Gesellschaft | Auszeichnung

Gargitter-Preis für kritische Kunst

Die diesjährigen Preisträger des Bischof-Josef-Gargitter-Preises sind Lois Anvidalfarei und Roberta Dapunt. Die Begründung der Jury.
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Foto: Othmar Seehauser
Der Bischof-Joseph-Gargitter-Preis 2022 ist an das ladinische Künstler-Ehepaar Lois Anvidalfarei und Roberta Dapunt gegangen. Dies hat die Preisjury am 8. April dieses Jahres einstimmig beschlossen.
 
Der Gargitter-Preis ist gestiftet vom Katholischen Forum und der Consulta diocesana. Er ehrt laut Stiftungsstatut Persönlichkeiten, die sich in außerordentlicher Weise für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung in unserem Land einsetzen. Der Preis wird alle drei Jahre vergeben, dieses Jahr zum neunten Mal. Er ist mit 5.000 Euro dotiert.
 
Mit der Verleihung des Preises an das Ehepaar Anvidalfarei-Dapunt hat die Jury auf mehrerlei Weise einen neuen Weg beschritten. Zum ersten Mal wurde ein Paar ausgezeichnet. Zum ersten Mal wurde zu den ehrungswürdigen Leistungen auf sozialem und politischem Gebiet, wie bisher geschehen, jene auf dem Feld der Kunst hinzugefügt. Und ebenfalls zum ersten Mal geht die Auszeichnung im Namen von Bischof Gargitter, dem das friedliche Zusammenleben der Sprachgruppen im Land stets ein großes Anliegen war, an Ladiner, und das gleich im Paar.
 
 
Lois Anvidalfarei, Jahrgang 1962, und Roberta Dapunt, 1970, beide geboren und (nach der für Kunstschaffende üblichen Weltwanderzeit) wieder wohnhaft in Abtei, bilden über alle menschlichen Bindungen hinweg eine künstlerische Einheit, wie sie so selten zu finden sein dürfte. Lois ist Bildhauer, er modelliert und malt. Roberta schreibt. Sie veröffentlicht in renommierten Verlagen, mehrheitlich auf Italienisch. Nur die Kunst-Gattung unterscheidet die beiden. Die Botschaft ihrer Kunst ist die gleiche: Lois gleich wie Roberta geht es um den Menschen in seiner Ganzheit, seinen Halt im Leben wie seinen Verletzlichkeiten. In beiden stets präsent ist die Begegnung mit dem Feld des Glaubens. Bei ihrer unstrittig überregionalen, ja internationalen Bekanntheit haben die beiden immer auch ihre Erdung im heimatlichen Ladinien bewahrt. Sie sind Weltbürger geworden und Bergbauern geblieben. Auch dieser Anspruch: Heimat bewahren und der Welt sich öffnen, darf als einem gargitterischen Geist entsprechend empfunden werden.
 
Beide, Roberta als Schriftstellerin und Dichterin, Lois als Bildhauer und Zeichner, setzen die Leiblichkeit des Menschen in den Mittelpunkt ihrer Aussage. Immer gegenwärtig und nur einem oberflächlichen Betrachter oder Leser nicht erschließbar ist die zutiefst christliche Grundhaltung. Loisns bronzene Nacktheiten schreien förmlich nach Leiblichkeit und mögen manches fromme Gemüt damit verstören. Sie sind aber so wie Robertas Gedichte auch immer eine Auseinandersetzung mit Mensch-, also Fleischwerdung. Gott selbst ist Fleisch geworden. Der Preis an das Künstlerpaar sei deshalb auch verstanden als Ermutigung an die Kirche, Abschied zu nehmen von der alten Leibfeindlichkeit. Die Kunst von Lois Anvidalfarei und Roberta Dapunt will nicht nur gefallen. Sie fordert heraus. Künstlerinnen und Künstler beweisen oft ein besonders sicheres Gespür für das, was Segen und Nöte der Zeit sind. „Die Zeichen der Zeit erkennen!“ war eine Lieblingsformel von Bischof Joseph Gargitter. Die Preis-Jury ließ sich in ihrer Entscheidung von diesem Aufruf leiten.
 
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Hartmuth Staffler So., 22.05.2022 - 14:29

Wer Bischof Gargitter noch persönlich gekannt hat, vor allem seine äußerst ungute Haltung zu den damaligen Missbrauchsfällen, würde einen "Gargitter-Preis" niemals annehmen.

So., 22.05.2022 - 14:29 Permalink