Matteo Renzi
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Politik | Conte gegen Renzi

"Sei un mafioso della politica!"

In Sizilien entgleist der Wahlkampf mit wüsten Beschimpfungen zwischen Conte und Renzi

Gut möglich, dass Premier Mario Draghi in gewohnter Diskretion bereits damit begonnen hat, seine Amtsräume im römischen Chigi-Palast aufzuräumen und für die Übergabe an seinen Nachfolger vorzubereiten. Glaubt man den Umfragen, wird erstmals in der jüngeren Geschichte Italiens eine Frau die Geschicke des Landes leiten - die Faschistin Giorgia Meloni. Das sorgt in vielen Regierungskanzleien der EU für Besorgnis. Der Fall des ungarischen Präsidenten Viktor Orban, dem die EU einen Teil der bisherigen Beiträge streichen will, sorgt für heftige Diskussionen. Die Fratelli d´Italia und die Lega haben sich klar dagegen ausgesprochen. Freilich knistert es auch im eigenen Lager. Denn Melonis Drohgebärden gegen Brüssel rufen Silvio Berlusconi auf den Plan, dessen Forza Italia sich unmissverständlich hinter die EU stellt und eine Machtprobe mit Brüssel verhindern will. Auch im linken Lager kann von Harmonie und Fairness keine Rede sein. Dort sind persönliche Angriffe mittlerweile an der Tagesordnung.

Auch im linken Lager kann von Harmonie und Fairness keine Rede sein. Dort sind persönliche Angriffe mittlerweile an der Tagesordnung.

Protagonisten des peinlichen Dauerstreits sind Fünf-Sterne-Chef Giuseppe Conte und der Italia Viva-Gründer Matteo Renzi - zwei  Streithähne, die sich schon in in der gemeinsamen Koalition kaum ausstehen konnten. Die römische Tageszeitung Il Messaggero schildert das fast tägliche Duell der beiden trefflich so: "Più che un duello, è una rissa a distanza." Streitthema ist unter anderem das sattsam bekannte Grundeinkommen reddito di cittadinanza, das sich die Fünf-Sterne-Bewegung auf die Fahnen geschrieben hat - aus Renzis Sicht "una demagogia scandalosa." Das Duell der beiden ehemaligen Regierungschefs wird gnadenlos geführt. Renzi: "Per me è uno scandalo che Conte vada in giro per il sud promettendo a tutti di mantenere il reddito e vada alle iniziative tirando fuori la tesserina gialla. Altro che assistenza. E' un sistema clientelare di voto di scambio." Conte antwortet prompt auf einer Wahlkundgebung in Agrigento. "Vorrei ricordare a Renzi, Meloni e company che l'Istat ha certificato che abbiamo salvato un milione di cittadini dalla povertà. Dann setzt er noch eines drauf: "Renzi venga qui senza scorta a parlare con i cittadini e esporre le sue idee."

 

 

Der Angesprochene  kontert und rückt den Fünf-Sterne-Chef in die Nähe der Mafia: "Conte si deve vergognare perchè inneggia alla violenza, è un mafioso della politica." Wenige Stunden später greift Renzi den Streit auf einer Wahlrede in Genua wieder auf: "Cosa stai facendo Conte ? Minacci la violenza fisica ? Ti devi vergognare, sei un mezzo uomo, abbi il coraggio di un confronto civile". Der Fünf-Sterne-Chef kontert: "Renzi parla di vergogna. Ma se non si vergogna lui, senatore dell repubblica, che si è fatto pagare dagli arabi e ha fatto una marchetta sul risanamento saudita, possono vergognarsi le persone che prendono il Reddito ? Lui prende 500 euro al giorno. Si confronti senza filtro con il mondo reale." Der Streit eskaliert schliesslich, als Renzi sich telefonisch an Innenministerin Luciana  Lamorgese wendet: "Ho ricevuto minacce sui social, serve particolare attenzione al mio appuntamento a Palermo." Politik auf Abwegen.

20 Prozent des italienweit ausbezahlten Bürgerlohns entfallen auf Sizilien. In Palermo etwa erhalten ihn 192 auf je 1000 Einwohner.

Zur Information: Gut 20 Prozent des italienweit ausbezahlten Bürgerlohns entfallen auf Sizilien. In Palermo etwa erhalten ihn 192 auf je 1000 Einwohner. In ganz Sizilien kassieren 262.000 Personen bzw. Familien ein Grundeinkommen im Durchschnittswert von 656 Euro. Kampanien liegt auf Rang zwei. Schlusslicht ist die Region Trentino-Südtirol mit 10.292 Betroffenen und einem Durchschnittswert von 517 Euro monatlich.

 

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Martin Sitzmann Di., 20.09.2022 - 12:34

500 € Bürgergeld, Beiträge und Befreiungen, ev. a bissl schwarz dazuverdienen, Gemüse selber im Garten anbauen - da kommt man in Süditalien schon über die Runden.
Die Idee des Reddito wäre halbwegs in Ordnung, die Umsetzung in Italien wie üblich eine Katastrophe, Missbrauch und Betrug auf allen Seiten...
Mal schauen, was die forsche Postfaschistin mit dem dolce far niente vorhat... wenn sie den Reddito streicht, dann entliebt sich der Süden des Landes auf der Stelle ;-)

Di., 20.09.2022 - 12:34 Permalink