Mario Draghi
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Politik | Stühlerücken

Will Draghi Staatspräsident werden?

Draghi äussert seine Absicht, für den Quirinalspalast zu kandidieren. Salvini pfeift ihn zurück.

Was in den vergangenen Wochen noch als politische Streitfrage gehandelt wurde, scheint jetzt klar. Regierungschef Mario Draghi trägt sich scheinbar mit der Absicht, für das Amt des Staatspräsidenten zu kandidieren. Damit hat der Premier allen Spekulationen um seinen Verbleib im Chigi-Palast ein vorläufiges Ende gesetzt. Das bedeutet, dass es bei der bevorstehenden Wahl zur Nachfolge des zurückgetretenen Staatsoberhauptes Sergio Mattarella zu einem direkten Duell zwischen dem 85-jährigen Ex-Premier Silvio Berlusconi und seinem Herausforderer und langjährigen Präsidenten der Europäischen Notenbank kommen könnte.

Über die weiteren Bewerber ist vorerst nichts bekannt. Doch Italiens innenpolitische Turbulenzen haben alles andere als endgültigen Charakter. Lega-Chef Matteo Salvini legte sich umgehend quer: "Draghi non può abbandonare i lavori in corso. Noi siamo al governo finchè non finisce l' emergenza sanitaria e sociale. Non è il momento di giochini politici. Draghi deve andare avanti, non può abbandonare i lavori in corso. Noi siamo al governo finchè non finisce l' emergenza sanitaria."

Bleibt abzuwarten, wie lange der Regierungschef den Dauerzirkus der italienischen Politik aushält.  Eines steht fest. Auf der für Montag angekündigten Pressekonferenz Draghis dürften kaum mehr Plätze frei sein. Chefredakteur Massimo Giannini hat seine Fragen bereits in einem Leitartikel seines Tagblatts La stampa publiziert. Auch weil der Regierungschef sich gegenüber der Presse einen ungewohnten Affront leistete: "Un silenzio durato venti giorni." Das lasse zwei Schlüsse zu: "Il governo sta perdendo la sua spinta propulsiva" und/oder "Il quadro politico si sta sfarinando".

Bleibt abzuwarten, wie lange der Regierungschef den Dauerzirkus der italienischen Politik aushält.  Eines steht fest. Auf der für Montag angekündigten Pressekonferenz Draghis dürften kaum mehr Plätze frei sein. 

Armer Draghi. Hatte der Regierungschef doch erst wenige Tage zuvor eine durchaus positive Bilanz gezogen: "Abbiamo conseguito tre grandi risultati: "Siamo uno dei paesi più vaccinati, abbiamo consegnato in tempo il piano nazionale di ripresa e resilienza e raggiunto tutti i 51 obiettivi concordati con l'Unione europea."

Die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Lega-Chef und dem langjährigen Chef der EU-Notenbank könnten freilich auf unterschiedliche Interpretationen des Begriffs Arbeit zurückzuführen sein.  So hatte Salvini einen Journalisten der Tageszeitung il fatto quotidiano wegen Verleumdung angezeigt, weil er in einem Artikel geschrieben hatte "Salvini non ha mai lavorato in vita sua." Das vom Lega-Mann angerufene Gericht in Bergamo lehnte eine Verurteilung allerdings mit der Begründung ab: "Si può dire."

 

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Karl Trojer Mo., 10.01.2022 - 12:02

Draghi sollte die begonnene Arbeit, für die er beauftragt wurde, als Ministerpräsident zu Ende führen.
Fürs Amt des Staatspräsidenten sollten integre Frauen kandidieren und gewählt werden.

Mo., 10.01.2022 - 12:02 Permalink
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Ludwig Thoma Mo., 10.01.2022 - 19:12

Antwort auf von Stefan S

Auch andere Länder sehen ein Mindestalter für den Staatspräsidenten vor (40 in D, 35 in A). Kurz und Ardern waren/sind keine Staatsoberhäupter. Der Fall Kurz veranschaulicht aber ganz gut, warum für ein solches Amt ein bestimmtest Mindestalter nicht schadet.

Mo., 10.01.2022 - 19:12 Permalink
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Stefan S Di., 11.01.2022 - 09:41

Antwort auf von Ludwig Thoma

"Auch andere Länder sehen ein Mindestalter" und das begründet jetzt was?
"sind keine Staatsoberhäupter" ich nannte "staatstragend"! Staatsoberhäupter können pure Grüßgott Onkel sein (Neuseeland die Queen) aber selbst dafür taugt Berlusconi nicht.
Junge Staatschefs: Macron, Selenskij, Trudeau oder Roosevelt, Kennedy und für die ganz hart gesottenen Kim Jong Un

Di., 11.01.2022 - 09:41 Permalink
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Sepp.Bacher Di., 11.01.2022 - 12:00

Antwort auf von Stefan S

Man kann die Länder mit Präsidialsystem nicht mit denen vergleichen, die dem Staats- oder Bundespräsidenten eine geringe Macht gewähren.
Außerdem liegen Staats- und Bundespräsidenten dem Steuerzahler für das restliche Leben auf dem Säckel! Da ist besser wenn es eine ältere Persönlichkeit ist.

Di., 11.01.2022 - 12:00 Permalink
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Stefan S Di., 11.01.2022 - 14:47

Antwort auf von Sepp.Bacher

Entscheidend ist nicht wie es sich nennt sondern die jeweilige Verfassung, die Gewaltenteilung und wie es dann tatsächlich gelebt wird.
Wenn man sich z.B. anschaut wieviele Verfahren in Italien wegen Verjährung geschlossen werden. Nicht umsonst prangert die EU die mangelde Rechtssicherheit in Italien an. Wäre diese gegeben würde Berlusconi die schwedischen Gardinen von innen betrachten und der Artikel wäre obsolet.

Di., 11.01.2022 - 14:47 Permalink
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Ludwig Thoma Di., 11.01.2022 - 20:36

Antwort auf von Stefan S

Dass andere Länder auch ein Mindestalter vorsehen begründet nichts, da haben Sie recht. Aber es zeigt, dass Italien mit einer solchen Regelung nicht alleine dasteht, was sie dadurch etwas nachvollziehbarer macht.
In den vorbereitenden Arbeiten zur Verfassung wurde im ursprünglichen Entwurf ein Mindestalter 45 Jahren vorgesehen. Der Abg. Fuschini (DC) begründete seinen Abänderungsantrag das Mindestalter auf 50 anzuheben wie folgt: "Non c'è bisogno di illustrare questo emendamento. Io propongo in sostanza che l'età del Presidente della Repubblica sia elevata da 45 a 50 anni, anche per una ragione di rapporto con l'età dei senatori che abbiamo elevata da 35 a 40 anni. Del resto, credo che elevare l'età del Presidente sia indispensabile per assicurarsi una maggiore esperienza di vita in colui che è chiamato a coprire una così alta carica."

Wir können froh sein, dass in der Verfassung als Anhaltspunkt ein Mindestalter angegeben ist und dort nicht steht, dass der oder diejenige "staatstragend" sein muss, weil das nicht definierbar ist.

Di., 11.01.2022 - 20:36 Permalink