Politik | Bettenstopp

Die Lobbies greifen an

Manchmal überkommt einen der Wunsch, vergangenen Zeiten nachzutrauern. Nicht weil alles besser war, sondern weil in Südtirol zwei politische Schwergewichte am Ruder waren
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Foto: (C) Fabio Petrini Cgil/Agb

Nicht weil alles besser war, sondern weil in Südtirol zwei politische Schwergewichte am Ruder waren, die die Richtung vorgaben und die Beschlüsse auch knallhart durchgezogen haben.

Dies mag zwar eine Vorgehensweise sein, die in einer Demokratie ohne Weiteres auch kritisch zu bewerten ist, aber es gab jemanden, der den Lobbies  Einhalt geboten hat und die Entschiedungen traf, auch wenn es dazu sehr unterschiedliche Meinungen gab. Allerdings waren die Mehrheitsverhältnisse klar und regieren deshalb leichter, obwohl es innerhalb der SVP seit ihrer Gründung immer starke Interessenvertretungen gegeben hat, die sich aber meist politischen Überlegungen unterordnen mussten.

Niemand hätte es zudem gewagt, offen gegen den Landeshauptmann aufzutreten.

Heute ist die Situation eine andere. Dies ist nicht unbedingt ein Nachteil. Im Gegenteil, Landeshauptmann Kompatscher hat die Landesregierung auch für jene zugänglich gemacht, die bisher kaum ihre Interessen vorbringen konnten. Treffen zwischen Landesregierung und Sozialpartnern waren ein wichtiger Schritt in diese Richtung.

Dies ist wahrscheinlich in einigen Kreisen, die sich seit jeher auf einer anderen politischen Ebene bewegt haben, nicht immer gut angekommen. Auch sorgte die politische Positionierung in Rom für Diskussionen, wobei ein Teil der Partei klar nach rechts schaut. Eine Kampagne zur Schwächung des Landeshauptmanns ist seit einiger Zeit in Gange, wie auch die Enthüllungen der letzten Monate gezeigt haben.

So ließen einige Kommentare von Mitstreitern bezüglich ihrer Gesinnung kaum Zweifel aufkommen und waren zudem wenig schmeichelhaft für den Landeshauptmann. Ob dies persönliche Ansichten waren oder von einigen Kreisen in der Mehrheit mitgetragen werden, darüber können wir nur spekulieren. Heute herrscht zwar der Burgfrieden, die Wogen gehen aber immer wieder hoch. In einer solchen Situation riskiert man, dass die Anliegen der einzelnen Interessenverbände den Kurs bestimmen, was natürlich Gift für die Glaubwürdigkeit der Politik ist.

So war das Landestourismusentwicklungskonzept nicht nur gut gemeint, sondern auch mehr als überfällig. Kritik daran kommt, wie könnte es anders sein, von den betroffenen Wirtschaftszweigen. Dies war eigentlich vorauszusehen und gehört zu einer normalen Dialektik. Dass sich der HGV und der Südtiroler Bauernbund hauptsächlich wegen des Bettenstopps öffentlich aber derart in die Haare geraten, ist sicherlich ein Novum.

Was bleibt, ist ein wenig erbauliches Schauspiel, das über die Medien unter das normale Volk gebracht wird. Für die lokale Politik ist es sicherlich keine Sternstunde! Für die Glaubwürdigkeit der politischen Vertretung ein Desaster.

Es wird nämlich vieles an die Oberfläche geschwemmt, was die Meisten zwar seit jeher vermuten: Das Land Südtirol wird immer mehr von den verschiedenen Verbänden regiert, wobei die eigenen Interessen oftmals über jenen des Landes stehen. Bisher hat man zumindest versucht, dieses altbewährte Spiel nicht öffentlich zu spielen. Die Parteileitung war dazu völlig ausreichend. Dass dies nicht mehr gelingt, ist wahrscheinlich ein Zeichen, dass die Partei nicht so kompakt ist, wie man zu vermitteln versucht.

Heute scheint die Politik vermehrt ein Spielball der mächtigen Wirtschaftsverbände zu sein – eigentlich keine Neuheit – macht dabei allerdings eine miserable Figur. Die Folge ist, dass dadurch deutlich gemacht wird, dass die Mehrheit der Menschen in diesem Land im Grunde genommen nur Zuschauer sind und auch als solche betrachtet werden. Oder zumindest wird dies so vermittelt.

Einzig und allein als Wähler bekommen sie alle 5 Jahre ein bisschen Augenmerk. Aber selbst die Wahlergebnisse hängen stark von der Unterstützung der Verbände ab, die dies auch immer öfter betonen. Es stellt sich unweigerlich die Frage, wie lange die Mehrheit der Bevölkerung noch mitmacht?

Was das Thema des Bettenstopps selbst betrifft, dürfte es wohl jedem klar sein, dass unser Land an seine touristischen Grenzen gelangt ist. Auch ist diese Materie nicht nur eine Sache der Hotelier- und Gastwirte oder der Bauern, sondern der ganzen Gesellschaft. Verkehr, Ressourcenverbrauch, angefangen beim Wasser und Verbauung der Landschaft gehen uns alle an.

Eine breite Diskussion unter den Menschen in diesem Land wäre sicherlich notwendig gewesen, wobei niemand den strategischen Wert des Fremdenverkehrs infrage stellt. Wozu braucht es aber zusätzliche Kapazitäten, wenn man bereits für die Bestehenden kaum genügend Personal findet?

Das Landestourismusentwicklungskonzept war nebenbei schon bei seiner Entstehung keine starre Norm und wurde durch den Gemeindeverband weiter aufgeweicht. Zwischen dem HGV und dem Bauernbund ist es nun zu einer regelrechten Auseinandersetzung gekommen.

Ziel ist es, die eigenen Interessen, im schlimmsten Falle auch einseitig, durchzuboxen. Über die Befindlichkeiten der Mehrheit der Bevölkerung macht man sich dabei kaum Gedanken. Bleibt nur zu hoffen, dass man in Zukunft zu einer Politik zurückfindet, in der weniger die Verbandsinteressen Berücksichtigung finden, sondern das Wohl unseres Landes und deren Bürger.  

Alfred Ebner

Josef Lazzari

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Josef Fulterer So., 17.07.2022 - 06:27

Durnwalder hat die von ihm gemästeten Verbände dazu missbraucht, um die Wählerstimmen zu verwalten und seine großfürstliche Gutsherren-Art in das von ihm gewünschte Licht zu rücken.
Im Marionetten-Spiel vertraut, lassen die Verbände bei der gegenwärtigen Regierung, die Puppen für die NEO-LIBERALE Verteilung von "unten nach oben" tanzen.

So., 17.07.2022 - 06:27 Permalink
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Erich Daniel Mi., 20.07.2022 - 09:32

Bettenstopp
Kann man denn etwas gegen Betten haben? Natürlich nicht, wenn es nur um die Besorgung von Matratzen und Bettfedern geht, aber Betten sind gefräßig, besonders Gästebetten. Sie verschlingen enorme Ressourcen: Boden wird gebraucht und versiegelt, Energie verbraucht und Wasser verschwendet, Verkehr angezogen. Entsprechend intensiv wird CO2 ausgestoßen und das Klima aufgeheizt. Das Wort "Bettenobergrenze" verharmlost diese Begleiterscheinungen, indem es uns suggeriert, dass „nur“ die Bettenanzahl das Problem sei. Aber Zahlen sind immer etwas Abstraktes! Angesichts der drohenden Klimakatastrophe ist die Verhängung eines generellen Bettenstopps ein höchst fälliger Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz. Darf man den erwarten von rivalisierenden Interessensgruppen und von deren Vertretern in einer Partei, die, geboren aus dem Ideal einer umfassenden Sammelpartei, zu einer Lobbypartei degeneriert ist?

Mi., 20.07.2022 - 09:32 Permalink
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Sebastian Felderer Sa., 23.07.2022 - 19:22

Antwort auf von Erich Daniel

Wenn ich den Gedankengang von Erich Daniel richtig interpretiere, dann könnte ein Partei"wandel" sogar eine Ursache für den Klimawandel sein. Zudem sollten bei der Bettenanzahl die Sofas, Divane, Ersatz-und Notbetten, Stockbetten, Schlafsäcke und dergleichen auch berücksichtigt werden, nachdem diese die aufgezeigten Begleiterscheinungen genau so verursachen, wie das eleganteste Himmelbett. Es könnte sogar sein, dass pfiffige Einrichtungshäuser "schlaftüchtige" Bettvorleger erfinden, um dem Bettenstop ein Schnippchen zu schlagen. b & b würde dann bedeuten: bedside rug & breakfast.

Sa., 23.07.2022 - 19:22 Permalink