Wirtschaft | Nachhaltigkeit

Wo will Südtirol hin?

Der Unternehmerverband kritisiert Terlan scharf, weil das High-Tech-Unternehmen Alpitronic dort keinen neuen Sitz bauen darf. Das Land bremse sich so selbst aus.
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Foto: Mike B on Pexels
Vor wenigen Tagen hat die Gemeinde Terlan nach einem negativen Gutachten der Landeskommission für Raum und Landschaft beschlossen, das Verfahren zur Ansiedlung des Bozner High-Tech-Unternehmens Alpitronic zu unterbrechen. Das Unternehmen ist in Europa führend in der Herstellung von Elektroschnellladesäulen und wollte in Terlan einen neuen, modernen und innovativen Sitz errichten. Das Präsidium des Unternehmerverbandes Südtirol nimmt dies zum Anlass, um in einem offenen Brief eine zentrale Frage für die Zukunft Südtirols zu stellen.
Alpitronic hatte kürzlich bei der Umwandlung von landwirtschaftlicher Fläche in Produktionsfläche in Bozen neben Firmian mehr Erfolg: Ohne den Gemeinderat darüber zu informieren, hatte die Abteilung für Stadtplanung die Fläche umgewidmet. Das Unternehmen will dort die bestehenden Lagerhallen der Frubona Obstgenossenschaft als Übergangslösung mieten, bevor es nach Siebeneich in Terlan umzieht.  
 

Der offene Brief im Wortlaut

 
„South Tyrol is more than apple and cows” (Zitat Anna Quinz). Südtirol ist auch geprägt von Industrieunternehmen, die in ihren Marktnischen führend sind; von innovativen Betrieben, die auf den Märkten der ganzen Welt tätig sind; von Unternehmen, die stark in diesem Land verwurzelt sind, wo sie täglich investieren und wo sie dank ihrer hochtechnologischen und qualitativ ausgezeichneten Produkte hochwertige Arbeitsplätze schaffen.
Diese Unternehmen und ihre Produkte sind Botschafter und Imageträger unseres Landes. Leitprodukte und Leuchtturmprojekte – ganz gleich, ob technische, ästhetische, umweltrelevante oder intelligente Denkansätze und Lösungen – prägen ein Land und lassen es zu einem Sehnsuchtsort werden. Die Tätigkeit der Unternehmen des produzierenden Gewerbes spielt sich auf nicht einmal 0,3 Prozent der Gesamtfläche Südtirols, oder 4 Prozent der nutzbaren Fläche ab, generiert aber 80 Prozent der Exportleistung und mehr als 70 Prozent der Investitionen in Forschung und Entwicklung.
Aber immer öfter werden wir mit der Frage konfrontiert, ob Südtirol wirklich ein Industrie- und Innovationsland bleiben will. Das Beispiel von Alpitronic ist kennzeichnend dafür. Ein ehemaliges Start-up-Unternehmen, das in Südtirol geboren, gewachsen und heute in Europa führend in der Herstellung von Schnellladesäulen für E-Autos ist. Ein Vorzeigebeispiel für nachhaltiges Wirtschaften.
Rechnet man die geladene Energie zusammen, die seit 2018 über die Alpitronic Hypercharger geladen wurde, könnte ein Auto damit ca. 25.000-mal die Erde umfahren, damit konnten verglichen mit einem Diesel- oder Benzin-Fahrzeug mehr als 170.000 Tonnen CO2 eingespart werden. Wir sprechen also von einem Unternehmen, das führend in den Bereichen Nachhaltigkeit und Innovation ist: genau das, was Südtirol anstrebt.
Für das Unternehmen, das heute knapp 300 Mitarbeiter:innen beschäftigt, sind die Räumlichkeiten in Bozen zu eng geworden. Es handelt sich um junge Mitarbeiter:innen – das Durchschnittsalter liegt bei 33 Jahren – hoch qualifiziert, mit sicheren und gut bezahlten Arbeitsplätzen. In Terlan sollte ein innovatives Projekt entstehen, ein Gebäude, in dem die Entwicklungs- und Verwaltungsabteilungen, die Produktionsstätten und Lager vereint werden sollten.
 
 
Ein Green-Building, völlig energieunabhängig und klimaneutral. Ein Sitz mit Kita und öffentlicher Kantine. Eine technologisch fortschrittliche Fabrik mit großem Entwicklungspotenzial in einem strategischen Gebiet für die Zukunft nicht nur Südtirols, sondern ganz Europas. Mit großem Mehrwert bei minimalem Flächengebrauch: Auf 25.000 Quadratmeter verbauter Fläche für das erste Baulos könnten bis zu 300 weitere Arbeitsplätze geschaffen werden. Ebenfalls wird auf dieser relativ kleinen Fläche ein beträchtlicher Teil des Südtiroler Exports realisiert. Ein Projekt, das nun aufgrund eines negativen Gutachtens eines Landesamtes zu scheitern droht.
Wieder einmal sind wir mit einer Bürokratie konfrontiert, die ökologische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung bremst. Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir wollen keine Abkürzungen oder Bevorzugungen. Aber von den Institutionen erwarten wir schnelle, transparente und weitsichtige Entscheidungen. In den vergangenen Monaten hat das Projekt von Alpitronic ein positives Gutachten des Amtes für Gewässernutzung erhalten. Ebenso ein positives Gutachten des Amtes für Gewässerschutz. Und schließlich ein positives Gutachten vom Labor für Luftanalyse und Strahlenschutz. Nun wurde von einem Amt eine negative Stellungnahme abgegeben und die Gemeindeverwaltung hat beschlossen das Verfahren der Umwidmung einzustellen.
Unsere Frage in Bezug auf den Fall Alpitronic, aber auch in Bezug auf viele andere Beispiele innovativer Unternehmen, die sich in Südtirol nicht mehr weiterentwickeln können, lautet: Wollen wir wirklich alles aufgeben? Wollen wir wirklich auf unsere innovativsten Unternehmen verzichten? Auf jene Unternehmen, die entscheidend dazu beitragen werden, den digitalen und vor allem ökologischen Wandel, vor dem wir stehen, erfolgreich zu bewältigen? Welche die besten Arbeitsplätze für unsere Jugend bieten? Die ihren Mitarbeiter:innen Gehälter auszahlen, die um 40 Prozent über dem Landesdurchschnitt liegen? Und die am meisten Steuern und Abgaben zahlen, die dann in den Haushalten der Provinz und der Gemeinden landen?
Es macht wenig Sinn, über Nachhaltigkeit zu sprechen und dazu Festivals zu veranstalten, wenn wir dann gerade jene Unternehmen verjagen, die in diesen Bereichen führend sind. Es nutzt nichts, einen Technologiepark zu finanzieren, wenn wir dann innovativen Unternehmen nicht die Möglichkeit geben, ihre High-Tech-Lösungen in Südtirol zu entwickeln. Es ist überflüssig, Millionen für die Bewerbung unseres Landes auszugeben, um junge Talente wieder nach Südtirol zurückzuholen und neue von außen anzuziehen, wenn wir dann nicht die Schaffung von hochqualifizierten, gut bezahlten Arbeitsplätzen ermöglichen. Wo will Südtirol hin? Das ist die Frage, die wir uns stellen müssen.
 
 
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Stefan TAFERNER Di., 28.06.2022 - 13:07

Bei allem Respekt...... 300 Mitarbeiter die von allen Ecken der Welt herangezogen werden, damit diese als Sub Unternehmen auf Zeit arbeiten. Ganz zu schweigen wo diese eine Unterkunft finden sollen. Zweitens sollte der Unternehmerverband zumindest helfen die Mitglieder zu motivieren, Ihre brach stehenden Liegenschaften zu verkaufen! Alleine in der Bozner Industriezone stehen genügend freie Flächen und Gebäude. Und überhaupt: Wie lange wird dieser Hype andauern? Vermutlich wird diese Technologie gerade kopiert....

Di., 28.06.2022 - 13:07 Permalink
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M A Di., 28.06.2022 - 13:35

Meines Wissens hat die Gemeinde Terlan den Antrag nicht mehr weiter verfolgt, weil der entsprechende Grundeigentümer seine Bereitschaft zur Veräußerung des Grundes zurückgezogen hat.

Di., 28.06.2022 - 13:35 Permalink
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Tschoerner Hagen Di., 28.06.2022 - 13:45

In Terlan herrschten schon immer die Bauern, aktuell ist ihr Motto: Schlafdorf Terlan, keine Veränderung, alles soll so bleiben wie es ist.
Der neue Bürgermeister der per se recht gute, innovative und dem Dorf dienliche Ideen umsetzen und wollte wurde bereits zwecks zu geringem Rückhalt in den eigenen Reihen ausgebremst.
Mal sehen wie es mit dem TOG Areal weitergeht... da wird es vermutlich leichter wenn die Signa/Zima ihre politischen Marionetten tanzen lässt.
Ein Paradebeispiel Süd-Tiroler Politik.

Di., 28.06.2022 - 13:45 Permalink
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Massimo Mollica Di., 28.06.2022 - 14:52

Con tutto il rispetto, se vuoi conquistare il mondo, cosa che di fatto sta facendo Alpironic, non puoi fare na sede a Terlano. Obblighi la maggior parte delle persone a spostarsi perché logisticamente manca allogi e pure il treno. Credo davvero che a Bolzano Bozen vi siano ancora tanti posti da sfruttare. Semmai il discorso è sempre lo stesso: basta fare speculazone su terreni e immobili. Ad Alpitric inoltre dico che, per una questione etica, vorrei che le colonnine le aemblasse qui da noi, come fa ABB.

Di., 28.06.2022 - 14:52 Permalink
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Josef Fulterer Fr., 08.07.2022 - 06:33

Antwort auf von Johannes Amplatz

Der EU und damit auch dem Dorfmann, ist zur Klima-Krise nichts Besseres eingefallen, als die gefürchteten Atomkraftwerke wieder zu zulassen, "obwohl schwere Unfälle der Stufe 5 (... für Generationen unbewohnbare Verstrahlungszone) nach wie vor nicht aus zu schließen sind und die Endlager-Frage des Jahrtausende strahlenden Atommülls noch immer nicht gewährleistet ist.
Die Atomkraftwerke müssen mit ihren Kühltürmen rießige Mengen Wärme loswerden, die in Form des ebenfalls bereits zu hohem Wasserdampfs im Klima-Schirm, der bei der Rückstrahlung von zu viel Wärme mit verantwortlich ist. Die Nutzung als Fernwärme scheidet aus, weil die Bürger berechtigte Angst vor der Atom-Technik haben und die Wärme in drei Jahreszeiten nicht verwertbar ist.
Statt dem seit Henry Ford angeschobenen Privatverkehr auf das nicht vermeidbare Maß und Energie sparwende Geschwindigkeiten zurück zu führen, will man damit den Strom "für die schnellen mehr als fraglichen Tonnen-schweren privaten PKWs mit zunehmend höherer Laufleistung" erzeugen.

Fr., 08.07.2022 - 06:33 Permalink
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Martin Tarshito Mi., 21.06.2023 - 13:42

Ein Artikel zum Stichwort "Nachhaltigkeit" mit einem E-Auto als Titelbild?

Soll das ein nachhaltiger Scherz sein?

Mal abgesehen von den Umwelt- und Klimasünden in der Gewinnung der seltenen Erden.
Man wage nur Mal einen Blick nach N-Ungarn, wo jede Menge Batterie Fabriken entstehen sollen.
Eine Katastrophe für den Wasserhaushalt dort.

https://unserwasser-bi-lueneburg.de/beispiel-batteriefabrik-das-nachhal…

https://www.budapester.hu/?p=44237
:
"Die GRÜNE [!] Oppositionspartei LMP findet es inakzeptabel, dass in der Nähe von Debrecen eine RIESIGE Batteriefakrik gebaut werden soll"

Wofür das alles, damit einige StrippenzieherInnen und MitläuferInnen sich in ihren Batterie Panzer SUV s ein pseudoGRÜNES Gewissen fahren dürfen, weil aus dem Hintern ihres Wagens kein CO2 rauskommt?

Solange den Schaden nur die anderen haben, nicht wahr?

Mi., 21.06.2023 - 13:42 Permalink