hat mich als Kind sicher geprägt. Mein Vater sagte einmal zu einem Viehhändler, der grob mit einem jungen Rind umging, das er verladen musste, er würde ihm kein Tier mehr verkaufen. Meine Mutter ging damals schon weiter, sie hatte einen Ansatz, den wir heute als ökologisch nachhaltige Landwirtschaft bezeichnen. Dafür setzte sie sich ein, seit sie die erste Ortsgruppe der Südtiroler Bäuerinnenorganisation gegründet hatte.
 
Platzgummer: Sie organisieren zusammen mit Matthias Gauly, Professor für Nutztierwissenschaften an der Freien Universität Bozen, im Wintersemester 2021/22 eine Ringvorlesung zum Thema Mensch-Tier. Im Untertitel heißt es: ein ambivalentes Verhältnis. Dazu haben Sie unterschiedliche Themen und Referenten bzw. Referentinnen ausgesucht, so zum Beispiel einen der weltweit bekanntesten Tierrechtler, den US-amerikanischen Philosophen Gary L. Francione. Francione meint, Nutztiere hätten den Status von Sklaven. Ist das nicht eine provokante These?
 
Lintner: Auf den ersten Blick mag diese These provokant klingen. Aber es lohnt sich, sich mit den Argumenten von Francione auseinanderzusetzen. Er geht aus von der Schmerz- und Empfindungsfähigkeit der Nutztiere und davon, dass sie ein Interesse haben, zu leben. Jedes Tier wehrt sich, wenn es getötet wird. Es kämpft um sein Leben. Es flieht oder es wird von Panik befallen, wenn es spürt, was mit ihm geschieht.  Francione gehört zu jener Gruppe von Tierrechtlern, die deshalb fordern, dass Tieren moralische Rechte zuerkannt werden und dass sie vergleichbar mit den Menschen nicht als bloße Ressource für die menschlichen Interessen genutzt werden. Da wir dies bei Menschen als Sklaverei bezeichnen würden, überträgt er den Begriff auf die Tiere. Ich persönlich würde hier durchaus differenzieren zwischen Menschen und Tieren. Ich teile mit Francione aber die Auffassung, dass wir gegenüber Tieren die moralische Verantwortung haben, ihnen ein Leben zu ermöglichen, das ihren artspezifischen Bedürfnissen entspricht, dass wir sie nicht in Angst und Panik versetzen und ihnen nicht ohne schwerwiegenden und vernünftig begründbaren Grund Schmerzen zufügen dürfen.
 
 
Jedes Tier wehrt sich, wenn es getötet wird. Es kämpft um sein Leben. Es flieht oder es wird von Panik befallen, wenn es spürt, was mit ihm geschieht.
 
Wenn wir uns die derzeitige Situation weltweit anschauen, dann machen die Nutztiere über 60% der lebenden Wirbeltiere aus. 2020 wurden allein in Deutschland knapp 760 Millionen Tiere geschlachtet, darunter 656 Millionen Hühner, 53 Millionen Schweine, 35 Millionen Puten, 3 Millionen Rinder, 1,18 Millionen Schafe.(Quelle: Schlachtzahlen 2020 in Deutschland: Statistisches Bundesamt, Genesis-Online). Diese Zahlen entsprechen ca. 10 geschlachteten Tieren pro Kopf und Jahr. Das entspricht dem europäischen Durchschnitt. Mit über 700 Millionen Einwohnern kommen wir also auf eine Anzahl von mehreren Milliarden geschlachteten Tieren pro Jahr.Und die Zustände dieser Nutztierhaltung sind im Regelfall erschreckend grausam. Daher plädiert Francione dafür, das System der Nutztierhaltung nicht nur zu verbessern oder zu humanisieren, sondern damit ganz aufzuhören.
 
Platzgummer: Die landwirtschaftliche Praxis ist heute viel stärker im Schaufenster als noch vor einigen Jahrzehnten. Vor allem die Art Nutztiere zu halten, wird auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen immer wieder thematisiert, weil uns Tiere emotional viel stärker berühren als die Bodenkrume oder die Pestizid-Abdrift. Sie sind Teil eines Netzwerks, das tierethische Fragen in die öffentliche Debatte einbringt und sich auch dafür eingesetzt hat, dass der Tierschutz in der italienischen Verfassung verankert wird.
 
Lintner: Die Landwirtschaft insgesamt steht vor großen Herausforderungen. Einerseits hat sie die Aufgabe, gesunde und genügend Nahrungsmittel zu produzieren. Andererseits gestalten die Bauern und Bäuerinnen die Landschaft, die für alle Lebens- und Erholungsraum ist, sodass es nicht nur eine rein private Angelegenheit bleibt, wie sie mit ihrem Grund und Boden umgehen, wie es vielleicht früher einmal der Fall war. Die Art der Landwirtschaft wirkt sich zudem erheblich aus auf die Lebensraumqualität, sodass sich alle Bürger und Bürgerinnen berechtigt fühlen, hier ein Wörtchen mitzureden. Diese Spannung wird natürlich auch dadurch verschärft, dass immer weniger Menschen selbst in der Landwirtschaft tätig sind und sich viele Bauern und Bäuerinnen von den „Städtern“ bevormundet fühlen, wobei kritische Stimmen ja nicht nur von Menschen kommen, die in Städten leben. Wenn wir diese Fragen konstruktiv angehen wollen, braucht es breit angelegte gesellschaftliche Diskussionsforen, in denen Argumente und berechtigte Interessen, auch Befürchtungen der unterschiedlichen Seiten ernst genommen und möglichst sachlich und offen diskutiert werden.
 
 
 
Erste Schritte in diese Richtung hat Landesrat Arnold Schuler mit den Diskussionsforen „LandWIRtschaft 2030“ bereits gewagt. Doch nun zurück zu Ihrer Frage: Es  gibt immer mehr Menschen, die für das Thema Tierwohl in der Landwirtschaft sensibilisiert sind und deshalb hohe Forderungen an die heimische Landwirtschaft stellen. Diese Sensibilität schlägt sich im allgemeinen Konsumverhalten aber noch nicht nieder. Daher ist es nachvollziehbar, wenn die Bauernschaft bzw. der Bauernbund und die entsprechenden Genossenschaften fordern, es sollte sich zuerst das Konsumverhalten ändern, bevor man Forderungen an die heimische Landwirtschaft stellt.
 
Platzgummer: Warum erhielt der Vorschlag, den Tierschutz in den Rang eines Verfassungsgutes zu erheben, von der konservativen politischen Gruppe in Südtirol keine Unterstützung?
 
Lintner: Mein Eindruck war, dass das eigentliche Anliegen des Tierschutzes politischen Interessen und Lobbyismus zum Opfer gefallen ist. Ich hatte zeitweise den Eindruck, in ein Wespennest gestochen zu haben. Von unterschiedlichsten Seiten bekam ich Gegenwind, obwohl ich ja kein Entscheidungsträger bin, sondern eine öffentliche Debatte anregen wollte. Jemand ließ mir sogar ausrichten: Wissen Sie eigentlich, mit wem Sie sich da anlegen? Ich nenne jetzt keine Namen, aber namhafte Persönlichkeiten, die noch aktiv oder bereits im Ruhestand sind, haben mir geschrieben, um mich zu belehren oder in die Schranken zu weisen.
 
Ich hatte zeitweise den Eindruck, in ein Wespennest gestochen zu haben.
 
Zu Ihrer Frage: Einerseits geht es um die Befürchtung, politische Kompetenzen auf Landesebene zu verlieren, wenn Tierschutz in die staatliche Kompetenz fallen würde. Andererseits wird immer Druck gemacht damit, dass in Rom radikale Tierrechtler das Sagen hätten, sodass dann zu befürchten wäre, dass zum Beispiel die Jagd ganz abgeschafft würde. Auch hat man Angst, dass lokale Traditionen gefährdet sein könnten, zum Beispiel Viehversteigerungen, Viehausstellungen oder Almabtriebe. Meines Erachtens sind das vorgeschobene Argumente, da in allen Ländern, in denen Tierschutz im Verfassungsrang ist, solche Veranstaltungen weiterhin problemlos durchgeführt werden können und auch die Jagd nicht abgeschafft wurde. Jemand hat sogar gemeint, wir hätten in Südtirol aufgrund des eigenen Landestierschutzgesetzes bereits so hohe Standards, dass die römische Zuständigkeit unsere Standards nach unten aufweichen würde.
 
 
 
Das Südtiroler Tierschutzgesetz bedürfte aus meiner Sicht aber einer Novellierung. Ich habe mit unterschiedlichen Personen und Interessensvertretern das Gespräch gesucht, dabei wurde von allen Seiten beteuert, dass sie das Anliegen des Tierschutzes zwar grundsätzlich teilen würden, „aber“ … Es kam dann eben meistens dieses „aber“, das letztlich dazu geführt hat, dass der Tierschutz nicht in den Rang eines Verfassungsgutes erhoben wurde, im Unterschied zum Schutz von Umwelt, Biodiversität und Ökosystemen. Ich möchte aber daran erinnern, dass der Südtiroler Landtag dank der Initiative von SVP-Abgeordneten im Juni einen Begehrensantrag an das italienische Parlament gerichtet hat, dass die Anerkennung der Tiere als fühlende Wesen im Sinne des Vertrages von Lissabon in der italienischen Rechtsordnung verankert werden soll. Es wäre interessant zu erfahren, wo wir da gerade stehen. In der genannten Vorlesungsreihe haben wir deshalb auch eine Veranstaltung mit dem Rechtsanwalt Rudi Benedikter und der Senatorin Julia Unterberger geplant.
 
Platzgummer: Welchen Spielraum haben wir als informierte, sensible Kundinnen und Kunden?
 
Lintner: Es ist sehr wichtig, sich informiert zu halten. Sich nicht vom Marketing blenden zu lassen oder von den schönen idyllischen Fotos auf den Verpackungen. Und genau lesen, wie das Produkt beschrieben wird, welche Qualitätssiegel verwendet werden oder fehlen, weil die Standards bestimmter Siegel nicht erfüllt werden. Aber allein durch das Konsumverhalten lässt sich diese Frage nicht regeln. Einerseits aufgrund des bereits angesprochenen Problems, dass es zwischen persönlichen Überzeugungen und dem konkreten Konsumverhalten oft einen zu großen Unterschied gibt. Andererseits lässt sich allein durch die Gesetzmäßigkeiten des freien Marktes keine Kostenwahrheit bei der Produktion der Lebensmittel erreichen. Die sogenannten Billigprodukte, besonders bei den tierlichen Produkten, sind deshalb so billig, weil die negative Umweltbilanz nicht verrechnet wird.
 
Denn es stehen sehr gut organisierte Interessensverbände im Hintergrund, die von diesem System profitieren
 
Mein Bruder beispielsweise hat den elterlichen Hof auf einen biologisch geführten Betrieb mit Mutterkuhhaltung und graslandbasierter Fütterung umgestellt. Er verkauft das Fleisch von Jungrindern, die einige Monate bei ihren Müttern auf der Weide bleiben können und ein für Rinder als soziale Tiere gutes Leben führen. Dieses Fleisch kostet wesentlich mehr als das Rindfleisch aus der intensiven Haltung, in der die Kälber und Jungrinder sich nie ihrer Natur gemäß entfalten konnten, weil sie sofort nach der Geburt von der Mutterkuh getrennt werden, auf engem Raum eingesperrt bleiben und so schnell als möglich, mit Kraftfutter, das Schlachtgewicht erzielen sollen. Solches Fleisch ist an jeder Supermarkttheke und in vielen Metzgereien zu haben. Das Fleisch von Biobeef und anderen vergleichbaren Initiativen ist natürlich teurer und deshalb ist der Absatz begrenzt. Das regelt sich also nicht allein durch den Markt. Kraftfutter-Produktion, Kot und Gülle, die tonnenweise anfallen, die schlechten Arbeitsbedingungen von Menschen, die in Intensivbetrieben die Tiere versorgen oder schlachten – sei es in Oberitalien, wo die meisten Stierkälbchen aus Südtirol landen, oder in Deutschland und anderen Ländern, wo die Schweine gemästet und geschlachtet werden, die dann bei uns zu Südtiroler Speck verarbeitet werden … all das sind versteckte Umwelt- und Sozialkosten.
 
 
Der einzelne Bauer und der einzelne Kunde sind hier relativ machtlos. Denn es stehen sehr gut organisierte Interessensverbände im Hintergrund, die von diesem System profitieren. Der Tönnies-Skandal während der Corona-Pandemie hat die hässliche Fratze dieses Systems für eine paar Wochen lang ins Licht der Öffentlichkeit gebracht. Die bäuerlichen Betriebe, vor allem die kleinen, haben hier viel zu wenig Gewicht. Das ginge nur über die direkte Vermarktung, über die man vielleicht einen Teil einer Dorfbevölkerung ernähren könnte, mehr aber auch nicht, da wir auch in Südtirol auf Importe angewiesen sind. Beim Fleisch werden zum Beispiel 90% importiert, wobei die Speckproduktion hier einen hohen Anteil hat. Kollege Gauly hat auf diese Problematik bereits hingewiesen (Interview Salto.bz vom 19. Juli 2021). Er hat ganz klar gesagt: Diese Form der konventionellen Schweinehaltung und Schlachtung ist weder tiergerecht noch zeitgemäß.
 
 
Platzgummer: Essen hat immer schon eine Zugehörigkeit zu einer Gruppe geschaffen. Heute definieren wir unsere kulturelle Identität sehr stark über unsere Wahl der Nahrung. Einige verlangen nach deutlich höherem Tierwohl bei Nutztieren, manchmal auch sehr radikal. Oder sie sprechen sich wie Francione ganz gegen die Nutzung von Tieren aus. Was ist Ihre Position?
 
Lintner: Ja, für immer mehr Menschen ist es eine Frage der Authentizität und Glaubwürdigkeit, verantwortungsbewusst einzukaufen. Für andere hingegen, die immer noch die Mehrheit bilden, spielt das eine geringe bis keine Rolle. Meine persönliche Position ist kurz zusammengefasst: Wir dürfen Tiere nutzen, wenn wir zugleich bereit sind, ihnen eine Leben zu ermöglichen, in dem sie ihre artspezifischen Bedürfnisse und Fähigkeiten ausleben können, sodass ihre Gesundheit und das Tierwohl gewährleistet wird. Damit unterscheide ich mich von den Tierrechtsansätzen, zum Beispiel von Francione. Oft sehe ich mich deshalb seitens von Tierrechtlern der Kritik ausgesetzt, ich würde letztlich mit meiner Position dazu beitragen, dass das System weitergeht. Es gehe nicht darum, Tiere halt ein bisschen netter auszunutzen, sondern sie gar nicht auszunutzen. Das System sei nicht reformierbar, sondern müsse überwunden werden. Solange sich nicht auf vielen Ebenen etwas ändert und zum Beispiel der Konsum von Fleisch so hoch bleibt wie jetzt, wird das tatsächlich stimmen.
 
Es gehe nicht darum, Tiere halt ein bisschen netter auszunutzen, sondern sie gar nicht auszunutzen.
 
Platzgummer: Hat das mit dem Selbstverständnis zu tun, das aus einer missverständlichen Lesart der Genesis rührt, Menschen herrschen über alle anderen Lebewesen, entsprechend muss Fleisch immer verfügbar sein?
 
Lintner: Fleisch war früher ein wertvolles Lebensmittel, dass nur zu besonderen Anlässen zubereitet worden ist. Nicht umsonst sprach man vom „Sonntagsbraten“. Dass Fleisch mittlerweile zu dem geworden ist, was es heute ist, hat mit der Entwicklung zu tun, dass in der Masse auf das Wohlbefinden der Tiere nicht mehr geachtet wird. Tiere sind ein Produkt geworden. Das wurde nicht zuletzt möglich durch eine Geisteshaltung, die auf die frühe Neuzeit, auf  Renè Descartes zurückgeht. Er hat Tiere als Automaten verstanden, die nicht denken können und deshalb weder Leiden noch Bewusstsein äußern können. Das war genau die Zeit, in der man historisch zum ersten Mal die Bibel, also den schon zitierten Vers aus der Genesis, dazu missbraucht hat, Natur richtiggehend auszubeuten und auch mit den Tieren brutal umzugehen, zum Beispiel im Bereich der Medizin durch das Sezieren bei lebendigem Leib, um die Funktionsweise von Nervenbahnen, Blutkreislauf, Organen etc. zu erforschen.
 
Platzgummer: Lebensmittel waren bis zur industriell betriebenen Tierhaltung ab dem 19. Jh. extrem teuer, entsprechend aßen nur die Wohlhabenden häufig, d.h. täglich Fleisch oder Käse. So setzte sich fest, wer Fleisch essen kann, hat gesellschaftlich gesehen einen hohen Status, das stärkt das Selbstbewusstsein. Und wenn Fleisch billig zu kaufen ist, garantiert der Staat allen diesen hohen Status.
 
Lintner: Fleischkonsum erfüllt unbewusst tatsächlich die Funktion eines Statussymbols. Vielleicht ist das tief in das menschliche Bewusstsein eingeprägt, weil zur Zeit der Jäger und Sammler Jagderfolg bedeutet hat, dass das Überleben einer Familie oder Sippe zumindest für eine gewisse Zeit lang gesichert war. Und erfolgreiche Jäger waren hoch angesehen. Aber wir leben nicht mehr in der Zeit der Jäger und Sammler und angestammte Verhaltensweisen können heute sogar unser Überleben gefährden. Denken wir nur an den hohen Anteil der intensiven Nutztierhaltung an der globalen Klimaerwärmung. Ebenso sind Traditionen nicht sakrosankt. Wir sind durch Beobachtung und Forschung auf einem anderen Stand als noch vor Jahrzehnten, geschweige denn vor Jahrhunderten. Daher sollten wir uns als Gesellschaft dieser neuen Verantwortung stellen. Heute wissen wir um so viele Bedürfnisse und Fähigkeiten von Tieren, dass es moralisch nicht mehr vertretbar ist, sie wie Automaten oder generell als Besitz wie Autos oder Möbel zu verstehen. Tiere sind als Mitgeschöpfe Teil unserer Lebensgemeinschaft und dieser Verantwortung müssen wir gerecht werden.
 
 
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Herta Abram So., 09.01.2022 - 14:57

Viele menschliche Eigenschaften und Gefühle kann man genauso gut bei Säugetieren beobachten, z.B. Fürsorglichkeit, Hilfsbereitschaft, Kooperation, das Empfinden von Freude und Trauer, die Suche nach einem angenehmen Leben und vieles mehr. Säugetiere unterscheiden sich in Kognition, Emotion und Empathie nur graduell von menschlichen Tieren (Menschen). Sie sind Subjekte, die über Bewusstsein verfügen und über das Vermögen, ihre Umwelt zu gestalten, und entsprechend sind sie zu behandeln. Die Art und Weise, wie wir Menschen miteinander umgehen, hat etwas damit zu tun, wie wir mit unseren Tieren umgehen. Nicht, dass wir Fleisch essen ist das Problem, sondern wie wir es produzieren und wie wir dabei die Tiere quälen. Das muss nicht sein.
Danke Martin M. Lintner! Dass Sie Ihre Stimme für die Gute-Seite, - von menschlicher Machtgebrauchsmöglichkeit - , erheben und sich dafür einsetzen, dass Tiere als Subjekte in der Rechtsprechung beteiligt werden und zu Trägern von Rechten gemacht werden. Maßstab ist hier nicht das öffentliche Interesse, sondern das Interesse der Tiere selbst. Das Eigenrecht der Tiere auf ein ihnen gemäßes Leben muss rechtlich verankert werden.
Eine Politik, die solche Vorschläge für nicht umsetzbar erklärt, handelt verantwortungslos und betreibt reine Klientelpolitik für Landwirte (und hier auch nur für einen Teil) und für die Agrarindustrie, die als Einzige vom jetzigen System profitieren.

So., 09.01.2022 - 14:57 Permalink
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Johannes Engl So., 09.01.2022 - 20:56

Antwort auf von Herta Abram

Danke an Herrn Lintner für die differenzierte, ausgewogene Argumentation.
Zu Frau Abram: dass nur Agrarindustrie und Landwirte von dem aktuellen System profitieren, ist nicht korrekt. Zuallererst profitiert die breite Masse der Konsument*innen von den niedrigen Preisen für Fleischprodukte. Wahr ist allerdings auch, dass die Agrarlobby eine klare und einheitliche Kennzeichnung der Fleischprodukte bisher erfolgreich verhindert hat.

So., 09.01.2022 - 20:56 Permalink
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Johannes Engl So., 09.01.2022 - 20:56

Antwort auf von Herta Abram

Danke an Herrn Lintner für die differenzierte, ausgewogene Argumentation.
Zu Frau Abram: dass nur Agrarindustrie und Landwirte von dem aktuellen System profitieren, ist nicht korrekt. Zuallererst profitiert die breite Masse der Konsument*innen von den niedrigen Preisen für Fleischprodukte. Wahr ist allerdings auch, dass die Agrarlobby eine klare und einheitliche Kennzeichnung der Fleischprodukte bisher erfolgreich verhindert hat.

So., 09.01.2022 - 20:56 Permalink
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Herta Abram Mo., 10.01.2022 - 07:30

Antwort auf von Johannes Engl

Johannes Engl, ich teile Ihr Argument, doch mein Ansatz möchte darüberhinaus gehen.
Die aktuellen Verkaufspreise für Lebensmittel spiegeln die Kosten der Umweltfolgen von Stickstoff, Klimagasen und Energieerzeugung nicht oder nur unzureichend wider. Darin sind die wichtigen Aspekte wie Tierwohl oder die Folgen multi-resistenter Keime (Corona,usw.) mangels entsprechender Datengrundlage noch gar nicht mit einbezogen worden. So werden die versteckten Kosten auf die "breite Masse" abgewälzt, und auf die nachkommende Generation.

Mo., 10.01.2022 - 07:30 Permalink