Politik | Gastbeitrag

Ohne Anstand und Moral?

Landesrat Thomas Widmann darf sich im Tagblatt der Südtiroler als Moralapostel präsentieren. Befragt wird er exklusiv vom Chefredakteur
Thomas Widmann
Foto: Provincia/Sabes
Mit seiner ersten Frage an Widmann gibt der Chefredakteur des Tagblattes der Südtiroler die Richtung vor: „Wieso kritisieren Sie die Veröffentlichung der Protokolle?“ Toni Ebner und Thomas Widmann sind davon tief überzeugt, dass es verboten ist, „derartige Beweismittel“ zu veröffentlichen. Deshalb auch die ganze Breitseite in der „Dolomiten“.
Wieder zurück zu den Beweismitteln. Warum kommt aber Anwalt Burkhard Zozin zum Schluss, dass es dieses Verbot – wie Widmann zu vermitteln versucht – gar nicht gibt?
Die vom Autoren-Team Artur Oberhofer und Christoph Franceschini veröffentlichten 0-Töne – also die erwähnten Beweismittel der Staatsanwaltschaft – „sprechen“ nämlich eine deutliche, drastische, auf alle Fälle verächtliche Sprache. Besonders Thomas Widmann im Gespräch mit dem Südtiroler Oligarchen Ingomar Gatterer. Nicht weniger Unterirdisches gibt Alt-Landeshauptmann Durnwalder über seinen Wunsch-Kandidaten als Landeshauptmann, Thomas Widmann, oder über SVP-Obmann Philipp Achammer von sich.
 
 
Es mag nicht strafrechtlich sein, um bei der Argumentation von Widmann zu bleiben, wenn Durnwalder mit dem damaligen SAD-Eigner Gatterer über die Bildung einer neuen Landesregierung nachdenkt, genauso wenig, wenn Widmann Arno Kompatscher als den schwächsten Landeshauptmann aller Zeiten abqualifiziert. Dieses Gerede sagt aber viel über den Zustand in der SVP aus, geäußert von SVP-Exponenten, von der Mehrheitspartei, allein schon deshalb von öffentlichem Interesse. Warum also soll die Veröffentlichung strafrechtlich nicht relevanter Wortmeldungen verboten sein?
Im Vorspann zum Interview liefert der Chefredakteur des Tagblattes die Erklärung, hinter der Veröffentlichung stehen knallharte Interessen, laut Interview-Titel war sogar die komplette Machtübernahme in der SVP geplant. Das ist doch die Täter-Opfer-Umkehr. Halt, Gatterer soll sich offenbar überlegt haben, Widmann anzuzeigen. Unvorstellbar, wenn man sich die Audio-Datei, das Gespräch Widmann-Gatterer anhört. Man stelle sich vor, Gatterer soll auch Widmann stark kritisiert haben. Zweifelsohne, wäre spannend, auch diese Audio-Datei anhören zu können.
 
 
Lange hat er geschwiegen, jetzt redet Widmann, beginnt der Vorspann. Aber bereits am Tag zuvor konnte Widmann auf „Tageszeitung online“ sich ausbreiten. Am Tag der Vorstellung des Buches versuchte die Redaktion von RAI-Südtirol Widmann zu erreichen, der aber untergetaucht war, nicht erreichbar. Zumindest nicht für die RAI. Mit einer Presserklärung teilte er der Öffentlichkeit mit, mit dem Landeshauptmann die Dinge geklärt zu haben. Dieser wiederum weiß von einer solchen Klärung nichts. Das ist Manipulation, ein Vorwurf, den Widmann ja so genüsslich an die Autoren Oberhofer und Franceschini richtet.
Widmann ist sehr manipulativ unterwegs. So findet er, dass die Veröffentlichung der Audio-Dateien an die Methoden in einem Überwachungsstaat grenzen. Echt? Da schwurbelt der Landesrat und macht sich zum Opfer eines totalitären Staates. Noch fetter geht`s nicht?
Schlammig wird es, wenn Widmann über Anstand und Moral sinniert. Nur zu Erinnerung: Wie war das mit den Anti-Covid-Halstüchern? Was war mit dem Masken-Skandal in der Hoch-Zeit der Pandemie?
Besonders groß war die Mühe des Chefredakteurs des Tagblattes der Südtiroler bei diesem „Interview“ nicht. Wieso kritisieren Sie?, … besteht kein öffentliches Interesse?, … Wie sehen Sie das?, … Was sagen Sie dazu?, … Gibt es Namen?, … das sind harte Worte … , harte journalistische Fragen.
Gerade zu erheiternd ist es, wenn Widmann ganz zupackend meint, „das können wir, das machen wir“, die Unstimmigkeiten auszuräumen. Ein paar Zeilen vorher hat der Landesrat ganz Widmann-like die ehemaligen Landeshauptmänner Magnago und Durnwalder hochleben lassen. Ganz im Sinne des Tagblattes ohne den amtierenden Landeshauptmann.

 

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Johannes A. Fr., 25.03.2022 - 20:06

1) Es wäre vermessen, Kompatscher in einer Linie mit Silvius Magnago und Luis Durnwalder zu nennen, ich glaube das würde nicht mal Kompatscher selbst behaupten. Er bemüht sich, aber er baut die Autonomie Südtirols nicht wesentlich aus, er kämpft nicht wirklich für neue Kompetenzen. Von der Volksnähe eines Durnwalders kann er nur träumen. ^

2) Widmann hat in einem privaten Telefongespräch seine Meinung über Kompatscher geäußert - er war selbst nicht Teil der Regierung - diese Meinung war hart aber sie fällt in die übliche innerparteiliche Opposition, vor allem einer Sammelpartei. Herr Mayr kennt sich damit wohl bestens aus.

3) Der Landeshauptmann spielt selbst mit harten Bandagen und kann mitnichten als Opfer bezeichnet werden. Seiner Clique um Karl Zeller, dem Unterberger Clan, Lanz und den Wirtschaftseliten um Heinz Peter Hager geht es in allererster Linie darum, die Macht in der Partei auszweiten, damit der Landeshauptmann keine innerparteiliche Opposition mehr hat.

Fr., 25.03.2022 - 20:06 Permalink
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Salzer Claudio Fr., 25.03.2022 - 22:15

Antwort auf von Johannes A.

1) Sie haben Recht. Es wäre tatsächlich vermessen Magnago und Kompatscher in einer Linie mit dem Politiker Alois Durnwalder zu nennen. Erstere sind nämlich unbescholtene Bürger. Durnwalder hingegen wurde rechtskräftig zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt und gilt damit als vorbestraft.
2) Es handelt sich nachweislich um dienstliche Gespräche aus dem Landhaus. Widmann hat in seiner Arbeitszeit, welche der Steuerzahker bezahlt, offenbar nichts besseres zu tun, als gegen seinen Vorgesetzten zu intrigieren. In jeder normalen Firma wäre er längst entlassen worden.
3) Aber zumindest eine neue Information enthält Ihr geschätzter Kommentar. Daß nämlich Politiker im ständigen Machtkampf begriffen sind. Mit der Opposition und oft auch mit Parteifreunden. Das war mir tatsächlich neu.

Fr., 25.03.2022 - 22:15 Permalink
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Josef Fulterer Sa., 26.03.2022 - 06:07

Antwort auf von Rainer Mittelberger

Dem Thommi, dem Gatterer und Co. geht es wie Untergehenden im Moor. Mit jeder Bewegung sinken sie tiefer in dem üblen stinkenden Morast, den sie sich zur fetten überteuerten Versorgung eines Privaten mit dem öffentlichen Nahverkehrsdienst ausgedacht haben, um auf Kosten der Steuerzahler ein fideles Leben zu führen.

Sa., 26.03.2022 - 06:07 Permalink