Umwelt | Wasser

Kastelruth trinkt aus Seis

In Kastelruth und auf der Seiser Alm ist das Trinkwasser so knapp, dass die Berufsfeuerwehr Bozen ausrücken muss. Gründe dafür gibt es mehrere.
Seiser Alm
Foto: Salto.bz

Strahlend blauer Himmel, Sonnenschein, schneebedeckte Hänge und Berge: So präsentiert sich die Seiser Alm derzeit. Die Idylle aber ist trügerisch.
In Kastelruth und auf der Seiser Alm fehlt Trinkwasser. Und zwar so massiv, dass nun die Berufsfeuerwehr Bozen ausgerückt ist. “Wir haben in letzter Zeit bemerkt, dass wir nicht mehr imstande sind, das Reservoir zu füllen”, berichtet Arnold Rauch, Obmann der Trinkwassergenossenschaft Kastelruth. Diese kümmert sich um die Trinkwasserversorgung des Hauptortes der Gemeinde und der umliegenden Ortschaften. Das Hauptproblem, das zur aktuellen Wasserknappheit geführt hat, ist im vorigen Jahr zu finden. Das starke Unwetter, das Ende Juli 2021 über dem Schlerngebiet niedergegangen ist, hat zwei Quellen beschädigt, die den Trinkwasservorrat für Kastelruth mit speisen. Die Reparaturarbeiten an den Quellfassungen beginnen erst Ende März. Kostenpunkt: ca. 1,5 Millionen Euro. “Eigentlich hätten die Arbeiten im Herbst durchgeführt werden sollen”, berichtet Gregor Kompatscher von der Trinkwassergenossenschaft Neptunia, die für die Wasserversorgung des Nachbarortes Seis am Schlern und dessen Fraktionen zuständig ist. “Aber die Bürokratie hat alles verzögert.”

Zusätzlich verschärft hat die Situation in Kastelruth der fehlende Niederschlag. Ein regenarmer Herbst und ein Winter mit bisher wenig Schneefall haben die Quellen stark in Mitleidenschaft gezogen. “Die Durchflussmenge ist von 20 Sekundenliter auf zuletzt eineinhalb Sekundenliter gesunken. Die Grundfeuchtigkeit fehlt”, erklärt Rauch. 

 

Dass Trinkwasser knapp wird, erlebt man in Kastelruth und im Schlerngebiet öfters. Eine Rolle spielt dabei auch der Tourismus. Hotelbetriebe, insbesondere solche mit Wellnessanlagen, treiben den Wasserverbrauch drastisch in die Höhe. “Als die Betriebe in den vergangenen zwei Jahren wegen Covid-19 geschlossen waren, hat man das deutlich gemerkt”, bestätigt Arnold Rauch. Wichtig sei jedenfalls, rechtzeitig zu reagieren, um die Versorgung der Bürger mit Trinkwasser zu garantieren. Wie bei Trinkwasserknappheit vorgegangen wird, ist in einer entsprechenden Gemeindeverordnung geregelt. Der Betreiber – im Falle von Kastelruth die dortige Trinkwassergenossenschaft – muss den Bürgermeister informieren, die Bürger zum Wassersparen aufrufen und selbst dafür sorgen, dass der Wasserverbrauch eingeschränkt wird. Etwa mit einem Bewässerungsverbot für Gärten.

Um die aktuelle Situation zu entschärfen, hat der Kastelruther Bürgermeister Andreas Colli ein Ansuchen an die Berufsfeuerwehr Bozen gestellt. Diese ist in Südtirol für den Transport von Trinkwasser zuständig. “Wir machen diese Transporte ausschließlich für Gemeinden, nie für Private”, erklärt Florian Schroffenegger von der Berufsfeuerwehr. Nach einem Lokalaugenschein des diensthabenden Offiziers vor Ort sind am Freitag zwei Mann und zwei Fahrzeuge ausgerückt. Sie transportieren 200.000 Liter Trinkwasser nach Kastelruth. Der Wassertank der großen Sattelzugmaschine, die dabei zum Einsatz kommt, fasst 30.000 Liter. “Wir hoffen, dass wir den Transport im Laufe des heutigen Tages abschließen können”, sagt Schroffenegger. Die 200.000 Liter Trinkwasser für Kastelruth kommen aus dem Nachbarort Seis. Dort gibt es genug Wasser, um in Kastelruth auszuhelfen, bestätigt Kompatscher von der Genossenschaft Neptunia. Für den Transport muss das Wasser chloriert und eigene Schläuche und Pumpen verwendet werden. “So sehen es die Hygiene-Auflagen der Sanität vor”, erklärt Florian Schroffenegger. Und betont: Gesundheitlich ist das chlorierte Wasser “absolut nicht bedenklich”. 

 

Wie lange die kritische Situation in Kastelruth und auf der Seiser Alm anhält, ist noch nicht abzusehen. Auf jeden Fall so lange, bis ergiebige Niederschläge fallen, meint Genossenschaftsobmann Arnold Rauch. “Vielleicht auch bis Mitte April. Das hängt auch von der Auslastung der touristischen Betriebe ab.”

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m s Fr., 11.02.2022 - 17:19

Ich hoffe*, dass diese Kosten der Allgemeinheit auch über entsprechend hohen Gebühren für den hohen Wasserverbrauch der Wellnessanlage bezahlt werden.

* befürchte allerdings eher nicht.

Fr., 11.02.2022 - 17:19 Permalink