Gesellschaft | Familie

Überraschend gute Stimmung

Wie zufrieden sind Südtirols Familien und welche Voraussetzungen braucht es für eine Familiengründung? Antworten darauf finden sich in der neuen ASTAT-Studie.
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Foto: Salto.bz
Gut gelaunt und zu Scherzen aufgelegt stellte heute (5. Mai) Soziallandesrätin Waltraud Deeg die neue Familienstudie vor, welche das Landesinstitut für Statistik ASTAT zwischen Oktober und Dezember 2021 in Zusammenarbeit mit der Familienagentur durchgeführt hat. Es handelt sich dabei nach 2016 um die zweite Auflage. Befragt wurden 1.885 Südtirolerinnen und Südtiroler im Alter zwischen 18 und 64 Jahren, wie Timon Gärtner, Amtsidrektor des ASTAT mitteilte. Die Fragen betrafen unter anderem Themen zu Familie, Paarbeziehungen, Geschlechterrollen, Kinderbetreuung und Kinderwunsch sowie zu Familienförderung.
 
Zu den positiven Überraschungen zählt, wie Landesrätin Deeg und Carmen Plaseller, Direktorin der Familienagentur, einhellig erklärten, die überwiegende Zufriedenheit und gute familiäre Atmosphäre – obwohl die Befragung mitten in der Pandemie-Zeit durchgeführt wurde. 19 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass sich die Familienfreundlichkeit in Südtirol in den vergangenen fünf Jahren verbessert hat und 38 Prozent erklärten, dass sie gleich geblieben sei.
Diese Ergebnisse waren für mich nicht intuitiv ableitbar, umso mehr haben sie mich gefreut“, so Plaseller.
 
 
 

Warum Familienpolitik?

 
Warum es mehr denn je eine aktive Familienpolitik braucht, veranschaulichte Landesrätin Deeg anhand des demografischen Wandels. Zwischen 1966 und 1986 ist die Anzahl der Geburten um die Hälfte gesunken – von knapp 8.700 Geburten auf rund 4.900. Die Gesamtfruchtbarkeitsziffer, welche die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau im gebärfähigen Alter (15 bis 49 Jahre) wiedergibt, hat laut Studie in der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre den Wert unterschritten, der für den Erhalt der Bevölkerung erforderlich ist, nämlich 2,1 Kinder pro Frau. Mitte der 90er Jahre wurde der geringste Wert von 1,4 erreicht, der sich schließlich in den letzten Jahren auf 1,7 einpendelte. Wie Landesrätin Deeg erklärte, sei es deshalb notwendig geworden, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit junge Menschen sich für eine Familie entscheiden können, „dafür müssen wir wissen, wie es den Familien geht und was sie brauchen.“
 

Eckdaten

 
Wie aus der Studie hervorgeht, ist die Anzahl der Haushalte zwischen 1991 und 2020 zwar von rund 153.000 auf etwa 229.000 (+49 %) gestiegen, gleichzeitig ist jedoch die durchschnittliche Haushaltsgröße von 2,9 auf 2,3 Mitglieder gesunken. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die Akzeptanz anderer Formen von Lebensgemeinschaften als die der traditionellen Familie zugenommen hat. So sehen beispielsweise 49 Prozent der Befragten auch gleichgeschlechtliche Paare ohne Kinder als „Familie“ an. Im Vergleich dazu waren es bei der letzten Studie 33 Prozent.
 

Wer ist für die Betreuung zuständig?

 
Dass die Kinderbetreuung nach wie vor hauptsächlich Sache der Mütter ist, zeigt die Frage zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. 18 Prozent stimmen voll und ganz zu, wenn es heißt , dass Kinder und Karriere für Mütter vereinbar sind, weitere 42 Prozent stimmen ziemlich zu, 33 Prozent stimmen kaum zu und sechs Prozent stimmen überhaupt nicht zu. Dagegen erklären aber 29 bzw. 51 Prozent, dass eine Arbeitsreduzierung für die Mütter voll und ganz bzw. größtenteils erforderlich sei. Nach wie vor kümmern sich hautpsächlich auch die Mütter um ihre Kinder, wenn diese krank sind, mit Essen versorgt und angezogen werden müssen. Hilfe bei der Kinderbetreuung kommt vor allem von den Großeltern, sagen 64 Prozent der Befragten. 18 Prozent wenden sich an einen Kinderhort, 15 Prozent an Onkel bzw. Tanten und neun Prozent vertrauen ihre Sprößlinge den älteren Kindern an.
 
 
 
 
Schwierigkeiten in der Betreuung traten hauptsächlich während der Sommermonate (32 Prozent) und anderer Ferienzeiten (22 Prozent) auf. Nicht überraschend ist daher, dass die Eltern vor allem eine Erweiterung der Betreuungsdienstleistung der Kinder und Jugendlichen in den Schülferien begrüßen würden. „Wir müssen hier noch sehr viel mehr an finanziellen Mitteln investieren“, zeigte sich Landesrätin Deeg überzeugt. Was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betrifft, werden besonders Konflikte bei den Arbeitszeiten (78 Prozent), den Öffnungszeiten der verschiedenen Ämter (62 Prozent) sowie bei den Betreuungszeiten in Kinderhorten bzw. Kindergarten (46 und 45 Prozent) gesehen. Nach den Hauptgründen gefragt, weshalb keine (weiteren) Kinder gewünscht sind, gaben 34 Prozent an, dass die gewünschte Kinderzahl erreicht wurde, 27 Prozent nannten wirtschaftliche Gründe, 18 Prozent Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben und ebenfalls 18 Prozent den mangelnden Wohnraum.
 

Finanzielle Unterstützung

 
Die Nachfrage nach finanzieller Unterstützung überwiegt weiterhin gegenüber anderen Förderungsmaßnahmen. Die finanziellen Maßnahmen durch die öffentliche Verwaltung belegen mit 47 Prozent den ersten Rang, gefolgt von vertraglichen Maßnahmen mit dem Arbeitgeber (24 Prozent), Ausbau von Diensten (19 Prozent) und strukturellen Maßnahmen. Diesbezüglich erläuterte Amtsdirektorin Plaseller, dass 55 Prozent (75 Millionen Euro) des Gesamtbudgets, das der Familienagentur zur Verfügung steht, in direkte Transferleistungen für die Familien fließen, für die Betreuung, „ein Bereich, der sich in den vergangenen Jahren sehr stark entwickelt hat und wo noch viel Potential gegeben ist“, werden rund 53 Millionen Euro ausgegeben. „Hier wird es sicher noch zusätzliche finanzielle Mittel brauchen“, so Plaseller abschließend.
 
Die Studie ist vollinhaltlich unter der Webseite des Landesinstituts für Statistik abrufbar.
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Patrick Daldos Fr., 06.05.2022 - 16:39

Interessant ist auch dass man rauspickt 19% meinen, die Familienpolitik hat sich verbessert. Wenn man die Summe macht kommt folgendes raus - 2% sehr verbessert, 19 % verbessert, 15% verschlechtert, 4% sehr verschlechtert.
Also jeweils 20%.
Frau Deeg ist glücklich weil sie es in ihrer Amtsperiode nicht schlechter gemacht hat. Super! Danke!

Wer erklärt ihr, dass wir die Dinge besser machen sollen? Und nicht glücklich und zufrieden, wenn man sie nicht schlechter gemacht hat?

Vielleicht findet sich ja jemand!

Fr., 06.05.2022 - 16:39 Permalink
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G. P. Fr., 06.05.2022 - 20:39

Freue mich schon auf die Landeshauptfrau Deeg in eineinhalb Jahren. Sie beherrscht es nämlich vortrefflich zu reden, ohne wirklich etwas zu sagen ...

Fr., 06.05.2022 - 20:39 Permalink