Politik | Tirol

Recht extrem

Gegen die Nichte von Eva Klotz, die für die FPÖ in Tirol kandidiert, werden nicht nur Rassismusvorwürfe erhoben. Zu Unrecht, sagt Gudrun Kofler. War nicht so gemeint?
FPÖ Österreichfahnen
Foto: Salto.bz

Vor den Wahlen am 25. September sieht sich nicht nur Fratelli d’Italia-Chefin Giorgia Meloni gezwungen, sich – explizit, aber für politische Beobachter und Kontrahenten nicht glaubwürdig genug – von Faschismus und rechtsextremem Gedankengut zu distanzieren. Auch bei Gudrun Kofler herrscht Klärungsbedarf. Die Enkelin von Jörg und Nichte von Eva Klotz tritt für die FPÖ bei den vorgezogenen Tiroler Landtagswahlen am 25. September an. Nun wird nicht nur außerhalb der Freiheitlichen Partei Kritik laut. Auch parteiintern brodelt es. Unter anderem wegen offenbar rassistischen und extremen Aussagen von Gudrun Kofler.

 

Von Kurtatsch auf Platz 7

 

Kurz vor ihrem 39. Geburtstag hat die FPÖ Tirol die gebürtige Südtirolerin Gudrun Kofler als eine ihrer Spitzenkandidatinnen für die Landtagswahlen Ende September präsentiert. “Ich möchte den Einsatz um ein geeintes Tirol, den meine Tante jahrelang im Südtiroler Landtag geleistet hat, nördlich des Brenners fortführen”, sagte Kofler bei der Vorstellung. Ihre Tante, das ist die langjährige Südtiroler Landtagsabgeordnete Eva Klotz. Deren Vater, Georg “Jörg” Klotz war in den 1960er Jahren Mitglied des “Befreiungsausschuss Südtirol” (BAS) und mit für zahlreiche Bombenattentate verantwortlich, die gegen den italienischen Staat gerichtet waren. Wie Großvater und Tante bleibt für Gudrun Kofler die Wiedervereinigung Tirols und die Rückkehr Südtirols zu Österreich bis heute ein Ziel.

 

Kofler beginnt früh, sich politisch zu engagieren. 2005 wird sie mit 21 Jahren und 129 Vorzugsstimmen in den Gemeinderat ihrer Heimatgemeinde Kurtatsch – dort ist sie auch als Marketenderin Mitglied der Schützenkompanie Kurtatsch – gewählt. Für die Union für Südtirol, aus der 2007 die Klotz-Bewegung Südtiroler Freiheit (STF) hervorgehen wird. Der wird sich auch Kofler anschließen. Einige Jahre arbeitet sie für die STF-Landtagsfraktion. Zugleich beginnt die ausgebildete Zahntechnikerin, Rechtswissenschaften an der Uni Innsbruck zu studieren. Ab 2019 ist Kofler schließlich für den Landtagsklub der FPÖ Tirol und deren “Bürgerservice” tätig und nimmt ein Germanistikstudium in Innsbruck auf. Im März 2022 wird sie neue Obfrau im “Ring Freiheitlicher Studenten”, im Mai FPÖ-Ortsobfrau der neu gegründeten Ortsgruppe Silz-Haiming. Dort, im Tiroler Oberland, lebt die zweifache Mutter inzwischen und ist laut Auskunft ihrer Partei österreichische Staatsbürgerineine der Voraussetzungen, um überhaupt bei Landtagswahlen in Tirol antreten zu können.

Die dortige FPÖ setzt sie auf den aussichtsreichen siebten Listenplatz. Bereits das sorgt in den Tiroler Blauen für Unmut. Weil Kofler privat mit dem FPÖ-Bezirksobmann und Parteisprecher Fabian Walch liiert ist, mit dem sie im “Bürgerservice” arbeitet, üben die Bezirksparteichefs von Imst und Landeck Kritik an Koflers Wahl. Wie die Tiroler Tageszeitung (TT) am Mittwoch berichtet, ist in diversen Schreiben an die Partei von “Freunderwirtschaft” die Rede – und davon, dass die “Richtigen an die Futtertröge” kämen, die ohnehin schon von der Partei bezahlt würden. Doch das ist nicht der einzige Grund für die Empörung rund um Gudrun Kofler.

 

Was für Zeiten...

 

Immer laut TT steht die 39-Jährige wegen mehrerer Postings in den sozialen Netzwerken parteiintern in der Kritik. Auf ihren Social-Media-Kanälen sei von “Guten Morgen, deutsches Volk” oder “Waren das noch Zeiten als am Gardasee nur die Italiener das Problem waren” die Rede. Außerdem postete sie ein Bild, das Hautfarben-Buntstifte mit verschiedenen Farben zeigte – mit dem Kommentar: “Was waren das noch für Zeiten, als die Jolly-Malfarben-Palette hierzulande nur eine Hautfarbe hatte.” Weiters beschwert sich Kofler über “Gendergaga” und “Rassismus gegen Weiße”. In Bezug auf die LGBT-Bewegung meint sie: “Sind das Clowns?”

Während der Tiroler FPÖ-Parteiobmann und -Spitzenkandidat Markus Abwerzger seine Kandidatin Nr. 7 in der TT gegen die Angriffe aus den eigenen Reihen in Schutz nimmt – “Gudrun Kofler ist eine hervorragende Kandidatin und sicher ein Kontrapunkt zum derzeitigen Mainstream” –, zeigen sich die restlichen Parteien genauso empört. Die Tiroler Grünen verorten “Rassimus in Reinform” in Koflers Postings. Diese strotzen “nur so vor menschenverachtenden, diskriminierenden und gefährlichen Aussagen”. Die Grünen fordern “den sofortigen Rücktritt von Gudrun Kofler” und prüfen eine Anzeige.

“Wir Südtiroler sind noch heute Tiroler und somit ein Teil des deutsches Volkes” (Gudrun Kofler in einem Interview 2009)

Die ÖVP-Spitzenkandidatin in Kufstein, Astrid Mair, bezeichnet Koflers Aussagen als “völlig inakzeptabel”, “plumpe Hetze und Stimmungsmache gegen Menschen mit Migrationshintergrund”. “Dass man auf dem rechten Auge blind ist, hat in der FPÖ System”, heißt es hingegen von der Tiroler SPÖ. Angesichts der regelmäßigen “rechten Entgleisungen in den Gemeinderäten und den sozialen Netzwerken” könne von persönlichen Einzelfällen “schon lange keine Rede mehr sein”. Abwerzger akzeptiere radikale Positionen und spiele sie herunter. Der Klubobmann der NEOS, Dominik Oberhofer, schließt jegliche Zusammenarbeit mit der FPÖ aus. Er verstehe Abwerzger nicht, dass dieser “mit solchen Gestalten” wie Gudrun Kofler einlasse, die “junge rechte Außenseiter, die nur auf Krawall gebürstet sind” seien.

 

Gefragt von Extremen

 

In einer Stellungnahme, die die TT zitiert, weist Gudrun Kofler den Vorwurf der “Freunderlwirtschaft” entschieden zurück. Zudem betont sie, dass sie keinesfalls “extreme Ansichten” vertrete und auch keine Deutschtümelei verfolge. Offen zu gibt sie, dass in den sozialen Netzwerken natürlich “überspitzt” formuliert werde. Waren die Posts also nicht so gemeint wie sie formuliert wurden und auch angekommen sind? Die Frage darf sich stellen. Denn: Es war Gudrun Kofler selbst, die vor einigen Jahren meinte, dass sie von politischer Beliebigkeit und Duckmäuserei nichts hält: “Da lobe ich mir doch jene, die mit ihren Aussagen zwar oft provozieren, sie aber ehrlich und ernst meinen.”

 

Das Zitat stammt aus einem Interview, das 2009 in Der Eckart erschienen ist. Der Eckart ist eine Monatszeitschrift, die aus dem Eckartbote hervorgegangen ist. Der Eckartbote erschien ab 1953 und vertrat Standpunkte, die die Österreichische Nationalbibliothek als “klar rechtsextrem, konservativ, zunehmend ausländerfeindlich und teils neonazistisch” bezeichnet. Der Eckart erscheint seit 2002 und wird wie sein Vorgänger vom “Schutzverein Österreichische Landsmannschaft” (ÖLM) herausgegeben – “eine rechtsextreme Organisation mit vordergründig humanitärer Ausrichtung, die vor allem im publizistischen Bereich beträchtliche Aktivitäten setzt und aufgrund ihrer ideologisch-kulturellen Tätigkeit eine wichtige integrative Funktion für das deutschnationale und rechtsextreme Lager erfüllt”, wie es vom Dokumentatsionsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) heißt. Die ÖLM pflegt enge Kontakte zur FPÖ und den Eckart selbst sieht das DÖW “durch revanchistische und ausländerfeindliche Inhalte gekennzeichnet”.

Im selben Interview hielt Kofler damals – als Kurtatscher Gemeinderätin der Partei ihrer Tante –, nach der Bedeutung von Begriffen wie “Heimat”, “Werte” und “Tradition” gefragt, eine anti-italienische wie völkische Antwort parat: “Nur durch Wertvorstellungen und Traditionen können wir Südtiroler heute von uns sagen, daß wir uns von den Italienern nicht unterkriegen haben lassen und noch heute Tiroler und somit ein Teil des deutsches Volkes sind!”