Gesellschaft | Charakterköpfe

Der bekannteste „Südtiroler“

Der Mann, der vor 5.250 Jahren am Übergang vom Schnalstal ins Ötztal gestorben ist, wirft ein völlig neues Licht auf die Urgeschichte der Menschheit.
otzi.jpg
Foto: Zucc.inc
Stellt man die Frage nach dem international bekanntesten Südtiroler, so kommt als Antwort meistens Reinhold Messner. Tatsächlich gebührt dieses Primat jedoch einen Herrn, der wesentlich früher gelebt hat.
Die Rede ist von der Gletschermumie „Ötzi“, die seit ihrer Entdeckung im Jahre 1991 immer wieder durch die Weltpresse geistert. Und das zurecht, wirft dieser Fund doch ein völlig neues Licht auf die Urgeschichte der Menschheit. Mit dem vor zirka 5.250 Jahren am Übergang vom Südtiroler Schnalstal ins österreichische Ötztal verstorbenen „Ötzi“ stand der Forschung plötzlich ein Mann zur Verfügung, dessen Körperverfassung, Kleidung und Waffen eine Vielzahl von neuen Erkenntnissen über das Leben der Steinzeitmenschen ermöglichte.
 
 
Das Alter des etwa 1,60 Meter großen Mannes wird auf 45 Jahre geschätzt. Er hatte braune Augen und 61 über den ganzen Körper verteilte Tätowierungen. Seine DNA weist ihn einer möglicherweise im Eisacktal ansässigen bäuerlichen Bevölkerung zu, welche damals unter den Jägern und Sammlern noch eine Minderheit darstellte.
Geringe Abnutzungserscheinungen und ein kostbares Kupferbeil lassen den Schluss zu, dass er der Oberschicht angehörte. „Ötzi“ trug eine aus Ziegen- und Schaffell kombinierte Jacke, deren hell-dunkle Streifen modische Akzente erkennen lassen. Aus demselben Material bestehen die am Lendenschurz befestigten „Strümpfe“, was alles von einem Gürtel aus Kalbsfell zusammengehalten wird.
 
 
Geradezu raffiniert ist die Machart der Schuhe: die Schäfte sind aus Rindsleder, als Sohle dient ein Bärenfell mit nach innen gewandten Haaren, gekreuztem Lederband als Profil und getrockneten Gräsern als Innenisolierung. Die Mütze wurde aus Bärenfell angefertigt. Das kostbarste Ausstattungsstück der Gletschermumie ist ein Kupferbeil. Mit demselben konnte man Bäume fällen, wahrscheinlich diente es aber als Waffe und Statussymbol. Eine höchst wirksame Waffe, mit der bis auf fünfzig Metern tödliche Schüsse abgeben konnten, ist auch der 1,8 Meter lange Bogen aus Eibenholz, für den Ötzi 14 Pfeile, zwei davon mit Feuersteinspitzen, bereit hielt.
 
 
Aus demselben Material ist der Dolch, den er mit allerlei nützlichen Geräten wie Bohrer, Kratzer, Ahle und Zunderfeuerzeug in der Gürteltasche trug. Die Feuersteine stammen aus den lessinischen Bergen östlich des Gardasees. Eine Rückentrage aus Hasel- und Lärchenholz, zwei „Dosen“ aus Birkenrinde und ein Heilpilz vervollständigen seine Ausstattung.
Anscheinend wurde Ötzi durch einen Pfeilschuss und/oder einem Schlag auf dem Kopf getötet. Seine letzte Mahlzeit bestand aus Einkornbrot und Fleisch vom Steinbock und Rotwild. Die Gletschermumie stellt die Attraktion des Südtiroler Archäologiemuseums in Bozen dar, wo die Urgeschichte des Landes dokumentiert ist.
 
 
Diese setzt mit dem Abklingen der Eiszeit ab 12.000 vor Christus ein. Steinzeitliche Jägerrastplätze wurden auf der Seiser Alm und im Etsch- und Eisacktal entdeckt. Ab 5.000 v. Chr. erfolgte der Wandel vom Nomaden zum sesshaften Ackerbauern. Aus der Bronzezeit (2000 bis 1000 v. Chr.) stammen zahlreiche befestigte Siedlungsplätze, die sich vor allem auf Hügeln in Talrandlage und im Mittelgebirge befanden. Brandopferplätze, Grabbeigaben und Steinfiguren (Menhire) spiegeln kultische Bräuche wider. Die Eisenzeit ab etwa 1000 v. Chr. ist mit einer Vielzahl von kleinen Dörfern vertreten.
Die im Boden vertieften Häuser hatten ein gemauertes Untergeschoss, das Obergeschoss wurde in Blockbauweise ausgeführt („Rätisches Haus“). Römische Quellen bezeichnen die Bewohner der Täler als Venostes, Isarci, Anauni, Tullianes, Siduni, Breuni, Vindelici und Norici, für welche der Sammelname Räter verwendet wurde.

Fotos: Othmar Seehauser
 
 
 
Bild
Profil für Benutzer gorgias
gorgias So., 13.03.2022 - 10:41

Wer sich fragt ob Ötzi der bekannteste Südtiroler sei, stellt sich eine sehr dumme Frage. Ötzi war kein Südtiroler, denn als Ötzi lebte gab es kein Südtirol. Genauso wie alle die vor 1919 gestorben sind keine Südtiroler sein können.

Ötzi ist auch kein Tiroler. Denn vor 1100 braucht man auch nicht über die Grafschaft Tirol sprechen.

Ötzi lebte um 5500 v.u.Z. und bis 1100 sind Völker gekommen und wieder gegeangen. Und so wie ein Bewohner einer römischen Siedlung kein Südtiroler war, so ist es auch Ötzi nicht.

Wer irgendwie Ötzi in seiner Südtiroler oder Tiroler Identität einbaut, der hat noch nicht angefangen eigenständig zu denken.

So., 13.03.2022 - 10:41 Permalink