Gesellschaft | Kalašnikov&Valeriana

Sommeraufgabe … Do it yourself

Heute starten wir einen Selbstversuch: Und zwar beginnen wir mit einer Veränderung bei uns selbst. Neugierig, ob es funktioniert? Versuchen Sie es mal!
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Foto: pixabay.com
 
Bevor ich mich in den langersehnten Sommerurlaub vertschüsse, noch ein kleiner Beitrag als Denkanstoß, sozusagen als Sommeraufgabe für jene Leser:innen, die nicht davor zurückscheuen, ihr eigenes Handeln zu überdenken und die Zeit bis zum nächsten kalašnikov&valeriana überbrücken möchten. Ein Selbstversuch: Es geht darum, misogyne Alltagsaktionen zu erkennen, zu vermeiden und bei uns selbst mit der Veränderung zu beginnen, die wir uns für die ganze Gesellschaft wünschen.
Was jetzt ziemlich theoretisch klingt, kann in der Praxis sogar Spaß machen: festgefahrene Denkmuster, überholte Stereotypen, behindernde Rollenzuweisungen erfassen, hinterfragen und verändern.
 
So können wir mindestens einmal täglich:
  • Misogyne Alltagsgespräche oder Witze wahrnehmen
    z.B. „Na, bei dieser Frau ist der Termin bei Friseur:in/Kosmetiker:in/Diätolog:in wohl allerhöchste Eisenbahn“// „Warum sind Männer sowieso die besseren Griller? Weil die Frauen die Kohle bloß zum Fenster rausschmeißen können!“ // „Mein Mann hilft eigentlich schon im Haushalt und mit den Kindern“.
 
  • Diese Satzbausteine benennen und zuordnen
  • z.B. das Be- und Abwerten des Frauenkörpers // sexistischer Witz // unbezahlte und unsichtbare Care-Arbeit als weibliche Verantwortung betrachten.
 
  • Analysieren: Was bewirken sie auf individueller Ebene? Was auf kollektiver Ebene? Wo liegen die Wurzeln?
    z.B. Wer bestimmt das gängige Schönheitsideal und wer hat das Recht, zu be- oder verurteilen, was entspricht oder eben nicht? Was sind die psychischen und gesundheitlichen Folgen davon? // Weckt das Grillen den Neandertaler im Mann und ist das die letzte Insel der Männlichkeit? Fehlt Frauen das notwendige Neuron, um Geld zu händeln? Finden wir das witzig? // Wäre es nicht nachvollziehbar, dass der Mann seinen Beitrag für sein Heim und seine Kinder ganz selbstverständlich und eigenständig leistet? Inwiefern wirkt die Rollenzuschreibung der Frau sich auf die Frauenrechte im Allgemeinen aus?
 
  • Diese misogynen Sprach-Aktionen in die Pyramide der „Rape Culture“ einordnen (siehe Bild) und sich die Zusammenhänge mit den anderen Stufen vor Augen führen
    z.B. geringe Wertschätzung und Unsicherheit in Bezug auf den eigenen Körpers kommt unter/vor der Akzeptanz, den Körper nicht respektvoll behandeln zu lassen // Der Zwang sich dem gängigen Bild von Männlichkeit anzupassen kommt unter/vor machistischem Verhalten, um dazuzugehören, ohne Rücksicht auf Verluste // Die Rhetorik der Verwirklichung der Frau als Hausfrau und Mutter kommt unter/vor Gender-Pay-Gap und Altersarmut.
 
 
Die Übung kann dann weitergeführt werden – selbst am Strand, beim Wandern oder auf Balkonien – mit folgenden Überlegungen, wie wir ganz persönlich solchen misogyne Alltagsaktionen gegenüberstehen:
  • Nehmen wir sie überhaupt wahr?
  • Reproduzieren wir sie gar selbst?
  • Wie positionieren wir uns, wenn wir Zeug:innen solcher Episoden werden?
  • Wie wollen wir in Zukunft handeln?
 
 
 
Einerseits wird es gar nicht so einfach werden, aus den zahlreichen Episoden eine einzige misogyne Alltagsaktion pro Tag herauszufischen. Andererseits wäre es schon ein großer Erfolg, wenn jede und jeder von uns im September auch nur eine Handvoll davon hinterfragt und nachhaltig verändert hätte.
Ich schätze diese feministische Praxis von „bei sich selbst beginnen“ sehr und genauso das Bewusstsein, dass „das Private politisch ist“. Über Feedbacks zu den Alltagsaktionen würde ich mich freuen!
Inzwischen wünsche ich euch einen schönen Sommer und entschuldige mich bei den Lesern – immer denselben –, die währenddessen auf ihren Giftspritzen sitzen bleiben. Don’t worry, im September geht es wieder los!
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gorgias Mo., 11.07.2022 - 22:56

>Diese misogynen Sprach-Aktionen in die Pyramide der „Rape Culture“ einordnen<

Dieses Dreieck des Bösen! Wer sich das wohl aus dem Fingern gesaugt hat?

Ein schmutziger Witz und ein Blick von hinten zuviel und ohne das man es merkt ist was ganz schreckliches passiert. oder auch nicht.

Wer diese selbstanleitung zur gedankenkontrolle die es mit so einigen psychosekten aufnehmen kann genug hat, kann ich als deprogramming folgendes video empfehlen:

https://youtu.be/K-KDhR6yy9A

Mo., 11.07.2022 - 22:56 Permalink
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M A Di., 12.07.2022 - 07:21

Habe einige SchreibfehlerInnen gefunden, möchte aber keine/n davon behalten - schönen Urlaub!

Di., 12.07.2022 - 07:21 Permalink
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Robert Hölzl Di., 12.07.2022 - 09:39

"Think critically about media portrayals of gender, violence(,) & race"
Und ich Depp dachte, dass es den Begriff "Rasse" für Menschen schon lange nicht mehr gibt, da es nur eine menschliche "Rasse" gibt. Da wird doch wohl nicht jemand in der Vergangenheit verharrt sein.

Di., 12.07.2022 - 09:39 Permalink
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Christoph Moar Di., 12.07.2022 - 12:16

Antwort auf von Robert Hölzl

Der englische Begriff "race"hat - im Unterschied zum deutschen Wort "Rasse" - eine andere Bedeutung. Besonders in den USA hat sich die Nutzung von "race" (als Selbstzuschreibung) in einen gängigen Begriff verwandelt, der im Kampf gegen Ungerechtigkeit und Diskriminierung genutzt wird. Dies nur als Randinformation zu den (offensichtlich aus dem amerikanischen Sprachraum entnommenen) Grafiken des Artikels.

Di., 12.07.2022 - 12:16 Permalink