Umwelt | Landtag

Pestizide: Keine Untersuchungen auf Südtirols Schulhöfen

Sind Pestizide mit einem ungesunden Burger an der Tankstelle oder der Belastung durch Autoschadstoffe zu vergleichen? Eine Diskussion, die am Donnerstag auch den Landtag erreichte. Aus einem Monitoring von Südtirols Schulhöfen, wie es die Grünen beantragten, wird in jedem Fall nichts.

Brigitte Foppa ist skandalisiert. „Ich möchte sehen, wer von den Abgeordneten seine Kinder in eine Schule schicken würde, von der man weiß, dass Schadstoffbelastung im Schulhof besteht“, postete sie am Donnerstag auf ihrer Facebook-Seite. Der Anlass für die Empörung der Grünen-Obfrau? Ein versenkter Beschlussantrag ihrer Fraktion, mit dem nach den im Vorjahr gefundenen Pestizid-Rückständen im Umfeld der Grundschule Tartsch periodische Untersuchungen der Schulhöfe im ganzen Land gefordert worden waren. Noch weit mehr als über das Abstimmungsergebnis ärgerte sich Foppa aber über die vorangegangene Debatte.  

Denn statt auf der Ebene von Sachargumenten zu bleiben, wie den  Folgewirkungen der von deutschen Universitäten nachgewiesenen Rückstände, glitt diese recht schnell in Richtung Relativierung. Zumindest für Sven Knoll klang die Sache so, als müsse man „die Kinder jetzt vor den bösen Bauern schützen“. Auch bei den Freiheitlichen warnte man davor, „dass Kind mit dem Bade auzuschütten“ oder ein „Konkurrenzdenken zwischen Biobauern und anderen Bauern zu schüren“. Kinder schützen gut und schön – „doch was ist mit all den anderen Gefahren wie Handystrahlen“, meinte Pius Leitner.

"Auch rauchen ist nicht gesund"

Eine Argumentationsschiene, die Gesundheitslandesrätin Martha Stocker erst kürzlich in einem Interview mit dem Vinschger  vertiefte – und damit auch bei salto-Kommentatoren ausgerechnet unter Luis Durnwalders Pensionsverzichts-Überlegungen für Diskussionen sorgte. Wenn die Malser bestimmte Pflanzenschutzmittel verbieten, dann könnte eine andere Gruppe mit gleichem Recht ein Verbot für den Verkauf von ungesunden Waren fordern, die man an jeder Tankstelle, in jeder Apotheke und in jedem Supermarkt bekommt. Hochgiftiger Auspuff beim Autofahren, rauchen oder Alkohol trinken – es seien bei weitem nicht nur Pestizide, die ungesund seien oder schädliche Zusatzstoffe enthalten, meinte Stocker im dortigen Interview.

Kurzum: Mit dem Pestizidthema werde auch Politik gemacht, wie die Landesrätin am Donnerstag im Landtag unterstrich. Dort plädierte sie dafür, nun einmal abzuwarten, bevor weitere Maßnahmen beschlossen werden. Denn zwei weitere Untersuchungen in Tartsch hätten keine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit aufgezeigt. Auch werde derzeit an einem Plan gearbeitet, um Sicherheitsabstände zu Schulen und anderen Einrichtungen zu regeln; darüber hinaus laufe eine Studie zu den möglichen gesundheitlichen Auswirkungen der Abdrift. Das Ergebnis? Mit Untersuchungen auf Südtirols Schulhöfen wird es vorerst nichts. Der Antrag der Grünen wurde mit 12 Ja, 17 Nein und zwei Enthaltungen abgelehnt.

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Oskar Egger Fr., 11.04.2014 - 15:00

Aus südtirol news;
Bozen - Das in der Südtiroler Landwirtschaft und auch als „harmloses“ Garten-Herbizid vielfach eingesetzte Unkrautvernichtungsmittel und Totalherbizid Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat gehört zu den besonders heftig umstrittenen Pestiziden. Umweltschützer und politische Parteien, wie beispielsweise „Die Grünen“ hierzulande warnen seit Jahren vor den Gefahren, die von diesem giftigen Präparat ausgehen können. Auch Koen Hertoge von PAN Italia schließt sich in einer Aussendung den Warnungen an.

„Unabhängige wissenschaftliche Studien bringen Glyphosat mit einer Vielzahl negativer Effekte auf die Gesundheit von Mensch und Tier in Verbindung wie Krebs, die Parkinsonkrankheit oder die Alzheimerkrankheit. Eine neue wissenschaftliche Studie, welche 2012 unter der Leitung von Professor Gilles-Eric Seralini an der französischen Universität Caen durchgeführt wurde, und die in der Fachzeitschrift Toxicology veröffentlich wurde, deutet darauf hin, dass dieses Herbizid einen giftigen Cocktail enthält, der das Gehirn schädigt. Seit Jahren warten Umweltschützer und Wissenschaftler auf ein Europa-weites Verbot des Produktes Roundup. Besonders schockierend ist dabei, dass die EFSA in Parma, der die Sicherheit unserer Nahrungsmittel obliegt, solche wissenschaftliche Studien ignoriert und weiterhin unabhängige Test ablehnt, die zum Verbot führen könnten. Bisher haben sowohl die Hersteller von Pestiziden als auch Hersteller-freundliche Aufsichts- und Zulassungsbehörden sich vehement gewehrt, eine Verbindung zwischen dem Einsatz vom chemisch-synthetischen Pestiziden und verschiedenen Krankheiten und Störungen zu untersuchen“, erklärt PAN Italia.

Während die politischen Entscheidungsträger und Bauernverbände in Südtirol noch immer keinen dringenden Handlungsbedarf sehen und weiterhin auf dieses ‚Wundermittel‘ schwören würden, werde die Liste der Länder und Städte, wo Glyphosat verboten ist, immer länger, erklärt Hertoge.

„Bereits im Jahr 2003 wurde Roundup in Dänemark verboten, und vor zirka einen Jahr folgte auch Rotterdam. Auch El Salvator hat den Verkauf in September 2013 verboten.
Aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und basierend auf dem Vorsorgeprinzip hat der Präsident von Sri Lanka Ende März dieses Jahres eine sofortige Entfernung dieses Produktes bzw. des Wirkstoffs vom lokalen Markt beschlossen. Erst Mitte März hat Frankreichs Agrarministerium die einzige in der EU zugelassene gentechnisch veränderte Maissorte MON 810 der Firma Monsanto für eine bestimmte Zeit verboten. Anhand dieses Beispiels sieht man, dass auch andere in der EU zugelassene Produkte durchaus auf nationaler oder lokaler Ebene verboten werden können. Das gilt auch für Südtirol, wie der Vertreter des Netzwerks gegen Pestizide PAN-ITALIA Koen Hertoge feststellt. Ein Verbot chemische-synthetischer Pestizide, wie von der Malser Bevölkerung bei der anstehenden Volksabstimmung angestrebt wird, ist durchaus möglich“, heißt es in der Aussendung weiter.

PAN ist ein gesamteuropäisches Netzwerk zu Einschränkung und Vermeidung von Pestiziden aller Art und hat sich zum Ziel gesetzt die Bevölkerung auf unnötige oder illegale Verwendung von Umweltgiften zum sogenannten Pflanzenschutz aufmerksam zu machen. Koen Hertoge ist Gründungs- und Vorstandsmitglied vom PAN-Italia (Gründung November 2013).

Fr., 11.04.2014 - 15:00 Permalink