Politik | SVP

„Das ist doch mehr als durchsichtig“

Ex-Abgeordnete Jasmin Ladurner über den Fall Vallazza, seine Rolle bei ihrem Rauswurf, die Freunde im Edelweiß und die Frage, ob der SVP-Obmann mit zweierlei Maß misst.
Jasmin Ladurner
Foto: Facebook/Jasmin Ladurner
Salto.bz: Frau Ladurner, mit welchem Gefühl verfolgen Sie die aktuelle Affäre um Manfred Vallazza?

Jasmin Ladurner: Mit einer Mischung aus Erstaunen und Entsetzen. Erstaunen, weil das Urteil von Richterin Falk-Ebner so eindeutig ist und kein Interpretationsspielraum gegeben ist. Entsetzen insbesondere deswegen, weil es aktuell so ausschaut als wolle man wieder alles aussitzen, trotz der vielen Reaktionen aus dem ganzen Land, insbesondere aus den verschiedenen Ortsgruppen. Aber wirklich überraschen tut mich in diesem System im Grunde gar nichts mehr.

Sie mussten wegen weniger hundert Euro gehen, für den Vizepräsidenten des Südtiroler Landtages gelten anscheinend andere Spielregeln?

Ich habe einen Fehler gemacht. Ich habe mich entschuldigt. Ich habe Konsequenzen gezogen. Es war eine schwierige Zeit für mich, ich wurde offen angefeindet, mir wurde gedroht. Aber es war die richtige Entscheidung.  Schlussendlich kommt es weniger darauf an, welche Position jemand bekleidet. Vielmehr ist ausschlaggebend, auf welcher Seite man steht und welche Freunde (im Edelweiß) man hat. Und es ist eine Frage des politischen Stils. 
Totschweigen und aussitzen sind in den letzten Jahren beliebte Strategien gewesen.
Stehen die Bauernvertreter innerhalb der SVP unter Naturschutz?

Naturschutz begreift ja Maßnahmen zum Erhalt der Artenvielfalt. Das vermissen viele in der jetzigen SVP schmerzlichst. Sehr zum Leidwesen der Partei und schlussendlich für die Menschen im Land, denn in der Vielfalt war die SVP immer stark.

Ihre Bezirksobfrau Rosmarie Pamer fordert in der Tageszeitung den Rücktritt Vallazzas?

Frau Pamer traut sich Tacheles zu reden. Sie riskiert damit, eliminiert zu werden.

Pamer gibt in dem Interview auch ihren Eindruck wieder, dass eine mächtige Gruppe innerhalb der SVP alle aus dem Weg räumen will, die ihnen im Weg stehen. Frau Ladurner, wurden Sie verräumt?

Sieht man sich die Chronologie der Ereignisse an, kann man sich des Eindrucks einer gewissen Strategie nicht erwehren. Genauso wie mir vor Jahren damit gedroht wurde, dass ich "verplindert" werde, wenn ich mich mit dieser mächtigen Seilschaft anlege, erging oder ergeht es auch anderen, die zum falschen Lager gehören und ihre Standpunkte vertreten. Beispiele: Die Manöver, um bereits vor den Wahlen einen Hoffnungsträger mit einer offensichtlich erfundenen Hüttenaffäre auszuschalten. Oder die 600 Euro Affäre, um insbesondere 2 enge Mitstreiter von unserem Landeshauptmann loszuwerden. Zwischendrin meine Causa und jetzt die personellen Manöver in den Parlamentswahlkreisen Burggrafenamt und Bozen/Unterland. Das ist doch mehr als durchsichtig.
Genauso wie mir vor Jahren damit gedroht wurde, dass ich "verplindert" werde, wenn ich mich mit dieser mächtigen Seilschaft anlege, erging oder ergeht es auch anderen, die zum falschen Lager gehören und ihre Standpunkte vertreten.
Das belastende Material gegen Sie kam aus dem Präsidium des Regionalrates oder des Landtages.

Das weiß man mittlerweile, ja. Nur eine handvoll Personen hatten Zugang dazu. Die Vermutung liegt nahe, dass Parteifreunde akribisch nach einem Abschussgrund gesucht hatten, nach dem Motto "wenn die Ladurner nit tuat, schiaßmer sie oh". Diese Unterlagen haben 3 Jahre in der Schublade gelegen und wurden zu einem passenden Zeitpunkt, als Ablenkungsmanöver kurz vor Erscheinen der "Freunde im Edelweiß", rausgezogen. Das ist aber auch egal. Den Fehler habe a priori ich begonnen. 
 
 
 
Das überparteiliche Sondereinsatzkommando des Bauernbundes, Sepp Noggler, Manfred Vallazza, Franz Locher und der Freiheitliche Andreas Leiter-Reber hat dabei eine Hauptrolle gespielt.

Ein gemeinsames Ziel schweißt zusammen. Bei dieser Ortler-Seilschaft und Feierabend-Bierl-Runde wäscht eine Hand die andere.

Vor allem der Freiheitliche Andreas Leiter-Reber hat bei ihrem erzwungenen Rücktritt eine Hauptrolle gespielt. Bei Vallazza sind die Blauen still. Wohl kaum ein Zufall?

Das müssen Sie in der Zentrale der Freiheitlichen nachfragen. Die Vemutung wird nicht unbegründet sein.
 
 
Bei dieser Ortler-Seilschaft und Feierabend-Bierl-Runde wäscht eine Hand die andere.
 
Manfred Vallazza war einer derjenigen, die sich plötzlich erinnert haben, dass Sie mit ihm von Bozen nach Trient zu den Regionalratssitzungen gefahren sind?

Schauen Sie, meine Sache ist abgeschlossen. Es ist gelaufen wie es gelaufen ist. Wie gesagt, ich habe meine Konsequenzen damals gezogen. Manfred hat sich danach doch noch daran erinnert, dass ich nie in seinem Auto gesessen habe. Das hatte er mir nach dem Rücktritt privat geschrieben. Mit dem Zusatz, wie leid ihm das alles täte. 
Manfred hat sich danach doch noch daran erinnert, dass ich nie in seinem Auto gesessen habe.
SVP-Obmann Philipp Achammer hat bei Ihnen umgehend reagiert. Aber diese Affäre scheint ihn nicht zu kümmern?

Von Aussen hat man das Gefühl, dass die Maßbecher unterschiedlich groß sind, aber da müssen Sie den Parteiobmann fragen. Totschweigen und aussitzen sind in den letzten Jahren beliebte Strategien gewesen. Bei "Freunde im Edelweiß" kam man zumindest um Alibi-Aktionen nicht herum. Andererseits aber wurde einer unbequeme Mandatarin wegen eines Facebook-Likes mit dem Schiedsgericht und Parteirauswurf gedroht, und am Jahresende war der Rücktritt "alternativlos". Jeder kann sich hier selbst ein Bild machen.

Die SVP wird diese Affäre still aussitzen. Waren Sie einfach blöd, als Sie zum Jahresende freiwillig als Landtagsabgeordnete zurückgetreten sind?

Fehler passieren, auch wenn sie es nicht sollten. Dann muss man dazu stehen. Das ist man als gewähle/r Mandatar/in auch den Bürger/innen schuldig - aber vorallem ist man es sich selbst und seinem Umfeld schuldig. Für mich war es deshalb der einzig logische und konsequente Schritt. Wie es jetzt weiter geht, wird man sehen. Ich habe gestern gehört, dass die JG die Angelegenheit um den Abgeordneten Vallazza vor das Schiedsgericht der Partei bringen will.
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Elisabeth Garber Sa., 13.08.2022 - 11:18

"Den Fehler habe a priori ich begonnen." Richtig. Man kann nur hoffen, dass das mit den 'Fehlern' baldigst aufhört. Frau Pamer redet m.M. nur Tacheles mit Handbremse - riskiert also gar nichts...

Sa., 13.08.2022 - 11:18 Permalink
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Sebastian Felderer Sa., 13.08.2022 - 11:34

Rosmarie Pamer hat keine Handbremse. Sie wurde angefeindet genug, um nun Gas zu geben. Sie ist eine große Hoffnung für die Politik. Als Bezirkspräsidentin hat sie Spielraum genug. Wenn wir nicht bald auf eine neue Politiker-Generation hoffen können, dann können wir uns die Demokratie auf den Hut stecken. Mit den Leuten, die in der derzeitigen Legislatur am Werk sind, ist kein Schwimmer von Hoffnung geblieben. Die gehören spätestens im Herbst 2023 alle weg, einschließlich Landeshauptmann. Wenn Achammer jetzt bei Vallazza nicht reagiert, gehört er an den Ladurner-Pranger. Aber auch Locher und einige andere wären schon lange reif für einen Rausschmiss. Nur, wenn auch Zerzer noch auf seinem Thron sitzt, wen wundert dann noch was. Nein, so kann und darf es nicht weitergehen, sei es mit der Mehrheitspartei, als auch mit dem Großteil der Opposition. Ein Leiter-Reber soll schauen, dass er seine Gala ins Magazin bekommt. Mehr ist bei dem nicht drinnen.

Sa., 13.08.2022 - 11:34 Permalink