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„Wir sind kein Disney-Land!“

Wie soll der Verkehr in den Tourismus-Zentren künftig gelenkt werden? Antworten darauf gab es bei der heutigen Pressekonferenz zum Thema „Dolomiten sanft (er)fahren“.
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Foto: Salto.bz
„Wir müssen an den Ursachen arbeiten, wenn wir die Verkehrsprobleme lösen wollen“, erklärte Daniel Alfreider bei der heutigen (17. Juni) Presskonferenz. Während der Mobilitätslandesrat auf die rechtlichen, technischen und organisatorischen Aspekte bei der geplanten Verkehrslenkung zu sprechen kam, erklärte IDM-Präsident Hansi Pichler die kommunikativen Wege, wie man Urlauber und Gäste künftig dazu bringen möchte, ihr Auto zuhause stehen zu lassen. Peter Pernthaler, Bürgermeister der Gemeinde Villnöss, schließlich legte anschaulich dar, welche seltsamen Auswüchse der Tagestourismus in seinem Tal mitunter annimmt und welche Maßnahmen man ergreifen möchte, um die Touristenströme einzudämmen.
 
 
 

Lamborghini-Invasion aus dem Veneto

 
Besonders betroffen von den Tagestouristen und dem touristischen Durchzugsverkehr sind die Südtiroler Pässe. „Wir waren uns alle einig, dass wir hier etwas tun müssen, haben aber auch verstanden, dass die Lösung nicht auf den Pässen liegt“, erklärte Alfreider, der als besonders negatives Beispiel eine Lamborghini-Fahrer-Gruppe aus dem Veneto nannte, die sich auf den Pässen Rennen lieferte und mit ihren PS starken Gefährten für einen Höllenlärm sorgte. „Das wollen wir nicht mehr!“, stellte der Mobilitätslandesrat dann auch klar. Deshalb wurden heuer auf allen Südtiroler Pässen verstärkte Verkehrskontrollen durchgeführt. Dies habe zwar für einige Aufregung gesorgt, die Message sei jedoch klar, dass man die Pässe nicht als Rennstrecke missbraucht sehen möchte. Zudem wurden die Polizeikräfte mit Lärmmessgeräten ausgestattet und darin geschult.
 
Das wollen wir nicht mehr!
 
Allerdings sei es nicht einfach, rechtliche Schritte einzuleiten, um den Verkehr auf den Südtiroler Straßen einzudämmen, so Alfreider. Bis vor Kurzem konnte auf Grundlage der geltenden Straßenverkehrsordnung eine Straße nur gesperrt werden, wenn die Verkehrssicherheit gefährdet war. Dank Senator Manfred Schullian sei es nun gelungen, auch den Schutz der Gesundheit in den Gesetzesartikel aufzunehmen. Doch zuallererst müsse bewiesen werden, dass der Verkehr die Gesundheit gefährde. Dazu wurde ein breit angelegtes Verkehrs-Monitoring auf den Dolomitenpässen installiert, um Daten über die Verkehrsmenge zu erhalten und die Lärmbelastung. „Eine mögliche Einschränkung des Verkehrs auf den Dolomitenpässen ist jedoch nur in Abstimmung und Absprache mit den Nachbarregionen Belluno und Trient sowie dem Verkehrsministerium möglich“, so Alfreider. Andernfalls könnten derartige Bestimmungen leicht mit Rekursen gekippt werden und das sei schließlich nicht Sinn der Sache. Ziel sei es, das Dolomitengebiet als „Low Emission Zone“ zu verankern und dauerhaft die CO2-Emmissionen zu senken.
 
 
 

Leitplanken und Digitalisierung

 
Wenn man den Autoverkehr auf den Passstraßen einschränken möchte, muss man auch Alternativen anbieten und die entsprechenden Maßnahmen ergreifen, erklärte der Mobilitätslandesrat. Dafür müsse sowohl die notwendige Infrastruktur bereitgestellt, als auch die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Bereits heute sei es technisch möglich, Buchungssysteme an das Autokennzeichen zu koppeln. Die Frage dreht sich jedoch um die Bestimmungen, wer nun Zugang hat und wer ausgeschlossen wird. Die entsprechenden Regeln müssten in enger Zusammenarbeit mit den Tourismusorganisationen und der Bevölkerung definiert werden, erklärte Alfreider. Infrastrukturmaßnahmen am Straßennetz selbst betreffen die Installation von Leitplanken entlang der Passstraßen. Damit soll das Wildparken verhindert und klar signalisiert werden: Pässe sind keine Auto-Parkplätze.
 
Pässe sind keine Auto-Parkplätze.
 
Dazu soll ein Parkplatz-Management aufgebaut, der öffentliche Personennahverkehr mit zusätzlichen Diensten ausgebaut, Lift-Anlagen in die Mobilität mit einbezogen und eine farblich gekennzeichnete Fahrradspur errichtet werden. Letzteres dient erstens und vor allem der Sicherheit der Radfahrer. Zudem wird die Verkehrsinformationsseite „Südtirolmobil“ um etliche Dienste wie Fahrradausleihe und Parkplatzbuchungen erweitert. Bereits vor Antritt eines Ausflugs oder einer Reise soll die Information über vorhandene Parkplätze oder Buchungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Als erste Südtiroler Straße wird jene nach Prags kontingentiert, das Pilotprojekt sozusagen, erklärte der Mobilitätslandesrat, der seine Ausführungen mit den Worten schloss: „Wir wissen sehr wohl dass es Probleme und Startschwierigkeiten geben wird, wir arbeiten jedoch daran, diese so gering wie möglich zu halten.“
 
 

„Wir wollen Qualität!“

 
Hansi Pichler, Präsident des IDM, erklärte, dass es die Aufgabe des Wirtschaftsdienstleisters des Landes sei, die Gäste davon zu überzeugen, das Auto stehen zu lassen. Laut einer Studie sind nämlich 78 Prozent der Gäste bereit, auf das Auto zu verzichten und mit alternativen Verkehrsmitteln anzureisen. Gemeinsam mit den örtlichen Tourismusvereinen wird an einer Informationsplattform gearbeitet, mit welcher der Besucher detaillierte Informationen über die Anreise auf einen Dolomitenpass erhält – wobei das Auto nicht im Fokus steht.
 
Es gibt nichts Schlimmeres als einen enttäuschten Gast.
 
Mit Sensibilisierungskampagnen in den Tourismusvereinen und Gastbetrieben will man die Urlauber dazu erziehen, „nachhaltig“ anzureisen. „Wir sind kein Disney-Land, sondern wollen Qualität und unseren Gästen damit ein ganzheitliches Urlaubserlebnis bieten. „Es gibt nämlich nichts Schlimmeres als einen enttäuschten Gast“, betonte der IDM-Präsident.
 
 
 

Hochzeitsmarktbilder

 
Peter Pernthaler, Bürgermeister der Gemeinde Villnöss, erklärte anschaulich, mit welchen seltsamen Tourismusauswüchsen seine Gemeinde zu kämpfen hat. So ist es offensichtlich unter den heiratswilligen asiatischen Damen Mode geworden, sich in einem Hochzeitskleid vor den Dolomiten fotografieren zu lassen, um potentielle Ehemänner anzulocken. Diese Fototouristinnen reisen an, hüpfen im Brautkleid aus dem Auto, posieren einige Minuten vor der Kamera, um dann wieder schnell zu verschwinden. „Diese Art des Tourismus stellt vor allem für unsere Bauern eine enorme Belastung dar“, erklärte Pernthaler und wies auf eine EURAC-Studie hin, die man gemeinsam mit anderen Stakeholdern initiiert habe. Ziel sei es, in Villnöss einen sanften und nachhaltigen Ausbau des Tourismus zu etablieren.
 
Wir haben uns ein Limit von 2.700 Tagestouristen gesetzt.
 
„Wir haben uns ein Limit von 2.700 Tagestouristen gesetzt“, so der Villnösser Bürgermeister, der betonte, dass ein Mehr nicht verkraftbar sei. Erreicht werden soll das unter anderem mit einem Parkplatzmanagement inklusive Buchungssystem. Zudem wurden in St. Magdalena bestimmte Bereiche für den Verkehr gesperrt, die Kooperation mit sogenannten Ruf-Taxis wird intensiviert und geführte Wanderungen für Fototouristen angeboten. Am Ende seiner Ausführungen hatte Pernthaler auch noch einen Wunsch an Landesrat Alfreider: eine Senkung der Lärmgrenze von 80 dB auf 50dB – eine große Entlastung für die lärmgeplagten Anrainer von vielbefahrenen Straßen.

 

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Christian I Fr., 17.06.2022 - 13:28

"Zudem wurden die Polizeikräfte mit Lärmmessgeräten ausgestattet und darin geschult." ENDLICH und VIELEN DANK!! Aber bitte nicht nur in den Dolomiten, es ist ein Problem das GANZ Südtirol angeht!

Fr., 17.06.2022 - 13:28 Permalink
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G. P. Fr., 17.06.2022 - 14:03

Es bringt uns keinen Schritt weiter, wenn eine Studie besagt, dass 78 % der Gäste bereit sind, auf das Auto als Anreisemittel zu verzichten, tatsächlich aber 95 % der Gäste mit dem Auto anreisen.

Fr., 17.06.2022 - 14:03 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Fr., 17.06.2022 - 14:33

Erstmal seid ihr jetzt schon 10 Jahre zu spät dran, und bis auch nur einige wenige dieser Maßnahmen umgesetzt sind, vergehen wahrscheinlich mindestens noch mal so viele.
Zu den Leitplanken. Wäre es nicht intelligenter einige Ordnungshüter mit jeweils 2 Abschleppwagen auf den Passstraßen zirkulieren zu lassen, und so richtig
ab - schleppen und - sahnen. Bis sich das herumgesprochen hat, hat man viel Geld an Leitplanken gespart, und gut verdient.(übrigens, ich würde für die Strafen so was wie den "superbollo" einführen, je mehr Ps, desto höher)
Und dass Südtirol kein Disney-Land sein will, wäre noch zu beweisen, siehe die Zustände in Villnöss oder am Prager Wildsee.

Fr., 17.06.2022 - 14:33 Permalink
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alexander prinoth Fr., 17.06.2022 - 15:53

ALLES NUR WORTE! Diese hoffnungsvollen Worte werde von LR Alfreider bereits seit Jahren gesagt und immer wiederholt. In der Zwischenzeit ist nichts geschehen! Von wegen Straßen Kontrollen! War selbst mehrmals in den letzten Tagen/Wochen auf dem Sella- bzw. Grödnerjoch. Die Lärmbelästigung der Motorräder und Autos (mitunter Motorclub-Ausflüge) ist unerträglich und auf Berggipfel unüberhörbar. Strafen werden kaum ausgestellt, laut Senderbozen wurden ca. 20 Strafen an einem sogenannten „Kontrolltag“ ausgestellt. Was lächerlich ist, bei der großen Anzahl an Raser.
Es stellt sich die dringende Interessenkonflikts-Frage? LR Alfreider ist de facto – über eine Gesellschaft - Besitzer des Delta Hotel, welches sich vor der Straßensperre / Schranke von Kolfuschg Richtung Grödnerjoch befindet. Großteil der Gäste, die ins obere Gadertal wollen, fahren über Gröden nach Corvara – also ist es kaum zu glauben dass LR Alfreider diesen Verkehrsstrom „reell“ und „nachhaltig“ unterbinden will. (Quelle – Besitztum Dela Hotel: Tageszeitung: https://www.tageszeitung.it/2022/03/12/krieg-der-sterne/)
Wahrscheinlich befindet sich der LR u. „leider auch“ die Landesregierung im Vorwahlkampfmodus.

Fr., 17.06.2022 - 15:53 Permalink
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Klemens Riegler Fr., 17.06.2022 - 17:47

Gut dass darüber geredet wird! Der Hansi probiert es auch mit guten Worten.
Und eins passt hier sicher nicht: Weiß irgend einer von den drei Herren oder die Autorin wieviel 50dB sind? Nur als kleiner Hinweis ... noch vor einigen Jahren haben Hersteller von Haushalts-Wurstaufschneidemaschinen damit geworben wie "leise" ihre Maschinen sind = 40dB. bzw. selbst jedes E-Auto produziert schon nur beim Rollen mehr "Lärm". Laut EU-Verordnung MUSS es aus Sicherheitsgründen in 2 Meter Entfernung sogar mind. 56dB (notfalls sogar künstlich) produzieren. Und andererseits 75 db(A) nicht überschreiten.
Meine Damen und Herrn: 50dB hat´s im Wald wenn kein Wind geht. 70dB produziert jeder herkömmlich Staubsauger oder Fön.
Ich wünsche jedenfalls viel Glück beider Umsetzung der Lärmgrenze auf 50dB.

Fr., 17.06.2022 - 17:47 Permalink
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Josef Fulterer So., 19.06.2022 - 06:36

Antwort auf von Klemens Riegler

Die Landesregierung bringt es aus lauter Rücksicht "mit der mächtigen Gastgeberkategorie" nicht einmal fertig, die fauchenden PS-strotzenden Karossen und die knatternden, sowie die in hohen Tönen heulenden Motorräder, von den Passtraßen zu verbannen, die dort ihren abwegigen und Treibstoff fressenden Drang nach Geschwindigkeit ausleben.
Man denkt sogar daran, die begehrten Abstellmöglichkeiten für diese Dreckschleudern, mit Leitschienen auszuzäunen, damit diese Blech- und Stahllavine munter über die Pässe rollt und die Umwelt versauen kann.

So., 19.06.2022 - 06:36 Permalink
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Stefan S So., 19.06.2022 - 10:16

Antwort auf von Josef Fulterer

"von den Passtraßen zu verbannen"
Das Problem beginnt aber nicht erst da oben sondern weit unten im Tal. Bspw. sind unsere Verkehrsinfrastrukturplaner nicht fähig uns eine lebensfreundliche und autofreie Stadt oder Wohnquartiere bereit zustellen. Das Motto dazu lt. immer noch mit dem Auto vor jede Eingangstüre zu fahren. Die Kavernengarage in Meran ist weiteres Bsp. dieser Jahrzehnte langen Fehlplanung. Anstatt die Infrastruktur für Bahn, Bus und Fahrrad zu ertüchtigen wird alles auf die Karte Auto gesetzt.
Jetzt dann noch die Pässe mit Leitplanken zu versehen ist die Ausgeburt dieser völlig fehlgeleiteten Infrastrukturpolitik.

So., 19.06.2022 - 10:16 Permalink