Politik | Medienmonopol

Die falschen Fragen

Michl Ebner reiht sich unter die politisch Verfolgten ein und kontert auf den Bressa-Vorschlag mit einem absurden Zahlenspiel. Doch die Realität sieht anders aus.
Ich darf gestehen, dass ich fast schon geschmeichelt bin.
Athesia-Präsident Michl Ebner schickt eine Stellungnahme zur aktuellen Diskussion über das Athesia-Medienmonopol und den Vorschlag von PD-Senator Gianclaudio Bressa zur Veröffentlichung an Salto.bz. Wir haben die Stellungnahme gerne veröffentlicht.
Dabei hatte doch ausgerechnet sein Bruder, der Dolomiten-Chefredakteur Toni Ebner, dieses Onlineportal unlängst in die „Medien unter der Wahrnehmungsgrenze“ eingereiht.
Entweder die Brüder sind nicht derselben Meinung, oder es geht um etwas anders.
Ich würde die zweite Erklärung als plausibler betrachten.
Gianclaudio Bressa wird seinen Vorschlag als Abänderungsantrag zum Konkurrenzgesetz einbringen, das derzeit in den Kommissionen des Senats behandelt wird. Sowohl Dieter Steger (Bilanzkommission) als auch Meinhard Durnwalder (Industrie, Handel, Tourismus) sind direkt mit diesem Gesetz befasst.
Die SVP wird sich deshalb früher oder später mit diesem Thema auseinandersetzen müssen. Auch wenn man in der Brennerstraße so tut, als ginge diese Frage Südtirols Regierungspartei nichts an. Philipp Achammer & Co werden in den Parteigremien also festlegen müssen, wie sich die Parlamentarier zum Bressa-Vorschlag in Rom verhalten. Dabei wird man das Ganze als Angriff auf die Südtiroler Autonomie geißeln und der Athesia affine SVP-Obmann wird wohl zum Widerstand aufrufen müssen.
 
Athesia-Präsident Michl Ebner schickt eine Stellungnahme zur Veröffentlichung an Salto.bz.  Dabei hatte doch ausgerechnet sein Bruder, der Dolomiten-Chefredakteur Toni Ebner, dieses Onlineportal unlängst in die „Medien unter der Wahrnehmungsgrenze“ eingereiht.
 
Michl Ebner kann in seinen über zwei Dutzend Zeitungen, Zeitschriften und Blättchen seine Meinung dazu aber nicht preisgeben. Denn Südtirols Öffentlichkeit darf erst gar nicht erfahren, dass es diese Bressa-Initiative überhaupt gibt. Und ins Mitteilungsblatt der Handelskammer passt diese Mitteilung gewissermaßen in eigener Sache  auch nicht gerade gut.
Deshalb verschickte der Athesia-Direktor seine Stellungnahme an die „systemkritischen Medien“, wie es im Tagblatt der Südtiroler so schön heißt.
Die Stellungnahme wird dabei auch als Argumentarium für jene SVP-Seilschaft dienen, die zur Dolomiten-Expedition gehört und die dem mächtigen Sponsor zur ewigen Seiltreue verpflichtet ist. Man kann dann, wenn es in der Brennerstraße heiß werden sollte, mit der Ebner-Philippika wedeln.
 
Tatsache ist, dass es in der Region Trentino-Südtirol fünf Tageszeitungen gibt. Drei davon gehören dem Athesia-Konzern. Eine vierte Tageszeitung hängt am Gängelband des Ebner-Konzerns.
 
Dabei ist Michl Ebners Zahlenspiel mit der Auflage seiner Zeitungen - mit Verlaub - eine schlechter Witz. Es ist eine Beleidigung des Hausverstandes.
Der Gesetzgeber braucht eine Messlatte, um eine marktbeherrschende Position zu erfassen. Man hat dazu die Auflage gewählt. Selbst im Volkswirtschaftskurs im 1. Semester dürfte man lernen, dass marktbeherrschende Situationen nicht dadurch gelöst werden, indem man Zeitungsauflagen zurückfährt.
 
 
Tatsache ist, dass es in der Region Trentino-Südtirol fünf Tageszeitungen gibt. Drei davon gehören dem Athesia-Konzern. Eine vierte Tageszeitung hängt am Gängelband des Ebner-Konzerns, denn die Agentur, die dieser Zeitung die Werbung liefert, gehört der Athesia AG. Wer weiß, wie wichtig Werbeeinnahmen im heutigen Zeitungsmarkt sind, dem ist auch klar, welches Druckmittel Ebner dabei in den Händen hält.
Unrechtmäßige Monopolstellungen oder Kartellbildungen werden überall auf der Welt völlig pragmatisch gelöst. Ein Konzern muss sich von jenen Assets trennen, die über dem gesetzlich festgelegten Limit liegen.
Konkret: Athesia müsste wahrscheinlich eine ihrer drei Tageszeitungen verkaufen.
Wäre dann die Pressefreiheit in Gefahr? Oder das Südtiroler Volk in Not? Wohl kaum.
Athesia müsste wahrscheinlich eine ihrer drei Tageszeitungen verkaufen. Wäre dann die Pressefreiheit in Gefahr?  Oder das Südtiroler Volk in Not?  Wohl kaum.
Was Michl Ebner in seiner Stellungnahme aber ganz bewusst ausblendet, ist der zweite zentrale Punkt des Bressa-Vorstoßes. Monopolisten soll die staatliche Zeitungsförderung gestrichen werden.
Es muss leider wiederholt werden: Die „Athesia Druck GmbH“ erhält jährlich über die Förderung für Minderheitenzeitungen, ausgeschüttet vom "Dipartimento per l’editoria" am Ministerratspräsidium 6,3 Millionen Euro für die Tageszeitung "Dolomiten". Das Ebner-Blatt ist damit Italiens Tageszeitung, die am größzügisten vom Steuerzahler gefördert wird.
Allein die „Athesia Druck GmbH“ hat laut Bilanz 2020 ein Reinvermögen von 150.466.909 Euro. Das Reinvermögen des gesamten Athesia-Konzerns liegt laut Jahresabschluss bei rund 350 Millionen Euro.
Ist es wirklich zu rechtfertigen, dass dieser wirtschaftlich überaus erfolgreiche Konzern derart großzügig mit Steuergeldern unterstützt wird?
Ebenso könnte man weit brisantere Fragen stellen: Michl Ebner verdient für 33 Ämter in den verschiedenen Unternehmen des Konzerns - laut Eigenerklärung 2021 - 550.991,69 Euro.
Ist es richtig, dass er zusätzlich nicht nur zwei Renten (eine als Parlamentarier in Rom und eine zweite als EU-Parlamentarier), sondern auch noch eine jährliche Entschädigung von 148.407,79 Euro als Präsident der Handelskammer Bozen erhält? Wobei man wissen muss: Ehemalige Politiker müssen inzwischen per Gesetz auf ihre Renten oder die Entschädigung verzichten, wenn sie ein bezahltes öffentliches Amt annehmen. Doch der Gesetzgeber hat im entsprechenden Gesetz eine Institution vergessen: Die Handelskammern.
Ganz zu schweigen vom täglichen Interessenkonflikt, in dem Ebner auf der einen Seite als größter Einzelaktionär des Athesia-Konzerns und auf der anderen Seite als Handelskammerpräsident und IDM-Gesellschafter steht?
Kann diese Situation „beklatscht“ werden? Wohl kaum.
Versuch einer massiven politischen Einschüchterung: Diese Anklage kommt ausgerechnet aus dem Mund eines Politikers und Verlegers, dessen Geschäftsmodell seit Jahrzehnten genau auf diese Art der Gefügigmachung aufgebaut ist.
Michl Ebner sieht in dem Bressa-Vorschlag den „Versuch einer massiven politischen Einschüchterung“. Diese Anklage kommt ausgerechnet aus dem Mund eines Politikers und Verlegers, dessen Geschäftsmodell seit Jahrzehnten genau auf diese Art der Gefügigmachung aufgebaut ist.
Die aktuellen Kampagnen des Medienhauses Athesia gegen SVP-Vizeobmann Karl Zeller und gegen Landeshauptmann Arno Kompatscher oder der fanatische Kampf gegen die Pressefreiheit und für die Zensur in Sachen SAD-Abhörungen sind nur die letzten Beispiele einer langen Liste.
Wie sagt man doch auf gut Südtirolerisch: „…da che pulpito..
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kurt duschek Mi., 16.02.2022 - 21:23

....es muß ganz schön brennen im Hause Athesia, wenn der Chef einen Artikel im Salto.bz schreibt! Eigentlich und hinterfotzig könnte man dies als einen Salto mortale der Handelskammer bezeichnen!

Mi., 16.02.2022 - 21:23 Permalink